Die Wahrheit über Korruption auf Reisen

Die Wahrheit über Korruption auf Reisen

Die Wahrheit über Korruption auf Reisen

 

Fünf Meinungen und Erfahrungen erfahrener Overlander zum Thema Korruption und Bestechung auf Reisen.

Korruption und Bestechung; diese beiden Wörter versetzen jede und jeden in Angst und Schrecken. Bedrohliche Bilder von korrupten, waffenschwingenden Militärs kommen mir in den Sinn und das heimliche Aushändigen von Banknoten wird oft als der einzige sichere Ausgang angesehen. Wie so oft ist die Realität meistens weit weniger dramatisch.

Wir Overlander verbringen Stunden damit, uns über Reifenreparaturen oder Bergungsszenarien zu informieren, obwohl wir sie wahrscheinlich kaum je benötigen werden. Aber auf jedem Kontinent müssen wir mit zahlreichen Beamten interagieren und mit ziemlicher Sicherheit werden einige dieser Situationen zu Bestechungsversuchen führen. Wenn wir Kontinente mit einem Minimum an Reiberei und Ärger überqueren wollen, ist es nur sinnvoll zu lernen, wie man am besten mit möglichen Bestechungsversuchen umgeht, wenn sie uns begegnen.

Korruption existiert in bestimmten Teilen der Welt, ist aber nicht annähernd so verbreitet oder gewalttätig, wie viele vermuten. Nur selten führen Bestechungsversuche tatsächlich zu Zahlungen. Tatsächlich bereisen viele mehrere Kontinente, ohne auch nur ein einziges Mal Bestechungsgeld zu zahlen.

Die Kunst, einen Korruptionsversuch zu erkennen

An vielen Orten weltweit, insbesondere in Entwicklungsländern, treffen wir manchmal alle paar Kilometer auf  Polizei- oder Militärsperren. Beim Grenzübertritt kommt es häufig zu Interaktionen mit Uniformierten, insbesondere wenn man Hilfe bei Zoll- oder Einwanderungsformalitäten benötigt. In Ländern wie Nigeria ist es nicht ungewöhnlich, mehr Zeit mit Beamten an Strassensperren zu verbringen, als mit anderen Einheimischen. Für diejenigen unter uns, die allein reisen, sind die Beamten oft die einzigen Menschen, mit denen wir sprechen. Diese Interaktionen können unsere Zeit im Land bestimmen und wie wir mit potenzieller Korruption umgehen, wird einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Da meist weder laut, offen noch gewalttätig, ist es eine Kunst, einen Korruptionsversuch zu erkennen. Wenn eine Person in Uniform eine Zahlung verlangt, gehen wir davon aus, dass es rechtens ist; ausserdem fürchten viele Menschen Vergeltung, wenn das Geld nicht den Besitzer wechselt. Dabei sollte man nicht vergessen, dass korrupte Beamte schnell ihren Job verlieren oder im Gefängnis landen, würden sie einen Ausländer mit einer Waffe bedrohen – es ist eine schwere Straftat und ich habe so etwas noch nie gesehen. Praktisch jeder internationale Overlander hat seine eigene Art im Umgang mit potenziellen Bestechungssituationen. Es gibt Gemeinsamkeiten und viele Overlander empfehlen eine Kombination verschiedener Ansätze.

Anm. d. Red. Overlander werden selten mit Bestechung und Erpressung konfrontiert, aber es kann vorkommen. Sicherheit sollte immer im Vordergrund stehen und es ist wichtig zu verstehen, dass es keine allgemein anerkannten Methoden zur Bewältigung solcher Situationen gibt. Unter Berücksichtigung aller sicherheitstechnischen und rechtlichen Auswirkungen beschreiben hier fünf welterfahrene Reisende, wie sie mit Korruption umgehen. Abgesehen von den offiziellen Rechtspositionen auf nationaler und internationaler Ebene ist zu beachten, dass einige der erwähnten Techniken möglicherweise nicht für alle funktionieren, möglicherweise war es manchmal einfach Glück.

Overlander Dan Grec über Korruption und Bestechung auf Reisen

Quelle: theroadchoseme.com/a-new-direction

Wann immer ich mich einem Polizisten, Militär oder Beamten nähere und einen Bestechungsversuch fürchte, wende ich folgende drei Schritte an:

Ablenken und Scherzen statt Bestechung

Wenn möglich, ist es immer besser, einen Bestechungsversuch abzuwenden, bevor er überhaupt beginnen kann. An Strassensperren kurble ich mein Fenster herunter, nehme die Sonnenbrille ab und reiche meine Hand zum Gruss. Ich nenne die Beamten immer Sir oder Madam, lächele und frage, wie es ihnen geht und wie sie heissen. Aus Erfahrung weiss ich, wie wichtig es ist, frühzeitig die Weichen zu stellen und es schadet nie, freundlich zu sein.

