Vom Alltag ins Abenteuer und wieder zurück

Vom Alltag ins Abenteuer und wieder zurück

Vom Alltag ins Abenteuer und wieder zurück

 

Wie gestaltet man seinen Alltag und lebt sich wieder ein, wenn man über 2 Jahre unterwegs auf Reisen war? Heather und Dave haben den schwierigen Einstieg zurück ins Alltagsleben unterschiedlich bewältigt.

Eines der Dinge, die Dave und ich am meisten vermissten, als wir mit Motorrädern um die Welt reisten, waren unsere Kissen. Seltsam, aber wahr.

Aber die Kissen symbolisierten mehr als nur Memory Foam. Kissen zu haben bedeutet ein Bett zu haben, was auch bedeutet, ein Zuhause zu haben. Ein Ort mit einem Kühlschrank, gefüllt mit mehr als nur ein paar stärkehaltigen Lebensmitteln und Hühnchen (nie reisen, wenn man kein Huhn mag); die Getränke wären kalt und in grosser Auswahl vorhanden.

Ein Zuhause zu haben bedeutet auch ein Badezimmer mit Dusche zu haben, wo wir die Wassertemperatur regeln könnten, wie es uns gefällt. Wir könnten eine Toilette benutzen, die kein stinkendes dunkles Loch in den Dielen unter einer Hütte in der Mongolei ist oder eine Porzellan-Hockgrube in Afrika mit einem Wassereimer und einer Toilettenbürste, um die Ausscheidungen wegzuspülen.

Diese Gedanken quälten mich, während ich durch die Namibwüste fuhr oder unbequem neben Dave in einem weiteren fremden Bett lag, das uns wie einen Taco zusammenfaltete.

Wir sollten das nicht mehr wollen. Wir sollten aufgeklärte Minimalisten sein. Aber nur weil Dave und ich auf unseren Bikes durch Elendsviertel in Afrika fuhren und zwei Jahre lang in derselben Kleidung lebten, bedeutete nicht, dass wir weniger materialistisch waren. Wir wollten immer noch unseren Kram. Sogar mehr als früher. Das Problem war, dass das meiste von dem “Zeug” weg war.

Vor unserer Abfahrt verkauften Dave und ich fast alles, was wir besassen: Daves Haus, mein Geschäft, unsere Autos, Motorräder, Ausrüstung und alles andere an Freunde und Fremde – damit wir uns das Abenteuer leisten konnten und sich keine horrenden Kreditkartenrechnungen anhäuften.

Obwohl es damals sinnvoll war, das Bankkonto aufzustocken, besassen wir jetzt kaum mehr als ein paar eingelagerte Kisten. Und wo waren wir jetzt zuhause? Dave und ich begannen im Prinzip bei null, wenn auch schuldenfrei. Bevor ich im Herbst 2015 in unser Abenteuer eintauchte, lebte ich in Vancouver, Kanada, wo ich ein Kunst- und Kulturmagazin herausgab, das ich 10 Jahre zuvor in Revelstoke gegründet hatte. Dave lebte in Bellingham, Washington, und hatte sich auf Küchen- und Badrenovationen spezialisiert. Wir waren vor unserer Abreise sehr glücklich mit unserem Leben und sahen diese Reise sicherlich nicht als Flucht vor Problemen im Alltag (ausser dem frustrierenden Pendeln über die Grenze, um uns zu sehen). Deshalb dachten wir, dass wir nach unserer Rückkehr unser Leben einfach wieder aufnehmen könnten, auch ohne Haus, Job oder Auto. Wir könnten diese Dinge wieder erwerben, wenn wir zurückkämen. Es war nur Zeug.

Die Entscheidung, eine solche Reise zu unternehmen, fiel zur idealen Zeit, da sowohl Dave als auch ich den Wechsel in eine neue Lebensphase suchten. Wir führten seit etwas mehr als einem Jahr eine Fernbeziehung, als wir mit der Planung der Reise begannen. Ich liebte es Autorin und selbständig zu sein, aber mein bescheidenes Magazin war 10 Jahre alt und brauchte die Art von Veränderung, zu der ich nicht bereit war. Ich suchte nach einer Möglichkeit, mich ehrenhaft aus etwas zurückzuziehen, das mir am Herzen lag und für das ich nicht mehr die Energie hatte.

