BF Goodrich KM3 im Einsatztest im rauen Lappland

BF Goodrich KM3 im Einsatztest im rauen Lappland

BF Goodrich KM3 im Einsatztest im rauen Lappland

 

Vergangenen Sommer waren wir im südlichen und mittleren Teil Schwedens unterwegs und von der Landschaft beeindruckt. Überall gibt es Ecken abseits der Strassen, wo man Natur pur erleben kann. Parkmöglichkeiten an kleinen Seen, schöne Waldlichtungen oder Holzunterstände mit Grillplatz an den Flüssen, die in erster Linie als Übernachtungsmöglichkeit für Kanuwanderer gedacht sind, laden zum Verweilen ein.

Nach diesem Urlaub beschlossen meine Frau und ich, dass wir auf jeden Fall wiederkommen. Das ging allerdings schneller als gedacht. Schon wenige Monate später geht es los – über London, Stockholm und den Polarkreis fliege ich nach Kiruna. Aus der Luft sind die Weite und Schönheit Schwedens erkennbar. Da ein Grossteil der Bevölkerung im Süden und den dortigen Küstenregionen lebt, ist Schweden nördlich der Achse Stockholm, Örebro und Karlstad dünn besiedelt. Die Landschaft besteht überwiegend aus Wäldern und kleinen Wasserflächen.

Bei strahlend blauem Himmel und Sonnenschein in Kiruna gelandet, geht es gute eineinhalb Stunden mit dem Auto weiter in Richtung Kangos, genauer gesagt nach Särkimukka. Dort liegt an einem kleinen See die Pinetree Lodge, wo Johan und seine Frau uns warmherzig empfangen, was bei den Temperaturen richtig gut tut. Am Eingang zur Lodge bilden zwei BFGoodrich KM3 einen Spalier. Es liegt zwar kein Schnee, nachts aber herrschen bereits zweistellige Minusgrade; mit einem Reifentest im Matsch werden wir deshalb wohl nicht rechnen können.

Was liegt näher, als nach draussen auf Entdeckungsreise zu gehen und die nähere Umgebung zu erkunden? Hier oben sind die Tage kurz, die Sonne steht nur noch knapp über dem Horizont.

Am See angekommen, hört man das Eis knacken. Stolze 5 cm ist die Eisdecke stellenweise schon dick. Beachtlich, wenn man bedenkt, dass ich auf meinem Zwischenstopp in London noch einen warmen Herbsttag genoss. Bemerkenswert ist die Stille hier am See. Weder Menschen noch Industrielärm sind zu hören.

Test auf Asphalt und Schotter

Am nächsten Morgen geht es bei schönstem Wetter und nach einem reichhaltigen Frühstück mit drei Toyota Hilux und Johans VW Amarok ins Gelände.

Begleitet werden wir noch von Nigel, der uns als Instruktor hilfreiche Tipps geben wird.

Schliesslich bin ich ja hier, um den MT-Reifen KM3 von BF Goodrich zu testen. In Kolonne fahren wir die ersten Kilometer über eine normale Asphaltstrasse. Ehrlich gesagt, hätte ich aufgrund seiner Profilierung gedacht, dass der KM3 sich hier mehr melden würde. Er bleibt aber ruhig.

Dann geht es vom Asphalt runter auf eine Schotterpiste. Der KM3 ist eigentlich ein MT-Reifen, jedoch wird man den Reifen auf Reisen nicht jedes Mal dem Untergrund entsprechend wechseln.

Hier überzeugt er jedoch mit Spurtreue und Griffigkeit, durch sein spezielles trapezförmiges Profildesign, bei dem sich Steine nach einer Radumdrehung wieder aus dem Profil lösen.

Das wird dann heute wohl ein entspannter Tag werden. In schönster Umgebung tauchen schliesslich, wie aus dem Nichts, Hindernisse auf. Man weiss fast gar nicht, wohin man schauen soll. Mit dem Hilux fahren wir nacheinander im Schritttempo durch eine tiefe Senke. Diese muss dabei so diagonal durchquert werden, dass der Hilux stellenweise nur mit zwei Rädern Bodenkontakt hat.

