Hier zu Lande sind sie nur Exoten. Doch in Nordamerika sind grosse Pick-ups wie der Nissan Titan alltagstaugliche und deshalb alltägliche Autos. Wer mit dem gemütlichen Giganten durch die winterlichen Rocky Mountains rollt, kann das gut verstehen.
Es ist Weihnachten und die Gegend um Revelstoke ein winterliches Wunderland. Denn während sich Frau Holle in der Schweiz über die Festtage in weiten Teilen mal wieder einen lauen Lenz gemacht hat, lässt sie das Jahr bald 10’000 Kilometer weiter im Westen mit reichlich Überstunden ausklingen. Obwohl hier am Fuss der Rocky Mountains seit dem Herbst schon über 3 Meter Schnee gefallen sind, wirft sie mit ihrem weissen Pulver noch einmal eine dicke Decke übers Land. Und anders als bei uns bricht dabei auf den Strassen keineswegs das Chaos aus.
Kein Schiss vor dem grossen Schnee
Das mag daran liegen, dass der Kanadier an sich solch ein Wetter gewohnt ist und dass er es gemeinhin etwas gemütlicher angehen lässt als der Schweizer in seinem Dauerstress – erst recht in den Tagen um Weihnachten. Doch es liegt ganz sicher auch am Fuhrpark. Denn während sich bei uns bald jedes zweite Auto SUV schimpft und trotzdem die Hälfte der Autofahrer nicht vor Kälte, sondern wegen der Glätte die Knie schlottern, sind sie hier mehrheitlich mit Autos unterwegs, mit denen man sich tatsächlich ins Gelände wagen kann: Mit grossen, fetten Pick-ups zum Beispiel vom Schlage eines Nissan Titan, neben denen auch eine Mercedes G-Klasse ziemlich zierlich und ein VW Tiguan fast verloren wirkt.
Der Titan jedenfalls hat genug Bodenfreiheit auch für die dicksten Schneeverwehungen, sein 5 Liter grosser V8 ist mit 390 PS und vor allem mit 535 Nm ein zuverlässiger Begleiter durch eine eisige Winternacht. Wird der Allradantrieb zugeschaltet, verspannt sich der gesamte Triebstrang, was den mit 5,80 Metern Länge ohnehin schon sperrigen Titan noch unhandlicher macht. Es knarzt in engen Kurven, als würde gleich der Leitrahmen brechen. Und selbst in den riesigen Parkhäusern Nordamerikas braucht es zum Rangieren ein halbes Dutzend Ansätze. Aber dafür wühlt er sich so tapfer durch den Winter wie ein Grizzly auf dem Weg zu seiner Schlafhöhle. Und wenn es noch dicker kommt, gibt es ja schliesslich auch noch eine Gelände-Untersetzung.
Der Nissan Titan ist perfekt für Schneefahrten
Wo die wenigen Limousinen und die paar gewöhnlichen SUV, die sich hier im Winter auf die Strasse trauen, im Schritttempo über den frisch eingeschneiten Pass zwischen Whistler und Kamloops zuckeln, schreitet der Gigant im Winterdienst zuversichtlich aus, stampft unbeirrt dem Scheitelpunkt entgegen und zieht sogar souverän am Schneepflug vorbei.
Und so ein Pick-Up ist um diese Jahreszeit nicht nur deshalb das perfekte Alltagsauto, weil er Eis und Schnee die kalte Schulter zeigt. Spätestens wenn es zum Wintersport geht, erweist sich so ein Pritschenwagen auch als ungeheuer praktisches Auto. Klar, Schlittschuhe, die sie hier in Kanada schon tragen noch bevor sie so richtig laufen können, passen in jeden Kleinwagen. Und das Snowboard knäult man auch irgendwie in den Kofferraum.
Doch schon bei den ebenso breiten wie langen Latten der Backcountry-Skifahrer wird es schwierig. Und wer in Gegenden wie diesen von Wintersport spricht, der meint schnell auch mal ein Schneemobil, von denen der Titan auf seiner riesigen Pritsche problemlos auch mal zwei schultert.
Das Cockpit des Nissan Titan bietet alles was man braucht
Obwohl der Titan also ein Nutzfahrzeug im besten Sinne ist, bietet er von den klimatisierten Sitzen bis zum Online-Infotainment und vor allem der äusserst hilfreichen 360-Grad-Kamera fast so viel Komfort wie eine Oberklasse-Limousine – und dazu deutlich mehr Platz. Schliesslich ist schon das Fach in der Mittelkonsole grösser als manch ein Kofferraum, von dem Dutzend Cupholdern ganz zu schweigen. Und die Sitzposition in den riesigen Sesseln ist so erhaben, dass man sich zwar beim Ein- oder besser beim Aufsteigen ein bisschen anstrengen muss, sich dann aber vom ersten Meter an wie der King of the Road fühlt. Und was anderen Königen das Zepter, das ist dem Titan-Fahrer der Wählhebel der Automatik, der gross und klobig aus dem Lenkrad ragt. Damit, so zumindest fühlt es sich an, könnte man auch die Welt aus den Angeln heben. Und der überraschend üppige Antritt des immerhin knapp drei Tonnen schweren Giganten verleiht diesem Gefühl den nötigen Nachdruck. Denn wenn man den schweren Stiefel fest auf das riesige Pedal stellt, brüllt der Achtzylinder nicht nur mächtig auf. Der sanfte Riese zeigt sich dann auch plötzlich von seiner sportlichen Seite, reckt den hohen Bug in den Wind und walzt davon wie eine Lawine.
Dass dieser Gigant auch einen gigantischen Durst hat und sich auf 100 Kilometern mindestens 15, gerne aber auch mal 20 oder mehr Liter gönnt, tut der Faszination keinen Abbruch – erst recht nicht, wenn der Liter Benzin umgerechnet kaum mehr als einen Euro kostet. Und selbst über den Klimawandel macht man sich hier nicht nennenswert Gedanken. Ja, sie trennen ihren Müll und schalten am späten Abend das Flutlicht auf den Loipen aus. Doch anders als in den Alpen fürchtet hier niemand, dass der Spass mit dem Schnee bald vorbei sein könnte.
Während sie in St. Moritz oder Gstaad immer mehr Kunstschnee produzieren müssen, denken sie im beschaulichen Silverstar nicht im Traum daran, Frau Holle zu helfen und haben deshalb keine einzige Schneekanone im Betrieb. Warum auch, bei durchschnittlich 7 Metern Schneefall pro Saison. Und das, obwohl das Gebiet kaum mehr als auf 2’000 Meter liegt – und auch dem Parkplatz am Fuss des Hügels mehr Pick-ups stehen als gewöhnliche Geländewagen. Und von einem normalen Pkw ist hier sowieso weit und breit nichts zu sehen.