Im Interieur lassen sich Reisen planen, von welchen man schon immer geträumt hat. Das imposante, sensorische Lenkrad strahlt Sicherheit aus und verleitet den Fahrer dazu, darin seine Hände zu vergraben. Im unteren Display der Mittelkonsole dirigiert man Fahrmodi, Sitzheizung und Innentemperatur. Im oberen Bildschirm widmet sich der Dirigent der ausgefeilten Konnektivität. Doch diese ist auch an die Bedürfnisse des Elektromotors gekoppelt, denn das Navi zeigt die nächstgelegenen Ladestationen an. Dazu später noch mehr. Von diesem Display aus verfügt der Fahrer auch über eine Kamera, die ihm einen Blick in die Welt unter der Motorhaube erlaubt, um die Grenzen des 25-Grad-Böschungswinkels auszuloten – kleine Parklücken werden auch dank des kleinen Wendekreises zum Männerspielzeug des 21. Jahrhunderts. Noch besser manövrieren lässt es sich dank des hier erstmals verbauten «ClearSight Smart-View» Innenrückspiegels, welcher sich per Knopfdruck als ein Display mit 50 Grad Sichtweite entpuppt – dank Kamera auf dem Dach. Sich vor der bereits schmalen Heckscheibe türmendes Gepäck ist nicht mehr länger ein Problem.
Der digitalisierte Tacho im 12.3-Zoll-Display-Format gibt die Laune des Hybriden wieder. Sobald der Elektromotor läuft, schnellt entlang des Tourenzählers eine blaue Linie hoch. Wird gebremst, verschwindet die blaue Linie und eine grüne erschleicht sich den Weg nach unten – die rekuperierte Energie. Doch erst mit dem auf die Fahrbahn projizierten Head-Up-Display, vergleichbar mit dem Bass eines Kammerorchesters, komplettiert sich die Symphonie zum eingespielten Groove. Hier werden Geschwindigkeit, aktueller Gang und sogar Navigationshinweise direkt auf die Strasse projiziert.
Und doch regiert im Innenraum im Vergleich zum Vorgänger der Reduktionismus. Aber eher im Sinne von «Reduce to the Maximum».
Der Range Rover Evoque P300e AWD flirtet mit der City, dem Land und Offroad
Wird der Plug-in-Hybrid zum Leben erweckt, beginnt es zu Surren wie in einem Bienenstock im Gartenhäuschen. Dezent, beständig, aber doch kräftig packen die 109 PS des Elektromotors zu und lassen Benziner mit Turboloch im Rückspiegel kleiner werden. Alles ist geschmeidiger, entspannter und es fühlt sich an, als würde man auf einer Wolke schweben. Trotz der wuchtig klingenden 2.157 Tonnen Leergewicht. Der Evoque scheint, als hätte er Flügel. Sobald es aber bergauf geht, kommt der Elektromotor ins Schnaufen und wehklagt umso mehr, wenn es dann noch ums Überholen geht. Er hat es lieber gemütlich. Wäre da nicht die Batterie, welche einen fast schon anfleht, den Benziner anspringen zu lassen. Dass die von Land Rover angegebene Reichweite von 55 rein elektrischen Kilometern in der Realität eher unwahrscheinlich zu erreichen ist, zeigt sich in unserem City-Test: 40-45 Kilometer bei ruhigem Gasfuss – reicht für ein kurzes, intensives Abenteuer. Danach muss wieder der Stecker her.
Beim Wechsel in den Hybrid-Modus reagiert die Terrain-Response-2-Automatik auf den Untergrund und wählt den passenden Fahrmodus aus einer Palette von 5 verschiedenen Modi aus. Hierbei werden Motorleistung, Getriebe, Mittendifferenzial und Fahrwerk automatisch angepasst. Obwohl E-Motor und Verbrenner nicht mechanisch gekoppelt sind, verspürt man bei sämtlichen Fahrberichten die Einigkeit, dass hinter dem Allrad-System nicht einfach ein nur ein Poker-Bluff steckt, sondern eine regelrechte Hand: E- und Verbrennungsmotor spielen zusammen –bis zu 136 km/h. Doch wer jetzt denkt, der Range Rover Evoque ist zum City-Cruiser verkommen, denkt falsch. Mit 53 Zentimetern Wattiefe kratzt der Evoque Plug-in-Hybrid am Tor der Über-Offroader wie zum Beispiel dem Toyota Landcruiser, welcher hier gerade einmal 17 Zentimeter mehr Spiel hat. Kraxeln auf knorzigen, steilen Waldpfaden, Überblick beim Downhill und organisiertes Schwimmen in Wildbächen sind hier nach wie vor möglich. Denn laut den Land Rover-Ingenieuren ist der Evoque nach wie vor in erster Linie ein waschechter Geländewagen.
Der Übergang von Elektromotor zum Benziner erfolgt flüssig und ohne grosses Brimborium- Endlich sind die 200 PS aus dem Ingenium-1.5-Liter-Dreizylinder frei. Das fein abgestimmte Fahrwerk lässt auch auf Bergstrassen kein Wanken in den Kurven zu, die 8-Gang-Automatik schaltet ruckelfrei, dynamisch und reagiert blitzschnell. Wenn es im Evoque sportlich zu- und hergehen soll, schaltet man den Joystick auf Sport und bedient sich der Schaltwippen im Aluminium-Look. Mittels einer Ausgleichswelle und fünf Gegengewichten wird dem für Dreizylinder typischen Ruckeln und Zuckeln der Kampf angesagt. Und das mit Erfolg: der Dreizylinder läuft ruhig und ist trotzdem stets bereit, runterzuschalten und anzugreifen. Im Vergleich zu den Vorgängermodellen fällt dem Range-Rover-Liebhaber auf, dass der Ingenium-Dreizylinder gar etwas agressiver und kantiger läuft. Der Evoque erscheint burschikoser als je zuvor. Und doch wird sich mancher ob der markanten Reduktion der Zylinder im Evoque wundern oder gar grün und blau ärgern. Doch das muss man nicht. Die 200 PS werden den Erwartungen gerecht. Dank Tandem-Magnetschalter fingiert die Start-Stopp Automatik bei Lichtsignalen und Stopp-Zeichen äusserst ökologisch, denn sie reduziert Emissionen und sorgt für reduzierten Kraftstoffverbrauch.
Vor allem im Winter lassen sich die Grenzen des Evoque fahrtechnisch ausreizen. Nebst dem Sand-, Uphill- und Bergfahrmodus widmeten wir uns speziell dem Schneemodus. Bei leichtem Übersteuern geht es auf dem flach gedrückten Engelberger Pulverschnee rassig in die nächste Kurve, doch der Allrad-Antrieb fängt sich schnell wieder. Dank der von Land Rover entwickelten Funktion «Adaptive Dynamics» gleicht der Kompakt-SUV per Touch-Funktion Karosseriebewegungen aus und sorgt dafür, dass Lenkradbefehle noch viel präziser und schärfer umgesetzt werden als beim Vorgänger. Galant wie eine Eiskunstläuferin. Anomalien auf Schnee- und Eisdecke sind dank der Bodenfreiheit von 212 Millimetern für den Baby-Range Rover lediglich Kuchenkrümel.