Die nächste Wegstrecke besteht aus einer negativen Verschränkung. Den KM3 lässt das kalt. Nicht etwa wegen der Aussentemperatur, sondern durch sein tief in die Flanke gezogenes Profil. Er besitzt dadurch auch in extremen Situationen bei jedem Anfahrtswinkel gute Traktion und Griffigkeit. Der Hilux bahnt sich mit voller Verschränkung seinen Weg.

Zeit für einen kleinen Snack am Lagerfeuer. Es gibt Rentier-Kebap, frisch vom Holzgrill, und warme Getränke, wenngleich die Milch für den Kaffee an der kalten Luft in der Flasche gefriert.

Was gibt es Besseres, als so ein BBQ in der Natur mit Blick auf einen See.

Flechtentee und Birken-Spaghetti als Lappland-Snack

Nach der Stärkung geht es weiter, über einen uralten Postweg sowie diverse Wirtschafts- und Snowmobilwege, quer durch die Wälder. Hier erkennt man, wie langsam alles wächst. Hundert Jahre alte Bäume haben gerade mal den Durchmesser meines Oberschenkels. Bei einem kurzen Zwischenstopp sehen wir an einem Baumstamm die dichten Jahresringe einer Birke. Johan nutzt die Gelegenheit und erklärt uns, dass man aus den schwarzen Flechten an den Bäumen einen Tee brühen kann. Noch eben die zweite Schicht der Birkenrinde in Streifen geschnitten und wie Spaghetti gekocht, schon wäre das Mittagessen gesichert.

Die nächste Herausforderung lässt nicht lange auf sich warten. Eine Wegstrecke aus grossen Steinbrocken wartet auf uns. Nachdem wir unsere Fahrlinie mit Nigel besprochen haben, weist er uns über das Geröllfeld. Hier muss, neben dem Fahrer, auch der KM3 wieder all sein Können zeigen.

Ab und zu kracht es heftig am Unterboden, aber alle Fahrzeuge kommen ohne Schäden durch.

Obwohl die glatten, runden Steine teilweise schon mit Reif überzogen sind, krallen sich die Reifen in jede kleine Ritze und Bruchkante. Das TERRAIN ATTACK-Profildesign von BFGoodrich mit massiven, trapezförmigen Profilblöcken sorgt für die nötigte Haftung. Es gibt spürbar weniger Schlupf an den Rädern.

Die KRAWL TEK-Gummimischung und verstärkten Karkassenseile halten den Reifen in seiner Struktur und schützen ihn vor Beschädigung.

Test für den Piloten

Als Highlight geht es zum Schluss, bevor wir die Rückfahrt antreten, noch über eine Wippe. Hier ist nun zum Ausgleich mehr der Pilot als der Reifen gefordert, zumal die Wippe in einen Hang und bestimmt nicht für einen Hilux gebaut ist. Die Überfahrt sieht, wenn man den Radstand beachtet, recht abenteuerlich aus. Nach dem Kippmoment geht es dann auch schon den Hang hinab und direkt in eine 90 Grad Linkskurve.

Aber alles gemeistert und den Wagen wie auf Schienen durch die Kurve gezogen. Besser geht’s nicht.

Auch auf gefrorenem Boden zeigt sich beim KM3 die Weiterentwicklung zum Vorgänger KM2, wenn gleich der KM3 nur als Sommerreifen angeboten wird. Ob Traktion in Kurven oder Griffigkeit auf Felsen, sogar bei kalten Temperaturen ist auf ihn Verlass. Auch die Laufruhe war für einen MT-Reifen auf den asphaltierten Verbindungsetappen beeindruckend. Trotz der Profilierung ist kein Jaulen zu hören – was wichtig ist. Denn wer ist schon immer im Gelände?