In einem sehr höflichen, dialogorientierten Ton leite ich das Gespräch sofort in die gewünschte Richtung. Ich sage jeweils, dass ich Tourist bin, ich reise von hier nach dort und mir gefällt das Land immens. Ich betone, dass jeder im Land äusserst freundlich ist und dass ich mich glücklich schätze, hier zu sein. Damit kann jeder Beamte etwas anfangen – sie wollen den guten Eindruck bestätigen und nicht der faule Apfel sein, der ihn verdirbt. In Nigeria zog ein Offizier seinen Bestechungsversuch zurück und sagte, er liesse mich gehen, weil ich ihm erzählt hätte, dass die Nigerianer sehr freundlich sind.

Immer freundlich und ruhig bleiben und nicht einschüchtern lassen

In einigen Ländern funktioniert Ablenken prima (z.B. nach dem Weg oder der Entfernung fragen). Als ich in Guinea und der Elfenbeinküste die Beamten begrüsste und nur abwartete, baten sie unweigerlich um meine Papiere und suchten nach fingierten Mängeln am Fahrzeug, wie einem schmutzigen Nummernschild oder fehlenden reflektierenden Aufklebern. Wenn ich aber schnell meine Karte hervorkramte und nach dem Weg fragte, war der Beamte abgelenkt und delegierte oft. Nach wenigen Minuten bedankte ich mich herzlich, verabschiedete mich, schüttelte wieder Hände und fuhr weiter – ohne die Papiere zeigen zu müssen.

Bisweilen versuchen Beamte einfach ihr Glück und fragen beiläufig: “Was hast du für mich mitgebracht?” Ich mache dann gerne einen Witz und antworte grinsend: “Für dich? Was hast du für mich? Ich bin Besucher in deinem Land, du solltest ein Geschenk für mich haben. Lass uns tauschen. Wenn du mir etwas gibst, werde ich dir etwas geben.” Ich schlage die Uniformmütze als Geschenk vor, wohl wissend, dass sie diese nie hergeben werden. Wenn sie mir nichts geben, muss ich ihnen auch nichts geben. Ein solcher Austausch in Kamerun endete mit breitem Lächeln auf allen Gesichtern und einem warmen Händedruck – sie waren zufrieden, dass ich das Spiel mitgespielt habe.

Frage nach einem Strafzettel

Wenn mich ein Beamter anzuhalten bittet und anfängt, die Fahrzeugpapiere sorgfältig zu inspizieren oder herumzuschnüffeln, kann das einen Bestechungsversuch signalisieren. In diesem Fall mache ich deutlich, dass ich alle Zeit der Welt habe. Wenn ich die Situation als sicher einschätze, stelle ich den Motor ab, steige aus und schüttele jedem in Sichtweite die Hand. Mit einer Flasche Wasser und einem Snack ruhe ich mich im Schatten aus.

Während ich äusserlich den Eindruck erwecke, freundlich und hilfsbereit zu sein, möchte ich es ihnen nicht zu leicht machen; also gebe ich vor, ihre Sprache nicht zu sprechen oder antworte nur in Pidgin-Englisch. Dabei bleibt mein Tonfall immer ruhig und leise, während ich lächele und so tue, als ob ich versuche, sie zu verstehen. Diese Taktik funktionierte in Peru und Bolivien hervorragend, da die Polizei offensichtlich nervös war und nicht dabei gesehen werden wollte, wie sie versuchen, einem Ausländer Bestechungsgeld zu entlocken. Nachdem ich viel Zeit damit verschwendet hatte, sehr schlechtes Spanisch zu sprechen, bat ich freundlich um einen Strafzettel für mein angebliches Vergehen, nur einen Feuerlöscher im Wagen zu haben. Sie zögerten und fragten immer wieder nach Geld. Als ich sagte, dass ich kein Bargeld bei mir trage, weil ich Angst habe, ausgeraubt zu werden, brachen sie in Lachen aus, klopften sich gegenseitig auf den Rücken und verschwanden in einer Staubwolke.

Schreibe selbst einen offiziellen Bericht über die Korruption

Wenn hartnäckige Beamte immer noch auf einer Zahlung bestehen, fordere ich im Gegenzug einen Strafzettel oder eine Quittung. Handelt es sich um eine offizielle Straftat, dann können sie mir schliesslich eine amtliche Quittung oder einen offiziellen Strafzettel ausstellen. Ich will niemanden beleidigen oder die Situation verschlimmern, also achte ich darauf, das Wort Bestechung nicht zu verwenden, aber ich suggeriere, dass es nicht legal ist.

