So minimalistisch wie möglich und so komplett wie nötig: Der 1980 vorgestellte Fiat Panda führte die Kunst des Verzichts zum Millionenerfolg. Zum gefeierten Kultauto avancierte der von Stardesigner Giugiaro kubisch gezeichnete Cityflitzer via Werbung.
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Fast ein Vierteljahrhundert lang dauerte die Karriere des von Stardesigner Giorgetto Giugiaro in kubische Form gebrachten und dann als „Tolle Kiste“ gefeierten Fiat Panda. Wie zuvor Citroen 2CV „Ente“ oder Renault 4 zelebrierte der puristische italienischen Kleinstwagens die Kunst des Minimalismus in Ausstattung und Motorisierung, verzichtete jedoch nicht auf den für italienische Automobile typischen Faktor Fahrspass.
Fiat Panda: Fahrspass made in Italy
Genau diesen boten schliesslich alle bezahlbaren Fiat-Kleinwagen, vom witzigen Topolino aus den 1930er Jahren bis zum winzigen Fiat 126 aus den 1970ern, dessen Zweizylinder-Benziner auch als Basismotor im 650 Kilogramm leichten und 3,38 Meter kurzen Panda eingesetzt wurde. Richtig flott wurde der Panda aber erst mit Vierzylindern. Und zur Legende wurde der Panda 4×4, der mit Allradantrieb von Steyr-Puch als damals kleinster Kletterkünstler Geschichte schrieb.
„Steyrpuchnochamoi!“ meckerte die alte Gemse. „Seit es dieses Auto gibt, kann man nicht mal mehr in Ruhe die Eier ausbrüten“ – pries die Fiat-Werbung 1983 die alpine „Allradkiste“ Panda 4×4 an, nicht ohne Zusatzinfo „Jodeln und Schuhplatteln kann er noch nicht“. Eine blödelnde Werbung, die sich wie der Panda um keinerlei Konventionen kümmerte.
Dessen fünf simple Sitze auf Stahlgestell waren vielfach verstellbar, etwa als Babywiege oder Doppelbett. Ganz auf die Ölkrisen und die Ökobewegung der frühen 1980er Jahre zielten die Kampagnen „Neues aus der Gen-Technik: Die Kreuzung zwischen Sparschwein und Ottomotor ist gelungen!“ und „Gesucht, Fahrer, die den Club of Rome nicht für eine neue, heisse Disco halten“.
Populärster europäischer Minicar
Anfangs unverstanden wie einst die Minimalismus-Avantgardisten Citroen 2CV und Renault 4, avancierte der provozierend beworbene Panda in seinem zweiten Jahr zum populärsten europäischen Minicar der 3,50 Meter-Klasse. Gegen den Fiat waren die Kontrahenten von Citroen (LNA) oder Talbot (Samba) sowie alle in Europa antretenden japanischen Kei-Car-Spezialisten chancenlos; der hierzulande meist mit agilem 33 kW/45 PS Motörchen bestellte Panda machte den Turiner Konzern wieder zur wichtigsten Macht im Kleinstwagensegment.
Für Fiat genau rechtzeitig, um in Italien die Folgen der bleiernen Zeit der 1970er mit endlosen Arbeitskämpfen abzuschütteln und die Kasse zu füllen für ein Revirement des gesamten Modellprogramms.
Vollkommen neu präsentierte sich dann die zweite Panda-Generation: Fünftürig und in Polen gebaut, debütierte sie auf dem Genfer Autosalon 2003 unter dem Namen Gingo. Rechtzeitig vor Serienstart mutierte der auf 3,54 Meter Länge gewachsene Gingo aber doch zum Nuova Panda und tatsächlich war die Nutzung des Kult-Namens ein cleverer Zug. Sympathisch, praktisch und preiswert wie der Vorgänger platzierte sich der Nuova Panda während der ganzen gut achtjährigen Produktionszeit auf Platz eins seines Segments in Europa.
Seit 2007 muss sich der Panda die Rolle des kleinen Superstars im Fiat-Programm mit dem charismatischen Retrotyp 500 teilen. Trotzdem feierte Fiat den 2011 vorgestellten dritten Panda beim Pressedebüt als „Gesicht der Marke“. Vielleicht kommt er deshalb wieder aus einem Werk in Bella Italia. Seine simple, puristische Anmutung hat der Panda jedenfalls bewahrt, beste Voraussetzung für das Bärchen, um die Fusion von FCA Fiat Chrysler mit dem PSA-Konzern zu überleben.