Am nächsten Tag heisst es leider wieder: Koffer packen und die Rückreise antreten. Schade eigentlich, wird doch in den nächsten Tagen der erste Schnee erwartet. Polarlichter habe ich auch nicht gesehen.

Beim nächsten Mal werde ich wohl mehr Zeit mitbringen – für mehr Natur, Kultur und einer Fahrt mit dem Hundeschlitten.

Fotos: Stefan Knopp und BFGoodrich

Dr. Benjamin Franklin Goodrich gründete 1870 die erste Reifenfabrik Nordamerikas in Akron, Ohio. Sein Sohn Charles Cross Goodrich folgte den Fussstapfen und gründete das erste Reifenforschungszentrum in den USA und hob sich damit bereits 1903 von der Konkurrenz ab, als es das erste Auto auf BFGoodrich den nordamerikanischen Kontinent von Osten nach Westen durchquerte. Als Hersteller von Hochleistungsreifen ist BFGoodrich stolz auf seine Anfänge: seit jeher haben wir uns mit Leidenschaft für mehr Leistung eingesetzt. Ob in der Wüste von Baja oder beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Unsere Ingenieure setzen dieses Wissen in jedem Produkt um. Du kannst sicher sein: unsere Reifen sind der Aufgabe gewachsen, egal wie und wo du fährst. Mehr zu unserer Geschichte findest du hier: BFGoodrich Historie

TCS Winterreifentest 2017: Fast alle Reifen überzeugen

TCS Winterreifentest 2017: Fast alle Reifen überzeugen

TCS Winterreifentest 2017: Fast alle Reifen überzeugen

 

Im Rahmen des TCS Winterreifentests 2017 wurden insgesamt 32 Reifen in den Dimensionen 195/65 R15 91T und 215/65 R16 98/102H getestet. Aufgrund von 18 praxisnahen Testkriterien wurden die Stärken und Schwächen der verschiedenen Testprodukte ermittelt und 30 Reifenmodelle mit der Note „empfehlenswert“ oder besser bewertet.

In Fahrversuchen auf verschiedenen Testgeländen auf trockenem, nassem, schneebedecktem und vereistem Strassenbelag wurde das reifenspezifische Fahrverhalten ermittelt. Die Reifen mussten sich weiter bezüglich Geräuschentwicklung, Treibstoffverbrauch und Verschleiss bewähren. In diesem umfangreichen wie anspruchsvollen Testverfahren wurden von den insgesamt 32 geprüften Reifentypen 30 mit der Note „empfehlenswert“ oder besser bewertet.

Gewichtet werden die einzelnen Testdisziplinen nach dem Grundsatz «Sicherheit vor Ökonomie vor Ökologie». Die Testresultate können in der Regel auf benachbarte Dimensionen derselben Serie übertragen werden. Da Beurteilungsmassstäbe und Anforderungsprofile laufend angepasst werden, können die Reifenbewertungen von den Vorjahresergebnissen abweichen.

Winterreifentest in der Dimension 195/65 R15 91T testete der TCS 16 Reifen.

Drei Produkte haben überzeugt und wurden mit „sehr empfehlenswert“ bewertet. Zwölf als „empfehlenswert“ bewertete Reifen zeigten nur leichte oder punktuelle Schwächen. Ein Produkt wurde aufgrund der wenig überzeugenden Leistungen auf trockener Fahrbahn und bei den Verschleissmessungen als „bedingt empfehlenswert“ eingestuft.

Auch in der Dimension 215/65 R16 98/102H wurden 16 Reifen getestet.

Ein Produkt wurde als „sehr empfehlenswert“ bewertet, weitere 14 Reifenmodelle als „empfehlenswert“. Der übrige Testreifen wurde aufgrund der schlechten Leistungen auf nasser Fahrbahn und auf Schnee als „nicht empfehlenswert“ eingestuft.

TCS-Winterreifenratgeber

Die Resultate im Detail und ausführlichere Bewertungen sämtlicher getesteten Reifenmodelle finden Sie hier oder unter www.reifen.tcs.ch. Die aktuellen Produktetests und interessante Hintergrundinformationen werden auch im neuen Ratgeber „Winterreifen 2017“ veröffentlicht.

