Anna & Dan, die 3-F-Regel und ihre Türkei-Tipps

Anna & Dan, die 3-F-Regel und ihre Türkei-Tipps

Hallo, wir sind Anna und Dan. Wir lieben, abgesehen von der Natur und viel Bewegung, vor allem das langsame Reisen. Wir sehen lieber weniger, dafür erkunden wir die Orte intensiver. Deshalb reisen wir auch nie ohne unsere 3 F: Flexibilität, Freiheit und Fremdes entdecken.

Uns ist es wichtig, mit den Menschen in Kontakt zu kommen und über ihre Gedanken und Lebensweisen etwas zu erfahren. Dafür haben wir auch immer unser Gästebuch mit dabei, gefüllt mit Einträgen von all den Menschen, die wir unterwegs treffen. 

Ihr habt kürzlich die Türkei bereist, was könnt ihr besonders empfehlen?

  • eines unserer absoluten Highlights: der Salzsee Tuz Golü 
  • der Wochenmarkt in der Region Kumluca mit lebendigem Treiben und frischem Gemüse und Früchten
  • der Leuchtturm von Gelidonya mit toller Aussicht
  • die heissen Quellen bei Pamukkale als ganz unbekannte Landschaft
  • der See Salda Gölü mit wunderschönem Blau und Weiss
  • das Butterfly-Valley mit toller Wanderung inklusive etwas Klettern mithilfe der Befestigungen vor Ort
  • die alte Stadt Termessos und ein Blick 2500 Jahre zurück
  • der Wanderweg Lycian Way ist einfach wunderbar 
  • und das riesige, verlassene Hotel Vera Country Club Eco Park in Kemer

Welche waren eure Lieblingsstellplätze?

  • am Strand von Mavikent: es hat sich eine richtige Camper-Community gebildet
  • am Ufer des Salda Gölü, umgeben vom Meer zwischen Marmaris und Datcha (N 36° 46’ 22.61’’, E 28° 2’ 25.91’’)
  • direkt am Cirali Beach oder am Strand des verlassenen Hotels Vera Country Club Eco Park in Kemer

Was darf bei euch an Bord nicht fehlen?

  1. Omnia Ofen, v.a. für selbst gemachtes Brot
  2. Handmixer aus Grossmutters Zeiten
  3. Gästebuch, um all die Reisebekanntschaften festzuhalten
  4. Wallas Dieselkochfeld und Heizung (nicht abhängig von Gas)
  5. Dicke Vorhänge, welche schön abdunkeln und an heissen Tagen die Hitze der Sonne abhalten

Was wäre euer absolutes Traumauto?

Bei unserem ersten Auto hat alles immer gerüttelt und geschüttelt. So hatten wir viel weniger Freude am Offroaden, weil wir immer fürchten mussten, dass etwas am Auto kaputt geht.  Mit unserem Toyota Hilux 2020 haben wir unser Traumauto gefunden. Wir können nun auch 110 km/h fahren und immer noch eine angenehme Fahrt haben. Und Dank der handwerklichen Fähigkeiten von Dan haben wir die Kabine von Grund auf selbst aufgebaut: bestehend aus einem Holzgerüst, an das GFK-Sandwichplatten geklebt und genietet wurden. Trotz grosser Last und viel Luftwiderstand ist das Fahrzeug sehr stabil und schnell. «Manchmal vergessen wir, dass wir eine Kabine auf der Ladefläche unseres Pick-ups montiert haben.» Hervorragend schlägt sich unser Hilux mit Differentialsperre und viel Bodenfreiheit auch im Schnee, in den Bergen, am Strand sowie auf Feldwegen und Matschpisten. «Wir sind noch nie stecken geblieben.» Selbst in der Stadt schlägt er sich ganz gut, ausser natürlich in den Tiefgaragen, die sind ein NO-GO. Wir werden in Zukunft noch einen Satz gute Offroad-Reifen anschaffen. Bei Schnorchel und Seilwinde fangen unsere Augen an zu glänzen. Wir hätten bisher beiden noch nie gebraucht, aber es sieht halt einfach auch toll aus und würde noch mehr ermöglichen!

Was sind die Top3 auf eurer Bucketlist?

Auf unserer Bucketlist stehen noch viele Destinationen, aber ganz vorne sicher Island, Marokko, Namibia und Norwegen.

Wem folgt ihr auf Social Media?