Modellhistorie Fiat Panda – Chronik:
1970er – 1980er Jahre
1976: Erste seriennahe Design-Entwürfe für den Panda, noch unter dem Projektnamen Tipo Zero. Verantwortlich für das Design ist Giorgetto Giugiaro
1977: Im Februar wird das endgültige Design des Panda verabschiedet
1980: Nach erstem Pressedebüt des Panda im Dezember 1979 italienischer Verkaufsstart im Februar. Erst im März feiert der Fiat Panda auf dem Genfer Automobilsalon Weltpremiere, dies als Panda 30 mit Zweizylinder-Motor aus dem Fiat 126 und als Panda 45 mit Vierzylinder-Triebwerk aus dem Fiat 127. Beim Turiner Automobilsalon präsentiert Giugiaro einen offenen Panda als Jagdwagen mit reichlich Offroaddekor. Ab Herbst wird der Panda auch bei Seat in Spanien gebaut, später folgt der Seat Trans als Lieferwagenversion des Seat Panda
1981: Der Panda 34 wird eingeführt mit 0,85-Liter-Vierzylinder-Motor, wie er bereits seit dem Fiat 850 von 1964 bekannt ist. Neu ist das optionale zweiteilige Sonnendach, das sich in Form eines Faltverdecks über die gesamte Dachfläche erstreckt
1982: Topmodell Fiat Panda 45 Super mit umfangreicherer Serienausstattung und modifiziertem Frontdesign mit mattschwarzem Plastikgrill sowie dem neuen Fiat-Logo in Form von diagonal angeordneten Chromstreifen. Der Super verfügt als erster Kleinstwagen über ein Fünfganggetriebe und damit Verbrauchswerte von unter 5,0 Liter/100 km. Sondermodell Panda Primavera mit Faltdach. Für den Spanien-Besuch von Papst Johannes Paul II. baut Seat ein Panda Papamobil
1983: Der in Zusammenarbeit mit Steyr-Daimler-Puch entwickelte Fiat Panda 4×4 mit zuschaltbarem Allradantrieb wird eingeführt. Der Panda ist das weltweit erste Serienfahrzeug, das die Allradtechnik mit einem quer eingebauten Motor kombiniert. Sogar bei der Rallye Paris-Dakar geht der Panda 4×4 an den Start
1984: Eine Facelift-Version des Fiat Panda wird im November auf dem Turiner Salon vorgestellt, erkennbar am schwarzem Kunststoffkühlergrill. Der Karossier Maggiora zeigt auf dem Turiner Salon den Fiat Gobi, einen vom Kult-Designer Paolo Martin entworfenen Panda 4×4 in Offroaddesign
1985: Grosses Facelift für den Seat Panda, der fortan als Seat Marbella vertrieben wird. Sonderserie Fiat Panda 34 Bianca, ganz in weiss. Abenteuerlustig zeigt sich der Panda Camel Trophy
1986: Nach rund 1,5 Millionen produzierten Panda im Januar grosse Modellpflege, die eine aufwändigere Hinterachskonstruktion und Schraubenfedern statt Blattfedern zugunsten des Fahrkomforts mitbringt. Für Vortrieb im auch optisch modifizierten Panda sorgen neue Motoren aus der Fiat-Fire-Familie, aber auch ein 1,3-Liter-Diesel (nicht in Deutschland). Ausserdem ergänzt der Kleinlieferwagen Panda Van mit Kastenaufbau, Flügelhecktür und Kunststoffklappen statt der Fondfenster das Programm. Sondermodell Panda Trio mit Dekorstreifen und längsgestreiften Sitzbezügen
1987: Sondermodelle Panda Pop und Panda Garda sowie Panda 4?4 Sisley mit Dachgepäckträger
1988: Sonderedition Panda Adria
1989: Sondermodelle Panda Ponte und Panda Dance
1990er Jahre