Unlimited Fahrspass. Langzeit-Fahrbericht des Jeep Wrangler 2.8 CRD Sahara

Unlimited Fahrspass. Langzeit-Fahrbericht des Jeep Wrangler 2.8 CRD Sahara

Unlimited Fahrspass. Langzeit-Fahrbericht des Jeep Wrangler 2.8 CRD Sahara

 

Ein Spielzeug für grosse Jungs. Oder taugt der Jeep Wrangler Unlimited 2.8 CRD auch im Alltag, wenn man nicht mit Pferdeanhängern oder einer abgelegenen Alpwirtschaft zu tun hat und meistens lediglich den Weg ins Büro unter die Räder nimmt?

Der Ur-Wrangler:

Seit 1941 gib es ihn nun; den Jeep. Zwischenzeitlich ist dieser Markenname für „Geländewagen“ sogar das, was „Tempo“ für Taschentücher darstellt: ein Gattungsbegriff. Alles was allradgetrieben und mehr oder weniger kastenförmig auf vier Rädern fährt, ist ein Jeep. Egal ob von Landrover, Toyota, Nissan oder Suzuki, letzterer hierzulande allerdings gerne auch liebevoll mit „Jeepli“ betitelt. Das muss man erst mal schaffen. Oder haben Sie schon mal gehört, dass jemand einen tiefliegenden Zweitürer grundsätzlich als Porsche bezeichnet, auch wenn Mazda oder vielleicht Opel drauf steht?

Ursprünglich wurde der als Willys in die automobile Geschichte eingegangene Wagen um 1940 für die US-Militärs entwickelt. Diese suchten ein kleines und geländegängiges Fahrzeug, das günstig in grosser Stückzahl hergestellt werden konnte. Neben Ford zeigten auch die American Bantam Car Company und die Willys-Overland Company, die den Namen „Jeep“ 1950 als Markennamen schützen liess, ihre Prototypen. Über den Verlauf der endgültigen Auftragserteilung herrscht Unklarheit. Was aber die Zeit unbeschadet überdauert hat, sind die Werte der Marke, die nach wie vor kompromisslos für Geländegängigkeit steht. Und die Design-Symbolik, wie den siebenfachen vertikalen geschlitzten Grill, die eckigen Radläufe und, im Falle des Wrangler, die runden Scheinwerfer.

73 Jahre Später: PS, Energieeffizienz und Partikelfilter.

Seit nun gut zwei Jahren kurve ich mit einem Nachkommen des Willys durch die Lande: dem Jeep Wrangler Unlimited mit dem 2.8 CRD-Motor in der Ausführung “Sahara“. Rein optisch hat er sicherlich die meisten Gene des Uropas mitbekommen. In der Zeit habe ich nun etwas über 40’000 km gemacht –und so ziemlich jeden davon genossen. Als Antrieb zur Auswahl standen der erwähnte 2.8 Liter Diesel mit 200 PS oder ein 3.6 Liter V6 Benziner, der 284 PS leistet und laut Hersteller in der Version „Sahara Unlimited“ mit 11.7 Litern auf 100 km unterwegs sein soll. Da hören sich die aufgerufenen 8.8 Liter des Diesels in derselben Version doch etwas zeitgemässer an. Auch wenn ich diesen Wert im Alltag nie erreicht habe. Selbstverständlich ist auch der Partikelfilter an Bord und die Energieeffizienz wird mit der bei den Strassenverkehrssteuern noch erträglichen Klasse D angegeben. Soviel zur Umwelt.

Langeweile Ade.