Beharrt der Beamte auf einer Zahlung und weigert sich kategorisch, Strafzettel oder Quittung auszustellen, bestehe ich darauf, selbst einen zu schreiben. Diese Technik funktioniert am besten, wenn man ein gedrucktes Dokument mit einem offiziell aussehenden Regierungslogo aus seinem Heimatland zur Hand hat. Ich frage nach Namen und Rang des Offiziers, seiner Wache und bitte um Erlaubnis, ein Foto von ihm als Beweis dafür zu machen, dass ich die Geldstrafe bezahlt habe. Wenn er sich weigert poche ich darauf, dass dies in meinem Land Gesetz ist und es wäre illegal, wenn ich kein Dokument hätte, das die Geldstrafe erklärt. Dabei bleibe ich immer freundlich, achte aber auf seine Körpersprache. Es ist wichtig, nie wütend zu werden oder Forderungen zu stellen. Die meisten Beamten werden daraufhin das Weite suchen.

Mit dieser Strategie bin ich in der DRC (Kongo) gut gefahren, als mich ein Beamter über eine Stunde lang festhielt und mich aufforderte zu bezahlen, nur weil ich seine Strassensperre passiert hatte. Nachdem ich den Namen auf seiner Uniform abgeschrieben und meine Kamera hervorgeholt hatte, bekam er Angst und entschuldigte sich sofort, obwohl er ein AK-47 umgehängt hatte. Nach weit über 500 Bestechungsversuchen in Lateinamerika und Afrika habe ich nur ein einziges Mal $5 Bestechungsgeld bezahlt. Immer freundlich und ruhig bleiben und nicht einschüchtern lassen. Schliesslich ist es der Beamte, der das Gesetz bricht.

Overlanderin Lois Pryce über Korruption und Bestechung auf Reisen

Quelle: telegraph.co.uk

In der Overlanding-Welt wird Korruption nach wie vor heiss diskutiert. Ist es unmoralisch, Bestechungsgeld zu zahlen? Schaffst du ungewollt einen Präzedenzfall für künftige Reisende? Solltest du dich weigern – oder einfach bezahlen und weiterfahren?

Zahlen oder nicht zahlen, das ist hier die Frage

In der Anfangszeit des Overlanding sah man die Bitte nach Bakschisch oder un petit cadeau von Polizisten oder Grenzschutzbeamten als selbstverständlich an. Erfahrene Reisende machten sich auf den Weg zu Abenteuern, nicht ohne einen Vorrat an Bic-Kulis, Marlboro-Zigaretten oder sogar zwei drei der begehrten Levi’s-Jeans an Bord zu haben. Im Zeitalter der globalen Konnektivität haben westliche Luxusgüter aber ihren Reiz verloren und Bargeld ist König, wenn es um Bestechung geht – wobei der US-Dollar weltweit die Währung der Wahl ist.

Die Wahrheit ist, dass manchmal ein neuer $20-Schein genau das ist, was du brauchst, um deine Haut zu retten, egal wie du moralisch dazu stehst. Aber es gibt auch Situationen, in denen der betreffende Beamte nur sein Glück versucht und ihn ein Achselzucken, verbunden mit einem „no entiendo“, mit leeren Händen und ohne Groll seines Weges schicken kann. Wie du die Lage beurteilst und wie du reagierst, liegt ganz bei dir und deinem Instinkt – so mancher Reisende mag dies sogar als festen Bestandteil des Lebens auf der Strasse ansehen.

Bestechungsversuch in den Hinterwäldern von Nicaragua

Meine erste Erfahrung mit Bestechung machte ich in Zentralamerika, als ich 2003 mit dem Motorrad von Alaska nach Argentinien fuhr. Besorgte Nordamerikaner hatten mich ängstlich davor gewarnt, allein über die Grenze nach Süden zu reisen. Aber Mexiko war no problemo. Am Grenzübergang von Guatemala standen Hütten aus Beton, an denen Poster der Regierung zur Korruptionsbekämpfung hingen. So weit, so gut. Bei der Einreise nach Honduras folgte dann die unfreundliche Frage nach dólares – ohne Quittung natürlich – aber es waren nur $5, also zahlte ich. Auf einer Tour durch die Hinterwälder Nicaraguas, abends allein auf einem unbefestigten Weg, wurde ich das erste Mal richtig mit dem Thema Bestechung konfrontiert.