Folge Anna und Dan hier auf Instagram @homeiswhereourtruckis

 

Absolutes Highlight, der Salzsee Tuz Golü
Der Salda-Gölü-See mit seinem wunderschönen Blau und Weiss
Strand bei Datca: Welch schönes Fleckchen Erde
Offroad unterwegs: Wir sind noch nie stecken geblieben
Camper-Community am Strand von Mavikent
Sternenhimmel über Mavikent
Mit Tochter und Rundhauber auf der Abenteuer-Leben-Tour

Mit Tochter und Rundhauber auf der Abenteuer-Leben-Tour

In aller Ruhe hatten wir uns gestern Abend zum Schlafen in unsere Feuerwehr gelegt. Plötzlich wackelt der ganze Truck, es klopft lautstark gegen die Wand der Fahrerkabine. Ich schrecke aus dem Schlaf hoch, springe in meine Klamotten und husche von der Schlafkabine nach vorne in die Fahrerkabine. Durchs Seitenfenster blicke ich direkt in den Lauf eines Kalaschnikow-Schnellfeuer-Gewehrs. Holy Shit, zum Glück keine Kugel, nur ein einziger Gedanke schießt mir durch den Kopf:

„Allah sei Dank“ haben wir meine Tochter vor diesem Reiseabschnitt durch den Iran ausgeflogen.

Für weitere Gedanken an meine geliebte kleine Emilia bleibt keine Zeit. Ich öffne die Tür. Vier oder vielleicht fünf Soldaten in Uniform und ein „Zivilist“ drängen schwer bewaffnet in die große Fahr- und Wohnkabine unsere Feuerwehr. Es scheint iranisches Militär zu sein. Die Belutschen – ihres Zeichens die Waffen- und Drogenhändler der Region sowie Herren über das Dreiländer-Eck Iran-Afghanistan-Pakistan – hätten wahrscheinlich kurzen Prozess mit uns gemacht.

Eine Verständigung ist nicht möglich: Die nächtlichen „Besucher“ sprechen kein Englisch, Deutsch schon gar nicht. Wir kein Persisch. Die Situation entspannt sich trotzdem langsam auf beiden Seiten. Die Soldaten sind scheinbar froh auf ihrer nächtlichen Patrouille nicht in eine Falle der Belutschen geraten zu sein, bleiben aber trotzdem argwöhnisch.

Mein Freund Krischan und ich werden kurzerhand zur nächsten Militärbasis der Iraner eskortiert. Zum Glück ist unser zum 4*4-Expeditions-Truck umgebautes historisches Feuerwehrauto immer sofort abfahrbereit. Wir folgen dem Allrad-Pickup der Iraner, dessen riesiges Maschinengewehr auf einem Dreibein der Ladefläche direkt auf uns gerichtet ist.

In dem Militärcamp versucht der wortführende „Zivilist“ zu erkunden wer wir sind und was wir hier in dieser wüstenähnlichen, einsamen Hochebene des Iran nahe (zu nahe?) an Belutschistan verloren haben. Aussichtslos. Wir können alle nur mit Händen und Füßen gestikulieren und ahnen was der andere meint. In den frühen Morgenstunden werden wir mit unserer Feuerwehr weiter eskortiert nach „Kerman“, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz des Iran.

Dort werden wir von dem „Zivilisten“ und seinen Soldaten in ein großes Gebäude „gebeten“. Offensichtlich der Geheimdienst. Stundenlang warten wir in einer Wachstube. Unsere Handys haben wir noch, setzen letzte SMS mit unserer Position und Situation ab, bis wir in den Keller eskortiert werden. Die sterile, weiß geflieste Atmosphäre der Kellertreppe erinnert an einen Chile-Pinochet-Folter-Film. Unten vier vergitterte Türen. Wir treten durch die einzig „normale“ Tür in einen großen Raum. Mehrere „Zivilisten“ sitzen da herum, eine schwarz verschleierte Frau in der Mitte. Sie spricht Englisch.

Viel Fragen in einer angespannten Zeit. Dem Iran wurden Ultimaten gestellt zur Einstellung seiner Uran-Anreicherung. Die Angst vor Atomwaffen des Iran sitzt tief im Westen und in Israel. Amerikanische Flugzeugträger und englische Kriegsschiffe patrouillieren im Persischen Golf. Scharmützel zwischen den Kontrahenten an den Grenzen verschärfen die Lage fast täglich. Die Situation steht auf des Messers Schneide. Und wir beide mitten drin im Keller des iranischen Geheimdienstes. Na Prost.

Irgendwie schaffen wir es den Anwesenden während der „Befragung“ glaubhaft zu versichern, dass wir nur Touristen sind. Keine Spione oder was auch immer. Auch meine große, professionelle Fotoausrüstung mit fettem Tele-Objektiv stört sie daran nicht weiter. Ob unser „alter“ Truck, unser hier alltäglicher Mercedes Rundhauber, für uns spricht? Oder dass wir Deutsche sind und nicht die verhassten Engländer oder Amerikaner? Final nehmen sie all unsere Daten auf, notieren Handynummern, empfehlen uns Belutschistan künftig zu meiden und lassen uns laufen.