Kaufentscheidend für den Wrangler mit der Typenbezeichnung „JK“ und dem Zusatz „Unlimited“, was in dem Fall für 4 Türen steht, war für mich neben den Kriterien “Allrad” und “Alltagstauglichkeit” vor allen Dingen der Aspekt “nicht langweilig”. Ganz klar; mit seinen kantigen Formen und der bei der Europavariante des Fahrzeuges zugegebenermassen nicht sehr gelungenen riesigen Frontstossstange ist er nicht jedermanns Sache. Eigentlich kaum jemandes Sache, denn die Begegnungen mit anderen Wrangler-Piloten sind auf den Schweizer Strassen relativ selten. Und werden mit einem freundlichen Gruss, den wir auch von Defender-Fahrern untereinander kennen, quittiert. Genau diese Dinge sind es, die den Jeep zu dem Auto machen, das er ist.

Die Entscheidung, auf das Top-Modell “Rubicon” und die damit verbunden stärkeren Dana-44-Achsen, eine Untersetzung von stattlichen 4:1 und den auf Knopfdruck trennbaren Stabilisator zu verzichten, ist – in meinem Fall – der Vernunft geschuldet: Weil hierzulande Steilauffahrten im Wald oder trockenen Bachbetten doch eher die Seltenheit sind, brauche ich diese feinen Features, die laut Werksangaben übrigens mit 0,5 Litern Mehrverbrauch zu Buche schlagen, schlicht und ergreifend nicht. Die Starrachsen sind für den Einsatz als Alltagsfahrzeug, das ab und an mal auf eine Alp fährt, mehr als grosszügig dimensioniert, und die zuschaltbare Untersetzung ist mit 2.72:1 ebenfalls weitaus ausreichend.

Die für einige Franken weniger erhältliche Ausführung „Sport“ war mir persönlich zu spartanisch, sollte der Jeep doch mein Alltagsauto werden, mit dem nicht nur die im Winter wöchentlich anstehenden Touren ins Gebirge, sondern auch fröhliches Staustehen in der Rushhour, längere Urlaubsfahrten oder auch Auftritte als Hochzeitsfahrzeug gemeistert werden.

Nach dem Ausmerzen anfänglicher Kinderkrankheiten wie z.B. einer nach 13’000 km offroadfreiem Betrieb ausgeschlagenen Lenkstange, zweimal wegen Goldfischglas-Effekt – aussen trocken, innen Wasser – gewechselten Blinkern vorne, neue Scheinwerfer – das selbe Problem mit dem Wassereintritt – und zwei neuen Wischwasserbehältern samt Pumpe, dort blieb das Wasser, im Gegensatz zu den Lampen, eben nicht drin, läuft “der Dicke” anstandslos.

Der 2.8 Liter CRD Motor aus dem Regal von VM Motori, die seit 2013 komplett zu Fiat gehören, brummt zufrieden und zuverlässig vor sich hin. Lässt man sich nicht all zu oft zu einem kräftigen Tritt auf das Gaspedal verleiten, bewegt man den Jeep knapp unter 10 Litern im 3/3-Mix. Ein ganz passabler Wert, wenn man die 2.3 Tonnen Gesamtgewicht, die Reifendimension von 245/75/17 und den CW-Wert einer Schrankwand bedenkt. Den Kickdown lässt das 5-Gang-Getriebe, das übrigens aus dem Mercedes ML stammt, über den etwas trägen 5-Stufen-Automaten einen tieferen Gang einlegen, und die 200 Pferdchen treiben den Wagen unerwartet munter nach vorne und in 10.6 Sekunden auf Hundert. Schluss ist dann bei 172 km/h. Was bei dem tatsächlich geländegängigen Fahrwerk auch reicht.

Innen hui – aussen auch.