Als ich durch den einsamen Dschungel fuhr, musste ich eine Notbremsung machen, als zwei uniformierte hombres auf einem Bike, noch kleiner als meins, hinter einem Baum hervorsprangen. Sie umkreisten mich, warfen einen taxierenden Blick auf meine in Grossbritannien zugelassene, überladene Yamaha XT225 – ich konnte Dollarzeichen in ihren Augen aufleuchteten sehen – und dann kam, was kommen musste. Angeblich hatte ich mich vieler Vergehen schuldig gemacht und natürlich wurden hohe Geldstrafen für mein kriminelles Verhalten fällig.

Als ich mich weigerte, $50 mein Vergehen zu bezahlen, ein Zelt hinten auf mein Motorrad gepackt zu haben, wurde es unangenehm. Die Polizisten (mittlerweile bezweifelte ich, dass sie überhaupt Polizisten waren und sich die Uniformen nur für ihre Schandtaten erworben hatten) bestanden darauf, meinen Führerschein zu sehen. Er wurde mir sofort aus der Hand gerissen und verschwand in einer Hosentasche; wenn ich ihn jemals wiedersehen wollte, müsste ich $50 Gebühr bezahlen.

Laminierte Farbkopien können helfen

Es war jetzt fast dunkel und die nächste Stadt viele Meilen entfernt; die “Polizisten” sahen sehr zufrieden mit sich selbst aus, weil sie einen so üppigen Fang gemacht hatten. Wie könnte ich ohne Führerschein meine Reise fortsetzen? Sie hatten mich in der Hand. Was sie nicht wussten, war, dass ich einige Monate zuvor auf der Durchreise in Los Angeles bei Kinko’s angehalten hatte und laminierte Farbkopien meiner Papiere anfertigen liess. Der Führerschein in der Tasche des nicaraguanischen Kollegen war nur einer von vier sehr überzeugenden Faksimiles, die ich für solche Situationen vorbereitet hatte.

Mit einer freien Übersetzung ins Spanische von “Du kannst den Führerschein behalten und dir deine $50 Dollar sonst wohin stecken!” schwang ich mich auf mein Bike und fuhr so schnell davon, wie die überlastete XT225 es zuliess. Als ich über meine Schulter blickte, sah ich in einer Staubwolke meine beiden übergewichtigen Verfolger auf einer 125er mit blanken Reifen, meine gefälschte Lizenz in der Luft schwenkend, schreiend und winkend, beim Versuch, mich einzuholen. Wahrscheinlich das einzige Rennen, dass eine XT225 je gewonnen hat.

Zu schnell gefahren? C’mon..

Dieser Vorfall ermutigte mich, künftigen Erpressungsversuchen zu trotzen. Später, auf dem Pan-Am Highway, wehrte ich den halbherzigen Versuch eines peruanischen Polizisten und seinen lächerlichen Vorwurf des zu schnellen Fahrens ab: “Auf diesem Motorrad, Señor?” Auf meiner Reise durch Afrika gelang es mir im Kongo, eine Meute von “Fixern” im Hafen von Kinshasa mit “Geschenken” (französische Wörterbücher, Anstecknadeln und anderen Plunder aus meinen Packtaschen) zu besänftigen. Andererseits stiess in Algerien, als mir ein Soldat an einer Strassensperre die Durchreise durch die Sahara verweigerte, mein Vorschlag einer “finanziellen Unterstützung” auf tiefe Missbilligung, ein Affront gegen seinen beruflichen Status.

Mein Eindruck, wenn ich durch Amerika, Afrika und Asien reise, ist, dass eklatante Bestechung nicht so weit verbreitet ist, wie man denkt. Die Grenze zwischen Trinkgeld, Gebühren und Bestechung ist fliessend und ein paar Dollar in den richtigen Händen können helfen, Probleme zu lösen, vom Grenzübergang bis hin zum “Bewachen” des Fahrzeugs durch freundliche Einheimische. In einer festgefahrenen Situation reicht meist schon ein höfliches Lächeln und geduldiges Warten – sie werden sich eher langweilen als du. Aber egal, ob du zahlst oder nicht, denke immer daran, einen Copyshop aufzusuchen, bevor du losfährst.

Overlander Graeme Bell über Korruption und Bestechung auf Reisen

Venezuela könnte die Schweiz Südamerikas sein.Mit den grössten Ölreserven der Welt sollte es ein Land mit grossem Reichtum und Wohlstand, einer futuristischen Infrastruktur und einem hervorragenden öffentlichen Dienst sein. Stattdessen leidet das Land stark unter der Holländischen Krankheit: exportiert fast ausschliesslich Öl und importiert selbst Güter des Grundbedarfs.

