Ein Vulkan spuckt Asche

Ein Vulkan spuckt Asche

Ein Vulkan spuckt Asche

 

Wenn einem in einem Nationalpark in Ecuador ein ausbrechender Vulkan in die Quere kommt, ist selbst der erfahrenste Overlander machtlos. Dann heisst es so schnell weg wie möglich.

Um 5:00 Uhr morgens wachte ich plötzlich auf, eine Autohupe tönte und jemand vor unserem Dachzelt schrie. “Hallo? Hallo? Englisch oder Spanisch? Sprecht ihr Englisch oder Spanisch?” Das sind nicht die Worte, die man auf Reisen in einem fremden Land hören will, vor allem nicht in einem so ängstlichen Ton. Mein Mann Richard tauchte widerwillig aus seinem Schlafsack auf, öffnete den Reissverschluss vom Zelt und streckte den Kopf hinaus. Der ecuadorianische Gentleman vor unserer Zeltleiter hatte einen panischen Gesichtsausdruck. Hinter ihm brach unter dem bedrohlich grauen Himmel Chaos aus, die Einheimischen warfen ihr Hab und Gut hinten auf einige HiLux-Pickups und fuhren hastig in einer Staubwolke davon. Unser Zelt war mit einer dicken Schicht Asche bedeckt und schwefelhaltige Dämpfe stiegen uns in die Nase. Hier stimmte etwas nicht – und wir waren mittendrin.

Ein Nationalpark als Sackgasse

24 Stunden zuvor waren wir aus seligem Schlaf erwacht, um unseren letzten ganzen Tag in Ecuadors Cotopaxi-Nationalpark zu geniessen. Der Park ist nach dem Vulkan Cotopaxi benannt, der für seine Schönheit bekannt ist. Nach fast sieben Tagen im Park brauchten wir eine heisse Dusche, eine Fahrzeugreinigung und WiFi-Zugang. Unsere geplante Route würde uns um den Vulkan herum aus dem Park hinaus und bequem zu unserem nächsten Ziel führen; perfekt.

Wir begannen den Vulkan zu umkreisen, genossen die Aussicht und wichen Wildpferden und anderen Tieren aus. Nach vier Stunden fühlte es sich bereits an wie ein langer Tag im Dreck, aber laut Maps.me und der Earthmate-App sollte es nicht mehr lange dauern, bis wir den Highway erreichten. Eine weitere Stunde oder so und wir wären zurück auf Asphalt, würden den Allrad abschalten und wären im Handumdrehen in Quilotoa.

Dann aber hörte vor uns die Strasse auf zu existieren. Wir sprachen mit Farmern und machten uns zu Fuss auf, einen anderen Weg zu finden. Es gab keinen. Eine Flussdurchquerung brachte uns nicht weiter, die Fahrt durch jemandes Privatbesitz auch nicht. Die Sonne rückte dem Horizont immer näher, wir hatten keine Wahl. Dabei hatten wir gehofft, bald unser nächstes Camp zu erreichen, sahen uns nun aber gezwungen, umzukehren und es erneut zu versuchen.

Wir hatten von dieser landschaftlich reizvollen Route von anderen Overlandern erfahren. Auf den meisten der Campgrounds findet man Reisende über Karten gebeugt und tauscht mögliche Routen bei einem Glas Wein oder einem kalten Bier in der einen und einem Textmarker in der anderen Hand aus. Wir mussten wohl mehr Malbec gekippt haben als sonst, denn, wie wir später erfuhren, gibt es keine Strasse, die den Cotopaxi umrundet. 180 Kilometer weiter im Süden hätte man jedoch eine entspannte, malerische Fahrt rund um den Vulkan Chimborazo erleben können. Du weisst schon, der andere Vulkan in Ecuador, der mit einem C beginnt.

Ich will nicht lügen, wir waren gar nicht begeistert, weitere vier Stunden auf schlechten Strassen zurückfahren zu müssen. Glücklicherweise listete die iOverlander-App ein Hotel im Park auf, das Camping, Duschen, ein Restaurant und WiFi anbot. Unsere Stimmung hellte sich merklich auf. Eine der wichtigsten Lektionen, die wir auf Reisen gelernt haben, ist Anpassungsfähigkeit an sich ständig verändernde Situationen. Wir waren stolz auf uns selbst und klopften uns gegenseitig auf die Schulter, wie leicht wir die Herausforderung meisterten.