Ufff!

Erleichtert, befreit, ja euphorisch treten wir wieder aus dem dunklen Keller hinaus ins gleißende Tageslicht von Kerman, in die Freiheit. Wir fassen es kaum. Wir starten unsere geliebte, so unglaublich zuverlässige Feuerwehr, unseren treuen Begleiter, unser mobiles Zuhause. Wie immer – von minus 30 bis plus 50 Grad – springt sie dankbar sofort an und wir fahren nichts wie weg. Schnell weg. Uns wird klar, dass wir hier im Iran locker ein Jahr lang in einem Keller verschwinden können, ohne jede rechtsstaatliche Behandlung, ohne dass irgendjemand irgendetwas für uns tun könnte.

Vorbereitung und Abfahrt in Deutschland

Ähnlich befreiend, euphorisch und voller Entdeckergeist haben wir vor gut zwei Monaten unsere Reise in Deutschland gestartet. Wir, das sind meine sechs Jahre alte Tochter Emilia und ich, Norbert Blank: Welt-Abenteurer, Fotograf und Filmer, Kajak Guide und Kitesurf-Instruktor, Erlebnis-Pädagoge, Buchautor und Maschinenbau-Ingenieur (mit viel Erfahrung aus der Audi-Fahrwerks-Entwicklung).

Im Garten unseres idyllischen Hauses am Alpenrand südlich von München hatte ich in wenigen Monaten die alte Feuerwehr grundlegend umgebaut, technisch auf modernen Stand gebracht, um viel Gewicht erleichtert und zu unserem 4×4-Expeditions-Wohnmobil ausgebaut.

Acht Monate vor Emilias Einschulung, Anfang Januar, ausgerechnet beim ersten starken Schneefall, geht es los. Wir klettern auf unsere luxuriösen, pneumatisch gefederten Isringhausen-Sitze und rollen über die Alpen Richtung Venedig.

Wir reisen mit dem „alten Rundhauber“ leise, zügig und komfortabel: Ich wollte meiner Tochter und mir den Lärm, Diesel-Gestank, Zugluft, die Hitze und Kälte im Cockpit eines originalen „LAF Mercedes 1113 B“ Baujahr 1973 nicht zumuten. Mit allen technischen Tricks aus der Ingenieurs-Kiste sowie zwanzig Jahren Weltreise- und Offroad-Erfahrung mit Auto und Motorrad hatte ich das für mich perfekte, leichte, von den Abmessungen her überschaubare 4×4-LKW-Wohnmobil gebaut. Es kommt in Sachen Komfort an moderne LKW heran. Ist extrem geländegängig, sehr zuverlässig, praktisch unkaputtbar, hat kaum Elektronik, ist überall auf der Welt reparabel, sieht nicht nach viel Geld aus und ist sehr liebenswert!

Die ersten Stationen unserer Route gen Irak: Italien – Griechenland – Türkei

Vor allem Emilia liebt ihre Feuerwehr. Wir reisen kindergerecht. Mit kurzen Strecken und viel Pausen: Während derer spielt Emilia mal gerne mit ihrem „Herrn Affi“ Schach auf dem Bett. Während der Fahrt hört sie oft ihre Kinder-Kassetten. Wir spielen viel, machen Quatsch, bewegen uns viel, staunen, entdecken. So erreichen wir langsam Venedig. Emilia staunt, dass hier sogar der Postbote mit dem Schiff kommt. Am Markusplatz startet der Entdecker Marco Polo im Jahr 1271 zu seiner Expeditionen nach Osten. Auch für mich ist dieser Platz der Beginn einer neuen großen Expedition: Mit der enormen Verantwortung für meine sechs Jahre junge Tochter auf unserer gemeinsamen Reise gen Osten. Und mit all den Chancen, die sich dadurch bieten.