Ein chaotischer Grenzübertritt in Venezuela

Als Overlander war meine Familie besonders verwundbar, weit weg von zu Hause, mit Kindern im Schlepptau, aber zuversichtlich, das konfliktreiche Land sicher zu durchqueren. Von Nordkolumbien aus reisten wir nach Venezuela ein, der chaotischste Grenzübertritt, den wir je erlebt haben. Wir warteten fünf Stunden in brütender Hitze, bis wir endlich, am Rande eines Zusammenbruchs, in das wunderschöne Land gelangten. Caracas war nicht nur die Hauptstadt mit den meisten Morden der Welt, man hatte uns auch gewarnt, dass die Polizei korrupt sei und versuchen würde, an unsere Dollars zu kommen; und im Gegensatz zu gewöhnlichen Kriminellen, hatten sie die Autorität, unser Fahrzeug zu durchsuchen.

Unser Plan war, von Zulia im Nordwesten Venezuelas nach Osten an Caracas vorbei und dann nach Brasilien zu fahren und von dort aus durch den Amazonasdschungel nach Guyana. In Venezuela wurden wir sogleich an einer Strassensperre angehalten, von jungen Polizisten unter einem ranghohen Offizier; wir waren überrascht, als sie uns nach ein paar Fragen weiterfahren liessen. Alle 50 Meilen gab es eine Strassensperre oder einen Checkpoint; alle Kontrollpunkte mit leitenden Beamten waren professionell, an anderen versuchten „niederrangige“ Polizisten, Strafzettel zu verteilen, die wir nie bezahlten. Die Venezolaner sind ein stolzes Volk und wir spürten bald, dass viele Menschen, auch Beamte, sich an ein florierendes, wohlhabendes Venezuela erinnerten, froh waren uns willkommen zu heissen und dafür zu sorgten, dass meine Familie gut behandelt wurde. Aber nicht jeder verstand den Wert des Tourismus.

Wir bezahlen nie, bleiben aber freundlich und kooperativ

Meine Frau Luisa liebte Venezuela.Nach fast zwei Jahren Campingalltag in Südamerika konnten wir uns endlich erlauben, in Hotels zu übernachten. Eine Suite für vier Personen in einem “Fünf-Sterne-Hotel” kostete nicht mehr als $50 inklusive Frühstück. Auf dem Weg nach Choroní, an der Küste, fuhren wir von Maracay durch ein einst wohlhabendes Viertel. Unserem Landy folgte ein Toyota Land Cruiser der Polizei. Dann, 100 Meter vor dem Hotel Pipo, Sirenen und Blaulicht; wir sollten anhalten und ihnen auf die Polizeistation folgen. Zwei Offiziere stiegen aus dem Fahrzeug aus: ein Mann und eine Frau.

Sie inspizierten unseren Land Rover. “Multa (Geldstrafe)”, brüllte mich der junge Polizist an und zeigte auf die Windschutzscheibe des Defenders, die von einem Steinschlag gezeichnet war, den wir Monate zuvor einem ecuadorianischen LKW zu verdanken hatten. Wir wussten, wie man dieses Spiel spielt; wir zahlen nie Bestechungsgelder, sondern wenden Taktiken an, um Kriminelle in Uniformen abzuschrecken. Wir sind freundlich und kooperativ aber sprechen ausschliesslich Afrikaans. Höflichkeit ist die halbe Miete; mit Schreien und Streiten verschlimmert man die Situation nur. Wir stellen alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung: Originalpässe, laminierte Kopien von Führerscheinen, Versicherungspolicen und der Fahrzeugzulassung. Erfahrungsgemäss verlangen Polizisten keinen Reisepass, da sie nicht geschult sind einen zu lesen, aber sie kennen sich mit Verkehrsvorschriften aus.

Und wenn nichts mehr geht: einfach hilflos den Kopf schütteln

Wir lenken den Beamten ab, appellieren an sein Pflichtbewusstsein und fragen nach Sehenswürdigkeiten und Campingplätzen. Manchmal bitte ich um eine Wegbeschreibung, sobald der Beamte ans Autofenster tritt; das unterbricht sein “Spiel” und erinnert ihn an seine eigentliche Aufgabe. Wenn alles andere scheitert, stellen wir uns neben den Land Rover dem Verkehr entgegen, die Arme gekreuzt und schütteln hilflos den Kopf, während Einheimische vorbeifahren und sich fragen, warum um alles in der Welt die Polizei arme Touristen schikaniert. Bisweilen halten ganz normale Bürger an und beschimpfen die Polizisten wegen dieser Unannehmlichkeiten.