Nach einer Stunde Rütteln und Klappern im unteren Drehzahlbereich standen wir dann jedoch vor einem verschlossenen Tor an der Grenze zum Park. Das Stahltor blockierte den Taleingang derart, dass es unmöglich war, hinüberzuklettern, es zu umfahren oder zu durchbrechen. Wir waren aus dem Park ausgesperrt, ohne Exit-Strategie und ohne zu wissen, wann das Tor geöffnet werden würde. Ein Tag? Eine Woche? Uns war zum Heulen zumute, die Herausforderung war sprichwörtlich auf der Strecke geblieben.

Liebeskomödie in Ecuador

Richard und ich beschlossen dann dort zu lagern, da die Nacht bereits anbrach. In freier Wildbahn, innerhalb oder ausserhalb des Parks – wen kümmert das? Aber aus irgendeinem Grund – wahrscheinlich wegen des verschlossenen Tors und wofür es stand, das Gefühl, gefangen zu sein, und die Müdigkeit nach einem höllisch langen Tag – heulte ich wie ein bockiges Kind. Dieser Ort strahlte eigentlich keine Gefahr aus, aber dennoch wollte keiner von uns dort lagern. Über inReach sendeten wir eine Nachricht nach Kanada: “Wir stecken vor dem Cotopaxi-Nationalpark fest. Wir haben keine Ahnung, wann wir hier rauskommen. Siehe beigefügte Koordinaten. Wir sind soweit ok, aber keine Garantie. PS: Grüsst Papa von uns.”

Eine Stunde später sassen wir im Truck und luden meinen Laptop auf, damit wir nachts Filme schauen konnten, um uns etwas abzulenken. Es gibt nichts, was eine gute Liebeskomödie nicht richten kann, oder? Zufällig sah ich im Aussenspiegel die Scheinwerfer eines weissen Wagens nahen. Richard und ich sprangen aus unserem Truck, rannten auf das Taxi zu und brüllten in gebrochenem Spanisch „llaves“ (Schlüssel) und „la puerta“ (Tor). Der Ecuadorianer lächelte, zwinkerte und hielt klimpernde Schlüssel aus dem Fenster. Wir waren erleichtert. Jetzt wäre alles gut, wir mussten nicht mehr in unbekannten Gefilden übernachten.

Der Taxifahrer führte uns bis zur Abzweigung nach Tambopaxi, unserer Campsite für diesen Abend. Er traute den beiden blöden Touristen wohl nicht, denen es offensichtlich an Navigationsfähigkeit mangelte. So weit so gut. Wir kicherten auf dem Weg zum Camp. Was für ein Tag. Im Lager öffneten wir das Dachzelt und duschten eiskalt, um den Dreck abzuwaschen (“die lebenswichtigen Organe zuerst”, sagt meine Mutter immer), tranken heissen Tee im Hotelrestaurant und nutzten das WiFi, um Familie und Freunde zu benachrichtigen. Das Leben war wieder schön. Wir krochen in unser Zelt, bereit für geruhsamen Schlaf und einen epischen Blick auf den Vulkan Cotopaxi bei Mondschein und klarem Himmel.

Der Vulkan spuckt Felsen und Asche

“Hallo? Hallo? Englisch oder Spanisch? Sprecht ihr Englisch oder Spanisch?” Der Ecuadorianer an unserer Zeltleiter war in der Tat ein Bergführer. “Wir waren heute Morgen auf dem Berg und es gab einen Ausbruch. Der Park ist geschlossen und wir evakuieren jetzt. Hier ist es nicht sicher!”

Richard und ich eilten die Leiter hinab und sahen eine riesige Wolke, die den Vulkan umühllte. Richard legte das Zelt, so schnell es mit eiskalten Fingern und verklemmten Reissverschlüssen möglich war, zusammen. Ich stopfte jede Menge Kram in die Kabine unseres Abenteuer-Mobils – und wir machten uns auf den Weg auf die lange, kurvenreiche Strasse durch den nördlichen Teil des Parks zum Highway. Wenn ich mich recht erinnere, schulden wir Tambopaxi immer noch 15 Dollar als Campinggebühr für die Nacht.