Die Reiseroute ist erst einmal nur bis in den Iran klar. Für den sind die Visa fix gemacht. Ob es danach weitergeht Richtung Indien, Himalaya, Mongolei … mal schauen…

In Venedig warten wir drei Tage auf einen Platz für die Fähre nach Patras/Griechenland. Unsere Feuerwehr ist nur “halb fertig“ geworden. So Kleinigkeiten wie das Cabrio-Dach der Wohnkabine und die moderne Feststellbremse vom Mercedes 1017 wurden im Schneefall in „letzter Minute“ vor Abfahrt montiert. Standheizung und Zusatz-Diesel-Tanks sind noch nicht angeschlossen, die Küche noch nicht vorhanden. Als ich über die Kälte beim Abwaschen mit unserer Ortlieb Waschwanne, im eisigen Freien, am Boden des Campingplatzes, klage, meint Emilia nur: „Papa, das ist doch nicht schlimm.“

Die Überfahrt von Venedig nach Patras vertreiben wir uns im Schachspiel mit rumänischen und griechischen Fahrgästen. Die Internationalität des Unternehmens – ich taufe es „Abenteuer-Leben-Tour“ – zeichnet sich ab. So erreichen wir Griechenland. Von Athen zur griechischen Insel „Chios“ und nach „Cesme“ in der Türkei werden die Schiffe immer kleiner. Die letzte Fähre ist mit unserem LKW als einziger Gast randvoll beladen und schaukelt mächtig im winterlichen Sturm. Emilia freut sich an den tollen Wellen.

Im Schnee donnert die „Freiwillige Feuerwehr Wachtendonk“ vorbei an dem touristischen Highlight der Türkei: Pamukkale. Dank Allrad und der guten Continental HTC Einzel-Bereifung kein Problem. Die zeigen ihr Können auch auf den ersten Pisten und Sanddünen der türkischen Mittelmeerküste, bei angenehmen Frühjahrs-Temperaturen und Sonnenschein.
Im super schönen Klettercamp Josito stößt Wiltrud, Emilias Mama, zu uns. Sie kann aus beruflichen Gründen immer nur sporadisch und kurz einfliegen. Wir ordnen das Chaos in unserem Auto ein wenig und installieren die Küche: Sprich kaufen auf dem Basar bei landestypischem Cey (Tee) einen original türkischen Gasherd inklusive Gasflasche, Zuleitungen, Absperrhahn … und bauen alles ein. Fertig ist das Allrad-Wohnmobil – mit Gasherd aus Türkei, Freilaufnaben aus Brasilien, GPS aus USA und einem Qualitätsaufbau aus Holz, unsere Wohnkabine Made in Jachenau, einem „entlegenen“ Tal im Süden Bayerns.
An der türkischen Südküste lassen es wir uns gut gehen: Chillen, Baden, ein wenig Sightseeing, Lesen, Spielen, gut Essen und Trinken … und einfach überall stehen bleiben und übernachten, wo es uns gefällt. Wir sind absolut unabhängig mit unserem hochbeinigen, noch mal höhergelegten Allrad-Wohnmobil: fahren direkt an den Strand, durch den Sand, zu den schönsten Plätzen. Unabhängig von Strom- und Wasserversorgung. Einfach Leben pur.
Mitte Februar fliegt Wiltrud mit Emilia zurück nach Deutschland. Ich ziehe solo durchs anatolische Hochland – auf Touren-Skiern zum Gipfel des „Nemrut Dagi“, zu Fuß durch die 12.000 Jahre alte Stadt „Hasankeyf“, durchs Zweistromland Euphrat und Tigris, durch schwer bewaffnetes Kurdenland …
…und wieder mit dem Schiff (einer der wenigen Eisenbahnfähren der Welt) über den Van-See zur Iranischen Grenze.
In der türkischen Tagespresse erscheint begleitend ein bebilderter Artikel über das Unternehmen „Abenteuer-Leben-Tour“. Erste Kinderspielsachen und Winterbekleidung aus unserem Hilfspool wechseln die Besitzer: Die Freude unter den kurdischen Kindern ist riesig.
Mein Freund Krischan fliegt nach Van in der Nord-Ost-Türkei ein. Uns erwarten minus 30 Grad und jede Menge liegen gebliebener LKWs am biblischen Berg Ararat.

Dank unserer Dieselheizung für uns Menschen (und einer für den Kraftstoff-Filter) bleiben wir weitgehend (nicht ganz, wir mussten die Heizung erst anschließen, das hilft!) von den Problemen der anderen LKW-Fahrer verschont, die Feuerchen unter Motoren, Diesel-Leitungen und Filtern schüren – zur Entsulzung ihres Kraftstoffes.

Der Iran, Achse der Höflichkeit

Die vom Ex US-Präsidenten George W. Bush sogenannte “Achse des Bösen” empfängt uns mit dem freundlichsten, höflichsten und korrektesten Grenzübertritt aller Zeiten. Hinter dem türkischen Schlagbaum begrüßt uns eine nette junge Frau des iranischen Zolls (brauner Umhang, braunes Kopftuch, moderne Brille, ultra modernes Handy) und führt uns galant in ihr Office. Dort heißt sie uns in bestem Englisch in ihrem Land Willkommen, erläutert alle Schritte der Grenzformalitäten, versieht uns mit Bergen von Hochglanz Infomaterial und begleitet uns zur Bank zum Geldwechsel. Selbstverständlich überprüft sie für uns den Umtauschkurs und zählt für uns die drei Millionen “Rial” nach.