Wir hatten das multa-Spiel etwa eine halbe Stunde lang gespielt, als Luisa bemerkte, dass ein Vorgesetzter unsere Entführer wütend anstarrte. Sie wurden in die Station gerufen und gescholten, dann mussten sie uns zum Hotel begleiten, wo sie die Nacht in ihrem Land Cruiser verbrachten und unseren Land Rover bewachten, während wir gut lachen hatten und einen hervorragenden Diplomatico Reserva-Rum genossen. Wir sind bestimmt hundertmal angehalten worden auf unserem Weg durch das schöne, aber arme Venezuela. Und trotz einer Handvoll Erpressungsversuchen zahlten wir keine einzige Geldstrafe oder Bestechungsgelder. Korruption ist eine Krankheit, die ein Land zerstören kann; wir haben dies in unserem Heimatland Südafrika selbst erlebt und weigern uns, das Spiel mitzuspielen.

Overlander Bryon Bass über Korruption und Bestechung auf Reisen

Quelle: overlandjournal.com

Für professionelle Arbeitskräfte, die in abgelegene und kaum kontrollierbare Umgebungen entsandt werden, nehmen Korruption, Bestechung und Schmiergelder eine andere Bedeutung an; der Umgang damit wird in Online-Kursen oder auf Schulungen gelehrt. Einige Unternehmensrichtlinien und -konzepte, die sich aus praktischer Erfahrung entwickelt haben, lassen sich auch auf private Overlander und Expeditionen beziehen.

Die Definition von Bestechung und Korruption

Unter Bestechung versteht man im allgemeinen Geld oder Wertsachen, die mit der Absicht gegeben werden, das Verhalten einer Person zu beeinflussen, zu ändern oder zu korrumpieren. Eine Schmiergeldzahlung kann, muss aber nicht, ein Bestechungsgeld darstellen und wird in der Regel geleistet, um einen Verwaltungsprozess zu beschleunigen, auf den man möglicherweise ohnehin Anspruch hat, ohne Gebühren oder gegen viel geringere Zahlungen.

Wenn du zusätzlich Geld anbietest, damit dein Visumsantrag oben auf dem Stapel landet, um die Genehmigung zu beschleunigen (im Rahmen des offiziellen bürokratischen Verfahrens), dann wäre das eine Schmiergeldzahlung. Einige Feinheiten können Grenzen verwischen, zum Beispiel offen gestaffelte Preise für den Erhalt eines Visums (reguläre oder beschleunigte Bearbeitung).

Achselzuckende Carabinieri in Norditalien

Zugegeben, selbst wenn man die örtliche Polizei bezahlt und eine Quittung ausgestellt bekommt, ist es nicht immer klar, was passiert. So wurde ich in Norditalien einmal von zwei Carabinieri auf Motorrädern angehalten. Meine schwer beladene 1992er BMW R100GS PD verstiess offensichtlich gegen das Gesetz. Ich stieg ab, zog meinen Helm aus und übergab Versicherungskarte, Führerschein und Zulassung. Das Motorrad war noch in Kalifornien zugelassen, was die Trooper geografisch ins Trudeln brachte. Bei dem folgenden Wortwechsel zeigte einer wiederholt auf das Nummernschild. Der andere zuckte mit den Achseln, hielt sich beide Hände vor den Mund und zuckte wieder mit den Achseln.

So ging es eine Weile hin und her. Ich hörte mehrfach die Worte geografia della California und no è possibile; es fand kein Ende. Ich hätte mich in den Sattel schwingen und davonfahren können, sie hätten es nicht bemerkt. Schliesslich zog einer einen offiziell aussehenden Block hervor und schrieb einen Strafzettel. Oder eine Warnung; es war nicht ganz klar. Der Schreiber riss den Zettel heraus, hatte aber anscheinend ein paar Häkchen vergessen. Sein Kumpel zeigte stolz mit dem behandschuhten Finger darauf und erneut kam das Kohlepapier heraus, um den Wisch zu korrigieren. Ich zahlte 5‘000 Lire, das waren etwa $3. Die Jungs packten zusammen, sprangen auf ihre Bikes und rasten davon. Hatte ich einem von ihnen gerade ein Bier spendiert, beiden einen Espresso oder war das die billigste Geldstrafe, die je in Westeuropa bezahlt wurde? Ich würde es nie erfahren.

Bereite dich auf Versuche von Korruption und Bestechung vor

Folgende kritische Ergänzungen, wie manche Unternehmen sie ihren Mitarbeitern für die Arbeit in Übersee vermitteln, können als Sicherheitsleitfaden dienen. Es geht vor allem darum, Möglichkeiten der Bestechung kontrolliert und professionell einzuschränken. Welchen Ansatz man genau anwendet, hängt vom spezifischen Kontext und dem gegebenen Risiko ab. Ziel ist, Kontakt- und Bestechungsversuche an Checkpoints zu verhindern. Es ist auch wichtig zu wissen, dass ein Beamter wahrscheinlich das Gesetz bricht, wenn er Geld verlangt; aber auch du machst dich eventuell strafbar, wenn du Bestechungsgeld zahlst oder anbietest.