1990: Einführung des Panda Elettra mit Elektromotor, der vor allem von Kommunen eingesetzt wird. Zwölf 6-Volt-Blei-Gel-Batterien bringen das Fahrzeug auf ein Leergewicht von 1.240 Kilogramm. Die elektrische Reichweite im urbanen Einsatz beträgt 50 Kilometer. Sondermodell Panda Italia 90 mit Signet der Fussball-WM 1990
1991: Der Prototyp Panda Destriero zeigt wie ein Strandwagen auf Basis des Panda aussehen kann. Im Herbst spendiert Fiat dem Panda die nächste Modellpflege bei Exterieur (neuer Kühlergrill) und Interieur
1992: Sonderserien Panda Eleganza sowie Panda Pink und Verde. Mehr elektrische Reichweite (70 Kilometer) für den Panda Elettra
1998: Produktionsauslauf des Seat Marbella und des Panda Elettra
2000er Jahre
2003: Im Mai endet die Produktion der ersten Generation des Fiat Panda nach 4,1 Millionen Einheiten. Mit einer Fertigungszeit von 23 Jahren zählt der Panda zu den am längsten gebauten Kleinwagen. Im Herbst feiert die zweite, vollkommen neu entwickelte Generation des Fiat Panda (Typbezeichnung: 169) ihren Marktstart. Weltpremiere des seriennahen Prototyps als Fiat Gingo auf dem Genfer Automobilsalon im März. Der Nuova Panda ist nur als Fünftürer erhältlich und ist mit vier Benzinern (1,1 Liter mit 40 kW/55 PS bis 1,4 Liter mit 74 kW/100 PS) sowie einem Diesel (51 kW/70 PS) kombinierbar. Produktion im Werk Tychi in Polen. Der Nuova Panda ist von Beginn an europäischer Marktführer seines Segments
2004: Panda 4×4 wird eingeführt
2006: Neu ist der Panda 4×4 Cross
2007: Ab Januar ist der Panda „Natural Power“ mit Erdgas-CNG-Antrieb lieferbar und dies als erstes Fahrzeug seiner Klasse mit Unterflurtank
2008: Fiat gewinnt einen Rechtsstreit gegen den chinesischen Hersteller Great Wall, der den Panda-Klon Great Wall Peri produziert und sogar in Europa anbietet
2011: Auf der Frankfurter IAA feiert die dritte Generation des Fiat Panda im September ihre Weltpremiere, nach bislang 6,4 Millionen gebauten Panda früherer Generationen
2012: Deutscher Markstart der dritten und bis heute aktuellen Generation des Panda. Die Produktion erfolgt im Werk Pomigliano d’Arco bei Neapel
2020: Der 40. Jahrestag des Fiat Panda wird von der Fan-Community mit zahllosen Clubtreffen gewürdigt.
Wichtige Motorisierungen Fiat Panda (1980-2003):
0,65 Liter-Zweizylinder-Benziner (22 kW/30 PS), Vmax 115 km/h (ab 1980 im Panda 30)
0,8 Liter-Vierzylinder-Benziner (25 kW/34 PS), Vmax 125 km/h (ab 1986 im Panda 750 Fire).
0,85 Liter-Vierzylinder-Benziner (25 kW/34 PS), Vmax 125 km/h (ab 1981 im Panda 34)
0,9 Liter-Vierzylinder-Benziner (33 kW/45 PS), Vmax 140 km/h (ab 1980 im Panda 45)
1,0 Liter-Vierzylinder-Benziner (35 kW/48 PS), Vmax 135 km/h (ab 1983 im Panda 4×4)
1,0 Liter-Vierzylinder-Benziner (32 kW/44 PS bzw. 33 kW/45 PS), Vmax 140 km/h (ab 1986 im Panda 1000 Fire)
1,0 Liter-Vierzylinder-Benziner (32 kW/44 PS), Vmax 125 km/h (ab 1986 im Panda 4×4 44 PS Fire)
1,0 Liter-Vierzylinder-Benziner (37 kW/50 PS), Vmax 130 km/h (ab 1986 im Panda 4×4 Fire)
1,3 Liter-Vierzylinder-Diesel (27 kW/37 PS), Vmax 130 km/h (ab 1986 im Panda Diesel)
Elektromotor (14 kW/19 PS), Vmax 70-80 km/h (ab 1990 im Panda Elettra)
1,1 Liter-Vierzylinder-Benziner (37 kW/50 PS bzw. 40 kW/54 PS), Vmax 130 km/h (ab 1992 im Panda 4×4 1100 i.e.)