Passkontrolle und Fahrzeugkontrolle sind flugs erledigt, die Visa werden für gut befunden und die Einreise genehmigt. Das „Carnet de Passages“ wird gestempelt (Das „Carnet de Passages en Douane“ ist ein Zolldokument, das das Kraftfahrzeug eines Reisenden oder andere wertvolle Ausrüstung oder Gepäckstücke identifiziert. Es ist erforderlich, um ein Kraftfahrzeug in eine bedeutende, aber abnehmende Anzahl von Ländern auf der ganzen Welt zu bringen. In Arabien / Persien / Asien ist das Dokument noch oft erforderlich, in Lateinamerika nicht mehr. Das „Carnet de Passages“ ist mit einer oft nicht unbedeutenden Bankbürgschaft für den Fahrzeugwert verbunden – also je weniger das Fahrzeug wert, desto besser im Fall der Fälle: Diebstahl, Totalschaden oder einfach kein Ausreisestempel auf dem Carnet … dann ist das Geld weg)

Die nette junge Frau des iranischen Zolls ruft für uns noch den Versicherungsmenschen zwecks Abschluss der KFZ Haftpflichtversicherung (die Gültigkeit der grünen Versicherungskarte endet hier) … und los geht‘s in die “Islamic Republic of Iran”.

Plötzlich sind wir mitten drin in der so schlimmen “Achse des Bösen”. Alles Quatsch. Wir wurden ständig zum Tee, zum Essen, zur Shisha und von wildfremden Iranern zu sich nach Hause eingeladen. Überall freundlichst begrüßt und herzlich, weltoffen Willkommen geheißen.

Unser Auto wurde von Mercedes gratis auf Vordermann gebracht, wir waren genial Skifahren in den magischen Bergen und skurrilen, historisch anmutenden Skigebieten oberhalb von Teheran, haben die Wüsten „Dasht e Kavir“ und „Lut“ durchquert, die fantastische Stadt Esfahan, die einmalig schönen Basare und die reichen architektonischen und kulturellen Schätze der Persischen Kultur erleben dürfen.

Wären da nicht die Keller des iranischen Geheimdienstes gewesen! Achtung bei Mullahs und Militär. “Paradies and Prison” – so kann man die widersprüchlichen und einmaligen Erfahrungen im Iran wohl beschreiben, die alle zu schildern ein Buch füllen würde.

Eine Reise in Bildern und Worten zu den Menschen des Iran war es …, intensive und einmalige Begegnungen jenseits aller Klischees und Vorurteile.

Unser besonderer Dank geht an Matthias Muth von der Deutschen Bank (Niederlassung Teheran) und an Wolfgang Obst und seine Mitarbeiter von Mercedes-Benz Iran sowie an die Mercedes Werkstatt der „Gholami Brothers“ in Teheran / Karaj. Vielen Dank für die super Hilfe, die selbstlose Unterstützung, die tollen gemeinsamen Stunden und die rundherum Top Wartung unseres Feuerwehr-Trucks!!! Er läuft besser, runder und zuverlässiger denn je – einfach super.

Auch unsere speziell angefertigten „Wildwasser-Kajaks“ wurden von den coolen Mechanikern der „Gholami Brothers“ in Teheran endlich an unsere Diesel-Kraftstoff-System angeschlossen. Diese zwei Wildwasser-Kajaks wurden vom Hersteller „Rikutec-Eskimo“ für uns modifiziert und kamen als Zusatz-Kraftstoff-Tanks mit zusammen circa 500 Liter zum Einsatz. Dank ihrer Hilfe können wir die riesigen Entfernungen zwischen den iranischen Tankstellen (die mit Kraftstoffvorrat !) locker überbrücken und unauffällige große Mengen günstigen Diesels über Grenzen bewegen. Der Liter Diesel kostete im Iran 1,4 Cent (Cent von dem Euro !!!). Wasser ist viel teurer. Unsere 800 Liter Diesel zu füllen kostete circa 11 Euro – einsame Weltspitze! (Leider war der Deutsche TÜV später nicht so begeistert von der Tank-Lösung wie die Iraner und ich, hat sich aber super bewährt!)