Reduziere bei Fahrzeugen die Gefahr, aus fadenscheinigen Gründen angehalten zu werden. Vergewissere dich, dass dein Fahrzeug technisch und gegebenenfalls ästhetisch, in gutem Zustand ist. Sei an den Checkpoints freundlich. Halte vor der Sperre an, damit du sie bei Bedarf umfahren kannst. Halte in Konvois genügend Abstand zum Vordermann, damit du wenden oder vorbeifahren kannst. Beide Hände sollten zu sehen sein und trage keine Sonnenbrille.

Öffne dein Fenster nicht vollständig, um die Beamten davon abzuhalten, sich ohne Erlaubnis umzusehen und hineinzugreifen. Schalte die Zündung nur bei Bedarf aus und händige, wenn möglich, die Schlüssel nicht aus (Ersatzschlüssel sind ein Muss). Bewahre Papiere so auf, dass sie auch für den Beifahrer zugänglich sind. Wichtig: verwende Kopien. Bleib beim Fahrzeug oder schliesse es, wenn du aussteigen musst, ab. Lass die Polizei nur in deinem Beisein in oder um das Fahrzeug gehen.

Auch Konsumgüter haben einen Wert

Eine Zigarettenschachtel offen liegen zu lassen, ist plausibel, der Polizist, der sie nimmt, muss sich rechtfertigen, denn du hast sie nicht überreicht. Wenn nötig, lässt sich dies als Beschlagnahme erklären. Auch als Nichtraucher kannst du in einigen Kulturen mit Anbieten einer Zigarette das Eis brechen, oft reicht dies schon aus. Verstecke kein Bargeld in der Zigarettenschachtel. Wenn der Beamte Schwierigkeiten machen will, ist ein Umschlag mit der Aufschrift Benzingeld, der auch ein paar Tankquittungen enthält und als Lesezeichen verwendet wird, leichter zu erklären. Wenn er den Umschlag nimmt, ist das Diebstahl, keine Bestechung.

Wenn du dich genötigt fühlst, eine Zahlung ohne Beleg zu leisten, achte auf die Rangabzeichen und frage nach dem Verantwortlichen. Wende dich an den ranghöchsten Beamten; du kannst die Zahlung sogar ablehnen wenn Untergebene anwesend sind, die von der Bestechung nichts wissen wollen. Und gehe immer systematisch vor, auch wenn du versuchst, lässig zu wirken.

Overlander Scott Brady über Korruption und Bestechung auf Reisen

Quelle: scottbrady.com

Internationale Overland-Reisen bringen einige unvermeidliche Unannehmlichkeiten mit sich, nicht zuletzt Korruption, Bestechung und kaum verhohlene Schmiergeldzahlungen. Unerfahrene werden einwerfen, dass sie nie Bestechungsgeld zahlen würden; ein Luxus, der jenen vorbehalten ist, die nie persönlich mit einer AK-47 motiviert wurden.

Ein Paar unbequeme Wahrheiten

Es gibt auch Vielgereiste, die behaupten, nie Schmiergeld gezahlt zu haben, obwohl es unmöglich ist genau zu wissen, welche Steuern, Gebühren oder Bussgelder legal sind und welche nicht. Wir sollten moralisch darüberstehen und Korruption meiden, wo wir können. Ich halte es zwar für möglich, nie wissentlich Bestechungsgeld zu zahlen, aber das ist die Ausnahme in dieser knallharten Welt der Reisen, insbesondere im tiefsten Russland, Zentralamerika oder überall dort, wo jüngst ein Putsch oder ein militärischer Konflikt stattgefunden hat. Die Kollegen vor mir haben sich darauf konzentriert, wie man die Wahrscheinlichkeit einer Bestechung verringert oder ausschliesst. Ich werde einige unbequeme Wahrheiten erzählen: wann man am ehesten mit Bestechungsversuchen rechnen muss und wie man damit umgeht.

