Trauriger Rekord: Die Zahl der Rückrufe ist auf einem Allzeithoch. Wie sich Qualitätseinsparungen für einen Autohersteller zum Bumerang entwickeln können, zeigt auch ein Beispiel aus diesem Jahr.
2014 geht als Jahr der Rückrufe in die Automobilgeschichte ein, so viele Autos wurden von den Autoherstellern noch nie in die Werkstätten beordert. In vielen Ländern wurde Rekordwerte erreicht, Spitzenreiter ist aber die USA: Mehr als 62,7 Millionen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge wurden dort zurückgerufen, so die Zahlen des Center of Automotive Management. Das sind fast vier Mal so viele Fahrzeuge wie im gleichen Jahr neu zugelassen wurden, eine Quote von 379 Prozent.
Für die Studie dient traditionell die USA als Referenzmarkt. Der US-Markt ist aufgrund seiner Absatzgrösse, der relativ scharfen Sicherheitsrichtlinien und vor allem des hohen Klagerisikos nach Meinung der Wissenschaftler ein aussagekräftiger Indikator für die Produktqualität der Automobilkonzerne. Der Trend zu steigenden Rückrufen ist ein globaler, der seit Jahren anhält. Die Rekordzahlen in diesem Jahr sind allerdings nur bedingt auf die ganze Welt übertragbar.
Das hängt mit dem absoluten Negativ-Spitzenreiter zusammen: General Motors musste in 84 Rückrufaktionen allein im US-Markt fast 27 Millionen Fahrzeuge zurück rufen, was 40 Prozent seiner dort befindlichen Pkw entspricht. Die grössten Rückrufe betreffen die Zündschlossmängel, die zu zahlreichen tödlichen Unfällen beigetragen haben und die die Verantwortlichen offenbar über Jahre verschwiegen.
Nach dem GM-Konzern mit 912 Prozent weist Honda mit 577 Prozent die zweithöchste Rückrufquote auf. Ein Grossteil der Rückrufe entfällt auf fehlerhafte Airbags, die vom japanischen Zulieferer Takata hergestellt wurden und die in diesem Jahr auch bei vielen weiteren Autoherstellern zu massiven Rückrufen führten. Chrysler kommt auf der Negativrangliste mit einer Quote von 423 Prozent auf Rang drei. Positiv konnten sich hingegen beispielsweise Daimler mit einer Rückrufquote von 76 Prozent und Volvo mit keinem einzigen Rückruf in diesem Jahr qualitativ hervortun.
„Das vergangene Negativrekordjahr hat gezeigt, dass das Qualitätsmanagement vieler Automobilhersteller noch nicht den neuen globalen Produktsicherheitsanforderungen Rechnung trägt“, meint Studienleiter Stefan Bratzel. „Manche Hersteller betreiben zur kurzfristigen Gewinnmaximierung eher reaktive Qualitätsmanagementsysteme mit nachsorgender Mängelbeseitigung, vielfach unter billigender Inkaufnahme von Unfällen.“ Das kann deutlich nach hinten losgehen, wie das GM-Beispiel zeigt: General Motors schätzt allein für den Zündschlossdefekt die direkten und indirekten Kostenbelastungen, zum Beispiel durch Entschädigungen, auf 2,7 Milliarden Dollar.