Mein Freund Krischan fliegt vom Süd-Iran, Airport „Bandar Abbas“ zurück nach Hause. Ich setze mit der Fähre vor dort nach Dubai über. Über diese drei nervenzehrenden Tage Zoll-Prozeduren, Verschiffungsdokumente und Ausreise (auf Persisch) könnte ich locker ein weiteres Buch füllen.

Emirate und Oman

In Dubai sitze ich mit einem Espresso am Straßenrand und staune über die Italienerin im Minirock, die vor den Wolkenkratzern aus ihrem Ferrari aussteigt. Und bin froh wieder “sicheren” Boden unter den Füßen zu haben. Eine andere Welt. Krass nach der Zeit der Verschleierung und auch der Angst im Iran.

Dubai empfinde ich persönlich als wirklich krass: Wachstumsmetropole Nr.1: Glitzerstadt, Mega-Baustelle, Ressourcen- und Energie-Vernichtung im großen Stil, moderne Sklaverei an den Heerscharen ärmster Inder und Pakistani, die dort 24 Stunden 365 Tage im Jahr im Dienste der “Herren der Wüste” arbeiten – unter zum Teil unmenschlichen Bedingungen. Aber auch imponierend was da so steht: Von der Skihalle bis zur künstlichen Kajak- und Rafting-Strecke, von Shopping-Malls bis Palmeninsel. Emilia fliegt (mit Wiltrud) wieder ein. Und wir genießen das Reisen durch die Vereinigten Arabischen Emirate bis hinauf in den Oman, die Halbinsel Musandam.
Die wilden Berge und wunderschöne Küste von Musandam sind ein echtes 4×4 Eldorado. Unser Truck ist klein und wendig genug für die Bergpisten. Wir sind wochenlang – wie die traditionellen Omani – als „Nomaden“ mit unserem Diesel-Kamel unterwegs … von einem Traum-Platz und einer Traum-Offroad-Strecke zur nächsten.

Vor der beginnenden sommerlichen Hitze auf der arabischen Halbinsel fliehen wir in die Hatta-Pools, einem natürlichen Canyon mit kristallklarem und eiskalten Wasser. Aus unserer Isomatte bauen Emilia und ich ein Floß und wir schwimmen und tauchen den ganzen Canyon entlang. Emilia und ich verbringen weitere traumhafte Wochen zusammen, tagsüber oft am Meer, die Abende, Nächte und Morgenstunden irgendwo in der Wüste auf einer Sanddüne.

Reisen bedeutet:
● sich Einlassen auf Neues
● offen sein für Veränderungen
● bereit sein zum Umdenken

Wohin und wie geht es weiter mit unserer Reise? Darüber zerbreche ich mir immer wieder den Kopf. Die wunderbare Langsamkeit unseres Vorankommens und die bevorstehende regenreiche Monsunzeit in Indien lassen uns von …

● Option 1, dem Weg via Verschiffung mit einer Drau nach Indien und weiter über Himalaya in die Mongolei zur Transsibirischen-Eisenbahn, Abschied nehmen.

● Option 2: Zurück in den Iran und über Belutschistan nach Pakistan und von da nach Indien fahren … da ist mir „unwohl“ nach den Erfahrungen und der großen Gefahr einer Durchquerung Belutschistans,.

● Option 3. Noch in den Jemen: Wäre cool, mega interessant, aber Risiko unkalkulierbar!

Dafür öffnen sich neue Tore in unbekannte, unerreichbar geglaubte Welten:

● Option 4 tut sich nach langer Recherche und Vorbereitung auf: Das Transit-Visum für Saudi Arabien ist in unsere Reisepässe gestempelt. Los geht’s!

Wir sind am mit unserem Allrad am Rande der „Rub al-Chali“ angekommen. Sie ist die größte Sandwüste der Erde. Die fast menschenleere Wüste bedeckt das südliche Drittel der Arabischen Halbinsel. Die Temperaturen sind mittlerweile auf Tageshöchstwerte von plus 50 Grad angestiegen (im Schatten) – nachts „kühlt“ es auf unter 40 Grad ab. Emilia habe ich eben wieder ausgeflogen. Mein Freund Ekke fliegt ein und wir schaufeln gerade die Feuerwehr in der riesigen „Moreeb-Düne“ nahe den „Liwa-Oasen“ aus.

Und fliegen mit dem Gleitschirm über das Meer aus Sand. Alles nur am frühen Morgen – wegen der unerträglichen Hitze. In Küstennähe – am Persischen Golf – kommt noch die enorm hohe Luftfeuchtigkeit dazu: abartig. Wirklich menschenfeindlich.

Saudi Arabien

Wir stehen an der Grenzstation zu Saudi Arabien. Angespannt.