Für einen Amerikaner ist wider erwarten selbst die Verarbeitung ganz in Ordnung und das Design kann sich sehen lassen. Der Innenraum wartet mit ansprechenden Rundinstrumenten, grob anmutenden, grossen Zierschrauben und Staunetzen anstelle der herkömmlichen Türfächern auf. Witzige Details, die dem Wagen seinen Charme verleihen. Ein Multimedia-Navigationsgerät mit 30GB Festplatte und CD/DVD ist natürlich auch auf der Aufpreisliste zu finden. Ebenso wie eine edle Lederausstattung mit Sitzheizung vorne, die aber irgendwie nicht so recht zu dem doch eher groben Auto passen will, dessen Urgene auf alles andere als auf Luxus programmiert sind. Auch wenn elektrische Fensterheber heutzutage wohl kaum mehr als Luxus bezeichnet werden können – es hat einen Moment gedauert, bis ich die gross dimensionierten und zentral im Armaturenbrett, direkt unterhalb des Unterhaltungssystems platzierten, Schalter gefunden hatte. Die Antwort auf die Frage, warum man so etwas dort anbringt, geben die grossen Schrauben an den Türscharnieren: Die Türen sind komplett abbaubar. Fahren, wie es schon im Willys möglich war. Und so folgt für einmal die Form der Funktion. Erfrischend „old school“ so etwas!

Nicht ganz so komfortabel geht es auf der Rückbank zu. Trotz guter und auch für grosse Menschen geeigneter Beinfreiheit. Die Sitzflächen sind relativ kurz und die Sitzpositionen dadurch etwas gewöhnungsbedürftig. Für Kinder kein Problem; die Kleinen haben schon beim „reinklettern“ ihren Spass an dem Auto. Und der grosszügig dimensionierte Kofferraum nimmt es auch mit zwei Kinderwagen auf.

Das bei uns serienmässig verbaute Hard-Top leistet in Sachen Dämmung und Isolation erstaunlich gute Arbeit. Sicherlich keine Minergie-Hütte, doch für ein Gespräch in normaler Lautstärke mit dem Beifahrer bei 140 km/h reicht es allemal. Im US-Zubehörhandel sind ausserdem passgenaue Dämm-Matten für das Hardtop erhältlich. Die sogenannten “Noise-Killer” sollen die Geräuschkulisse noch mal um ein paar Dezibel absenken und auch der Heizung die Arbeit erleichtern.

Der Jeep Wrangler Unlimited ist nicht nur das derzeit einzige viertürige Cabrio auf dem Markt. Mit wenigen Handgriffen lässt sich das fest verschraubte Hardtop an sonnigen Tagen auch zum Targa wandeln. Assoziationen zum legendären Bandit-TransAm werden wach. Allerdings auch nur beim Blick nach oben. Eine gute Alternative wenn man keinen Platz zum Lagern des ganzen Daches – oder einfach keine Lust zum Schrauben hat; die Demontage des Hardtops und die Montage des Faltverdecks, welches Jeep sinnigerweise “Sunrider” nennt, nehmen schon ein paar Stunden und helfende Hände in Anspruch. Doch unterstreicht das offene Fahren natürlich nochmals den Spassfaktor, den das Auto von sich aus schon vermittelt. Überall hin kommen und dabei möglichst viel Spass haben, scheint die Devise zu sein. Zumindest geht es mir so, wenn ich mit dem Wrangler unterwegs bin.

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Der Jeep Wrangler Unlimited ist das einzige viertürige Cabrio am Markt. (Foto: www.jeep.com)

Leise rieselt der Schnee…

Im Winterbetrieb spürt man das Gewicht des Wagens. Mit. 2.3 Tonnen bringt “der Dicke” doch einiges auf die Wage, was bei rutschigen Verhältnissen zu ein wenig Kribbeln im Popometer führen kann. Es braucht nur wenig, dass der im normalen Modus auf der Hinterachse getriebene Jeep nicht mehr vom Fleck kommt – und/oder das ESP schützend eingreift. Mit manuell zugeschaltetem Allrad aber gibt es kaum noch etwas, das ihn aufhält. Auf Untergrund mit ausreichend Traktion sollte man darauf aber verzichten; unguten Verspannungen machen sich bemerkbar, wenn die Vorderräder im Allrad-Modus zuviel Grip aufbauen.