Ich konnte meine Augen nicht von den Aussenspiegeln lösen, als ob das Beobachten des Vulkans verhindern könnte, dass er geschmolzenes Magma aus den Tiefen der Erde auf unser Auto spuckt. Unsere Erfahrung mit ausbrechenden Vulkanen beschränkte sich auf den Film Dante’s Peak; Visionen von Felsbrocken, die durch die Luft fliegen, wogende Wolken, strömende Lava und Szenen von Tod und Zerstörung beflügelten unsere Phantasie auf der Flucht. Wir wollten nicht darüber nachdenken, was hätte passieren können, wenn wir noch hinter dem Parktor gefangen wären.

Vielleicht eine Stunde später (es fühlte sich an wie fünf) erreichten wir die Panamericana. Freie Fahrt voraus, sozusagen. Wir erinnerten uns, irgendwo gelesen zu haben, dass im Falle eines Ausbruchs der schneebedeckte Cotopaxi-Gipfel schmelzen würde und mit Schlamm, Wasser und Vulkangestein eine katastrophale Schlammlawine auslösen könne. Geologen schätzen, dass solch eine Schlammlawine Geschwindigkeiten von mehr als 100 Kilometern pro Stunde erreicht – gefährlich nahe an der Höchstgeschwindigkeit unseres vollbeladenen Trucks.

Als wir links auf den Highway abbogen, stiessen wir einen Seufzer der Erleichterung aus. Wir drehten die Musik auf und kurbelten die Fenster herunter. Aus heiterem Himmel versperrten uns neon-orange Pylone und die örtliche Polizei den Weg. “Proteste blockieren den Pan-American Highway, so dass die nördlichen und südlichen Routen gesperrt sind. Wir wissen nicht, wann der Highway wieder geöffnet wird.”

Wir konnten nicht nach Norden zurückkehren und wir konnten nicht nach Süden weiterfahren: Sollten wir nun nach Osten zum Strand oder Westen Richtung Dschungel? Richard zögerte nicht und setzte den Blinker nach rechts – cervezas (Bier) am Strand waren jetzt die einzig richtige Wahl.

Fotos: Richard Giordano

Zwei Unimog schaffen Höhenrekord und kraxeln auf 6’694 Meter über Meer

Zwei Unimog schaffen Höhenrekord und kraxeln auf 6’694 Meter über Meer

Zwei Unimog schaffen Höhenrekord und kraxeln auf 6’694 Meter über Meer

 

Kein Fahrzeug fuhr jemals höher als die beiden Unimog U 5023. Die Expeditionsfahrzeuge kletterten auf den höchsten Vulkan der Welt – eine Herausforderung für Mann und Maschine. 

Zwei ganz oben

Nichts hält den Unimog auf. Das “Universal-Motorgerät” bewies dies kürzlich mit einem unglaublichen Höhenrekord in Chile. Zwei Unimog U 5023 erklommen die Spitze des Vulkans Ojos de Salado und installierten dort vier Notfunk Einheiten für Bergsteiger und Wissenschaftler. Der Ojos de Salado ist mit einer Höhe von 6’893 Meter der höchste aktive Vulkan der Erde. Noch nie zuvor hatten Fahrzeuge einen Aufstieg in so grosse Höhen gewagt – und geschafft.

Zuerst die Arbeit, dann der Rekord

Ein zehnköpfiges Expeditionsteam unter der Führung von Matthias Jeschke stellten sich der Herausforderung. Nachdem das Expeditionsteam das Höhenlager auf 6’100 Meter mit erreichte und dort die vierte Notfunk Einheit eingerichtet haben, nahmen sie den Höhenweltrekord für Radfahrzeuge in Angriff. Mit Erfolg: Beide Unimogs erreichten die Höhe von 6’694 Meter über Meer.

Unimog Gipfeltreffen

Die zwei Rekord-Unimogs wurden mittels Spezialbereifung, Seilwinden und Sonderaufbauten zur variablen Schwerpunkt-Tarierung von Spezialisten des Unimog-Museums, dem Unimog Aufbaupartner AS Söder und von Ingenieuren der Unimog-Entwicklung für die extreme Höhe fit gemacht. Erst die allerneuste Technologie, neue Materialien sowie sieben Jahrzehnte Erfahrung im Extrem-Gelände machten es möglich, dass ein Radfahrzeug diese Herausforderung meistern konnte.