72 Stunden geben uns die Behörden des “Mekka” des Islams für die 1891 km einmal quer durch die ganze arabische Halbinsel in Richtung Jordanien. Was mit uns passiert, wenn wir dieses Zeitlimit nicht einhalten werden, kann oder will uns niemand sagen… Als freundlich gegenüber “Nichtgläubigen” und dem Tourismus aufgeschlossen gilt SaudiArabien nicht.

Berichte von religiös motivierten Gewalttaten an Ausländern lassen mich erstmals in meinem Leben unsere kompletten Reisedaten an die zuständige Deutsche Botschaft in Riad übermitteln – die unerwartet kooperativ und hilfsbereit ist. Man rät uns wenig anzuhalten, nicht von der empfohlenen Route abzuweichen und die Botschaft sofort zu informieren, wenn wir in Jordanien angekommen sind.

Ist das ein gutes Zeichen?

Wir entfernen gründlich alle religiösen Symbole aus unserem Camper (Tibetische Gebetsfahnen, Buddha-Statue, Che-Poster, alles was einem Kreuz ähnelt …). Wir beseitigen jede Art von Alkohol – sogar den Türschlossenteiser. Wir prüfen jede Zeitschrift, jedes Buch, Laptop und Fotospeicherkarten auf „Pornographie“ – sprich die Andeutungen weiblicher nackter Haut – denn uns droht dafür nach der “Sharia” in Kürze Gefängnis, Prügelstrafe, Auspeitschung oder Schlimmeres. Das mit dem Türschloss-Enteiser mag übertrieben wirken, aber im Falle des Falles wollen und können wir nicht auf “Hilfe von Außen” oder “gerechte Behandlung” (in unserem Sinne) vertrauen…

● Vor uns liegen 1891 km absolut lebensfeindliche Wüste bei bis zu 50 Grad
● Durch absolut „Ungläubigen“ feindliches Gebiet
● Von „As Sila`“ in „Abu Dhabi“ bis „Al-Azraq“ in Jordanien
● Vorbei an Katar, Bahrain und entlang der Grenze des Irak

3. Juni: Fünf wertvolle Morgen-Stunden warten und verlieren wir schon an der Grenzstation in der LKW-Schlange. Tagsüber können wir nicht fahren, es ist zu heiß. Unsere Feuerwehr hat auch keine Klimaanlage. Soviel Wasser wie nötig wäre, können wir gar nicht trinken. Und tonnenweise geplatzte und zerfetzte Reifen am Straßenrand lassen uns Warnung genug sein.

Wir fahren fast nur nachts und in der Dämmerung.

In einem Land, wo Frauen nicht am Steuer eines Fahrzeugs sitzen dürfen, fahren wir auf „DER“ großen LKW-Transitstrecke durch die arabische Halbinsel. Wir sind zu zweit, ein Team. Ekke und ich wechseln uns regelmäßig beim Fahren ab. Tagsüber warten wir irgendwo, wo es Schatten gibt, auf den zu erwartenden Kreislaufkollaps oder die abendliche “Abkühlung”.

Betrachtet werden wir skeptisch, argwöhnisch, feindlich. Wir verstecken uns mit unserem Rundhauber Mercedes beim Halt oft zwischen den vielen anderen Rundhaubern. Diese sind – wegen ihrer Robustheit – überdurchschnittlich oft vertreten. Jeder zweite LKW ist einer von unserer Sorte.

So gerne ich barfuß den LKW steuere – der Fußraum ist so heiß, dass ich mir dabei schier die Füße verbrenne. Grenzwertig – oder wie Ekke meint: “Mit Klimaanlage hast du die Wüste nicht wirklich kennengelernt.” Wie die irakischen Flüchtlinge, die wir immer wieder auftauchen sehen, hier im glühenden Nichts ohne Schatten überleben können, ist mir rätselhaft. Wahrscheinlich tun sie es nicht.

Wir kommen uns vor wie Außerirdische, wie auf einem anderen Stern, fahren durch endlose Geröll-Wüste in einer Welt, die weit jenseits unserer Lebensgewohnheiten, Rechtsprechung und Glaubensvorstellungen liegt. Angesprochen werden wir nie. Frauen scheinen im Alltagsleben nicht existent, wenn dann erscheint kurz ein Schatten von Kopf bis Fuß schwarz verhüllt. Nur ein Auge – mit einem Netz überdeckt – bleibt ihnen frei zum Sehen.

Nach 48 Stunden erreichen wir die jordanisch-saudische Grenze: sicher ein Rundhauber-Strecken-Rekord.