Bussgelder und Strafzettel statt Bestechung

Das wahrscheinlichste Schmiergeld, das man wissentlich oder unwissentlich bezahlt, ist ein Bussgeld oder eine Geldstrafe. In einigen Ländern ist es üblich, Bussgelder direkt an die Beamten zu zahlen; sie tragen sogar Kreditkartenleser bei sich, um den Vorgang zu erleichtern. Frage dich am besten zuerst: “Glaube ich, etwas falsch gemacht zu haben?” Warst du zum Beispiel zu schnell oder hast eine rote Ampel überfahren? Ist die Antwort ja, dann wirst du vermutlich eine Geldstrafe zahlen müssen und du solltest wissen, an wen du diese Geldstrafe zahlst. Oft können ein freundliches Gespräch und etwas Geduld die Höhe der Strafe reduzieren oder gar eliminieren, aber – genau wie in der ersten Welt – wenn man das Gesetz bricht, hat es Konsequenzen. Bist du jedoch der Meinung, es gab kein Fehlverhalten oder man habe eine obskure oder geringfügige Übertretung erfunden, dann habe – in Abstimmung mit deinen Reisegefährten – einen Plan: Händige nie deine Originalpapiere aus. Halte laminierte Kopien deines Führerscheins sowie hochwertige Duplikate deiner Fahrzeugpapiere bereit. Haben sie deine Originale, haben sie dich.

Bei versuchter Erpressung sprechen diverse Dinge zu deinen Gunsten, vor allem die Kenntnis des Gesetzes und das Bewusstsein, wie der Prozess ablaufen sollte. Zögere nicht, deutlich und respektvoll deine Unschuld zu beteuern. Frage nach dem vollständigen Namen des Polizisten und der Nummer seiner Marke. Verlange eine Quittung für die bezahlte Strafe. Dann warte ab. Der Beamte wird wegen deiner Unschuldsbeteuerung und den Informationen, die du sammelst, zögern. Aber vor allem hasst es ein krimineller Beamter, Zeit zu verschwenden, vor allem, weil mögliche Zeugen und Kollegen eine andere Ansicht über Korruption haben könnten. In Ländern wie Mexiko gibt es auch Touristen-Hotlines, wo man sich hinwenden kann und die dann direkt mit dem Beamten sprechen. Falls es sich um einen Bestechungsversuch handelte, wird ein Anruf unter dieser Nummer Abschreckung genug sein.

Korruption an Häfen

Das schlimmste Schröpfen habe ich im am Hafen von Buenos Aires erlebt, einer herrlichen Stadt voller erstaunlicher Menschen, aber auch einer der korruptesten Orte der Welt. Ohne Schmiergelder (oder mordida) geht auf bürokratischer Ebene gar nichts. Der Fahrplan und ein Schiff mit erheblicher Verzögerung verschärften meine Situation noch. Die wichtigste Lektion, wenn du an einer Grenze oder in einem Hafen kein Bestechungsgeld zahlen willst, ist, dass du es nicht eilig haben darfst. Wir hatten es aufgrund der Verzögerungen eilig, sodass sich die Gebühren und “Eilgebühren” bald in die Tausenden summierten. Wir heuerten den erfahrensten Automobil-Importeur in Buenos Aires an, nur so konnten wir die Trucks nach 48 Stunden aus dem Hafen fahren. Technisch gesehen hat niemand Bestechungsgeld verlangt, aber unser Zollexperte versicherte uns, dass Erpressung üblich sei. Die Beamten verzögerten und manipulierten das System absichtlich, um Druck auf die Reisenden auszuüben, damit sie bezahlen. Hier helfen Geduld und viel Freizeit. Irgendwann verlieren sie schon die Lust und geben das Fahrzeug frei. Der Reisende muss auch darauf gefasst sein, auf andere Weise zu bezahlen, da jeder Tag Verzögerung zusätzliche Hotelaufenthalte und Taxikosten bedeuten kann.

An den Grenzen geht es immer darum, freundlich zu bleiben. Trotz hunderter Grenzübertritte auf allen sieben Kontinenten, habe ich noch nie „wissentlich“ Bestechungsgeld bezahlt. Meine Dokumente sind immer organisiert und ich recherchiere die Erfahrungen anderer Reisender im Detail. In vielen dieser Länder sind Grenzbeamte wichtige Menschen, die es gewohnt sind, respektvoll behandelt zu werden. Ich habe festgestellt, dass je mehr Respekt, Freundlichkeit und Lächeln ich gebe, desto weniger Geld oder Zeit mir abgenommen wird.

Als Reisende liegt es in unserer Verantwortung, sich der Zahlung von Bestechungsgeldern zu widersetzen, soweit es die Sicherheit zulässt; aber ich möchte davor warnen, anderen gegenüber zu kritisch zu sein, die diesem Druck und dieser Angst nachgegeben haben. Ich erinnere mich noch gut an die verspiegelte Ray-Ban und das fiese Grinsen des federale auf meiner ersten Reise nach Baja. In perfektem Englisch sagte er: “Du bist zu schnell gefahren, und jetzt wirst du bezahlen.”

Fotos: Lois Pryce und Graeme Bell
Autoren: Bryon Bass, Graeme Bell, Scott Brady, Dan Grec und Lois Pryce, Intro von Dan Grec