Apropos Winter: Die Ami-typischen Ganzjahresreifen Goodyear Silent Armor in der hierzulande kaum erhältlichen Exotendimension 245/75 rollen natürlich auf eleganten Alus daher. Auch wenn die Reifen das geschützte Schneeflockensymbol tragen, habe ich mich für den Alpenlandwinter doch für „richtige“ Winterreifen entschieden. Sie weisen neben dem Schneeflockensymbol auch den entsprechenden Profilschnitt. Auch wenn die Goodyear erstaunlich gut funktioniert haben, bieten die Nokian Hakkappelitta LT2 aus dem hohen Norden doch nochmals einen ganz anderen Halt. Ausserdem waren es zum Zeitpunkt des Kaufes die einzigen in dieser Dimension verfügbaren Schlappen auf dem Schweizer Markt.

Sollte es dann trotz des klassischen Allradantriebes und toller Reifen doch mal nicht mehr weitergehen, bietet der Sahara eine zusätzliche Untersetzung. Für extreme Bergabfahrten ausserdem eine elektronische Bergabfahrhilfe, die auch bei eingeschneiten Bergstrassen ein gutes Gefühl vermittelt.

Artgerechte Haltung.

Über die Geländetauglichkeit des Wagens brauche ich mich hier nicht auszulassen. Die ist unbestritten und von vielen Kollegen mehrfach erprobt und bewiesen. Kaum eine Steigung, die der Jeep nicht meistert. „Wo kein Weg ist, ist ein Jeep“ heisst es. Diese Eigenschaft wollen wir dem Urvater der Offroader definitiv nicht in Abrede stellen.

Unlimited Platz?

Platz bietet der Unlimited einigen. Allerdings müssen lange Gegenstände wie z.B. Skis schon ab 1.60 m quer in den durch eine im Verhältnis 60:40 geteilt abklappbare Rückbank verlängerten Kofferraum gelegt werden. Und das trotz einer Fahrzeuglänge von 4.75 m. Aber die Zubehörindustrie schläft natürlich nicht und so gibt es für den Nachfahren des militärischen Ur-Vaters der Offroader eine Palette an Umbau- und Zubehörteilen, die zu überschauen schon einen Doktortitel nötig macht. Wie auch einen voll begehbaren Dachträger. Was davon dann auf Schweizer Strassen zugelassen ist, steht aber nochmals auf einem ganz anderen Blatt.

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Um Skier über 180 cm in den Kofferraum zu packen muss die Rückbank umgeklappt werden. Und auch dann passen sie nur diagonal.

Neben dem Original-Zubehör von Mopar® ist die US-Firma Rugged Ridge® wohl mit der grösste Anbieter von mehr oder weniger nützlichen Teilen für den JK. Beziehen kann man das Meiste über das Internet. Wer nicht direkt in den USA bestellen möchte, ist bei Calonder US Cars in Dietikon gut aufgehoben. Dort bekommt man auch die hierzulande offiziell nicht erhältliche Version mit dem 6.4l Hemi V8. Auch im nahen Ausland findet man bei diversen Anbietern wie z.B. www.4-wheel-parts.de oder auch www.meinjeepshop.de eine Vielzahl an Teilen.

Mein unlimited Fazit:

Der JK Unlimited bietet neben Platz und einer Reihe nützlicher und angenehmen Features vor allem richtig viel Fahrspass. Auch wenn die Bauart des Wagens mit klar ersichtlichem Kunststoff auch an der Karosserie hierzulande etwas an Playmobil erinnert. Oder vielleicht gerade deshalb. Mit Sicherheit aber ist er mehr als nur ein Spielzeug für grosse Jungs (und Mädels) und absolut alltagstauglich. Wer sich mit der amerikanischen Art des Autobaus anfreunden kann oder sogar Spass daran hat, ist hier besser aufgehoben als in der Beinahe-Perfektion, die wir von europäischen Herstellern gewohnt sind – und die doch zunehmend langweilt. Im Wrangler weht auf jedem Kilometer ein kleiner Hauch von Abenteuer, der einen insgeheim nach einem Cowboyhut und einem Glimmstängel der entsprechenden Marke sehnen lässt.

Fotos: Nils Deparade