Die Ausreise steht wohl unter dem Motto: “Raus aus unserem Land, ihr ungläubigen Hunde”. Nach zehn Minuten sind alle Formalitäten an der Grenze erledigt und SaudiArabien liegt hinter uns. Zu schnell – und trotzdem sind wir unglaublich erleichtert, befreit. Was für eine Erfahrung. Inklusive eines nächtlich Kurzschlafes des Fahrers mit Ausflug (im wahrsten Sinne) vom Asphalt in die Wüste … Wir feiern künftig einen zweiten Geburtstag.

Jordanien: unser Feuerwehr LKW trägt seinen Staub mit Stolz ins Paradies

Nach den letzten 48 Stunden sind Jordanien und seine Bewohner der “Siebte Himmel”, das Paradies. Und so wird es auch bleiben die nächsten Wochen. Ekke und ich liegen nach dem Transit durch SaudiArabien in Jordanien mit einem kühlen Bier unter schattigen Bäumen am Swimming-Pool. Die komprimierte Schönheit der arabischen Welt, der „Orient light“, liegt uns zu Füßen, immer gepaart mit dem von Herzen kommenden Gruß: “Welcome to Jordan”.
Unser alter roter Feuerwehr LKW trägt seinen Staub mit Stolz. Ohne irgendeine Panne hat er von minus 30 bis plus 50 Grad alle Strapazen erduldet. Sich mit seinem Allrad, geringem Gewicht, simpler Technik und den breiten Reifen durch Sand und Schnee, über Asphalt und durch Flüsse hindurch gezogen. Zuverlässig, schnell, komfortabel. Ist Haus, Fortbewegungsmittel, Lastesel, Treibstofflager, Fotostativ, Begleiter, Freund. Ein wenig Wartung und Ölwechsel: Das war‘s!
Ekke hatte nur eine intensive Woche Zeit. Er fliegt von Amman, der Hauptstadt Jordaniens nach Hause. Was haben wir in so kurzer Zeit zusammen erlebt! Mein Papa kommt mit seiner Enkelin Emilia eingeflogen. In drei Generationen vereint reisen wir mit unserem Feuerwehrauto kreuz und quer durch Jordanien: Wunderbar.
Wadi Rum, Petra, Totes Meer, Rotes Meer … die Liste der Fotomotive und Offroad-Strecken in Jordanien scheint endlos. Das milde, mediterrane Klima, das leckere Essen und die Düfte betören. Die Tage unter dem wolkenlosen Himmel, die sternenklaren Nächte vergehen viel zu schnell. Es ist wie ein Märchen aus „Tausend und einer Nacht“.
Emilia will sich auf die Schule vorbereiten und schreibt, rechnet, malt im Schatten unter dem LKW oder wo immer sie Lust hat. Ganz Jordanien und seine landschaftliche Größe scheint ein riesiger Abenteuer-Spielplatz für Kinder und Offroad-Liebhaber zu sein. Nie ist man wirklich weit weg von der „Zivilisation“ – falls doch mal was passiert. Und doch weit genug weg von Allem.

Mein Papa fliegt wieder aus. Emilia und ich verbringen noch viel mehr unfassbar schöne, intensive Zeit zusammen. Unser wegfahrbares Cabrio-Dach über der Schlafkabine kommt wieder oft zum Einsatz. Einschlafen im bequemen Bett unter dem Sternenhimmel der Wüste. Wahnsinn.

Nach „Hause“

Oh diese Bürokratie: Ich darf ohne mein Fahrzeug nicht aus Jordanien ausreisen. Aber ein syrisches Visum zur Weiterreise erhalte ich nur und ausschließlich in Deutschland. Sprich eigentlich bin ich im Paradies eingesperrt. Emilia meint nur: “Alles wird gut, Papa”. Mit dieser netten Problemlösungs-Aufgabe und einigen weiteren Hindernissen verabschiede ich mich aus “Middle East” – bis zur nächsten Folge von “Wunder der Bürokratie” !

Dank meines 2. Reisepasses und Support von Wiltrud, Emilias Mama, ging es weiter. Wie immer im Leben findet sich ein Weg – und wir machen uns über das noch intakte Syrien (vor dem Krieg) mit Damaskus und seiner wunderschönen großen Moschee auf die Rückreise – wieder über die Türkei, Griechenland und Italien.

Ganz langsam.

Unsere Feuerwehr gab uns etwas, was man mit Geld nicht kaufen kann: Eine einmalig schöne Zeit!

Autor und Fotograf dieser Story ist Norbert Blank.. Mehr zu Norbert findest du hier:
https://www.bilder-botschaften.de und hier https://www.ecuador-kajak.com

Norbert verkauft seinen Mercedes LAF 1113B 4×4 Expeditions LKW übrigens, hier weitere Infos dazu oder hier