Dave war geschieden und lebte im selben Haus, in dem er mit seiner Exfrau gewohnt hatte, die ausgezogen war und ihn alleine zurückliess. Er und sein Vater hatten im Laufe der Jahre erhebliche Stunden und Energie in den Umbau des Hauses gesteckt und Daves Vater konnte nicht verstehen, warum Dave das Haus verkaufte, da er doch zurückkäme. Es war eine schwere Entscheidung, aber zum einen wollte Dave sich nicht sorgen müssen, wenn er es für zwei Jahre vermietet hätte. Der andere Grund war, dass wenn wir gemeinsam zurückkehrten (was wir hofften, nachdem wir über 700 Tage Seite an Seite verbracht hatten) wir einen Ort wollten, der ganz allein uns gehört.

Rückkehr in Etappen

Ausserdem stürzten wir uns ins Ungewisse – warum sollten wir uns mit zusätzlichem Stress belasten?

Aber würden wir immer noch so denken, wenn wir nach Nordamerika zurückkehrten und sesshaft werden wollten? Am 26. August 2017 erreichten Dave und ich unser letztes Ziel in Magadan, Russland und mussten der Heimreise ins Auge schauen.

Dave flog einige Tage später von Moskau nach Seattle und zog in das Haus seines Vaters in Arlington, Washington, ein. Mietfrei wohnen klang zwar toll, aber Dave müsste fast zwei Stunden am Tag pendeln, um in Bellingham oder der Gegend um Seattle zu arbeiten, und bräuchte ein Fahrzeug, sobald er landete. Also wurde ein Toyota Tundra finanziert.

Ich hingegen wollte die Realität (noch) nicht wahrhaben und zögerte meine Rückkehr nach Vancouver um einen Monat hinaus, hielt im Osten Kanadas an, um eine meiner besten Freundinnen und meine Schwester zu besuchen, dann weiter nach Radium Hot Springs, British Columbia, um meine Eltern zu sehen, die während meiner Abwesenheit umgezogen waren. Obwohl es reizvoll schien, in die Komfortzone zurückzukehren und alles haben zu können was ich wollte, waren Job- und Wohnungssuche nicht das, worauf ich mich freute.

In Vancouver wurde vorübergehend die Wohnung einer Freundin frei. Ich zahlte ihre Miete, während sie sechs Wochen lang unterwegs war. Die Ironie war mir bewusst. Eine Woche später hatte ich einen Job: einen schlecht bezahlten, anstrengenden, arbeitsintensiven Job – überladene Behälter mit organischen Lebensmitteln an Haushalte und Unternehmen liefern. Ich begrüsste die körperliche Arbeit ohne Bildschirm, weil ich meine gesamte Freizeit, minus Wochenenden, am Computer verbringen würde, um ein Buch über unsere Reise zu schreiben. Die Vorteile des Lieferjobs waren draussen zu sein, ohne dass ein Chef mir den ganzen Tag über die Schulter schaute, Musik oder Podcasts zu hören und dafür bezahlt zu werden, im Stau zu sitzen. Nach drei Monaten hätte ich auch Anspruch auf erweiterte Gesundheitsleistungen, etwas, das ich in meinem Erwachsenenleben noch nie hatte.

Aber all das war nichts im Vergleich zu dem, was ich vor kurzem erreicht hatte: in 708 Tagen 93‘741 km durch 40 Länder zu reisen. Nach all der Aufregung zurück in einem Job, den ich nicht wirklich mochte, hellte meine Stimmung während des trüben Westküstenwinters nicht wirklich auf.

Vom Abenteuer zurück in den Alltag

Dave und ich begannen auch bei unseren Bankkonten wieder bei null, nachdem wir das ganze Geld, das wir gespart hatten, in Motorräder, Motorradbekleidung, Motorradmodifikationen und eine Motorradreise investiert hatten. Es war, als wäre man bankrott. Jetzt zurück in Vancouver, erhielt ich einen Dollar pro Stunde über dem Mindestlohn. Davon würde ich so schnell keine neuen Rücklagen bilden können.

Aber ich hatte gelernt, nicht aufzugeben, wenn mir etwas nicht passte: das Ergebnis von fast zwei Jahren auf einem grossen Motorrad und einem Endziel vor Augen. Und das führte ich zuhause fort. Ich behielt meinen Job, weil es vernünftig war und konzentrierte mich darauf, täglich an meinem Buch zu schreiben.

Als ich die Wohnung meiner Freundin in Vancouver verlassen musste, fand ich eine hochpreisige Souterrainwohnung in Burnaby, einer Nachbarstadt, weit weg von Strand und Freunden, aber näher am Arbeitsplatz. Ein Rückschritt: Vancouver hatte seinen Reiz für mich verloren – der Verkehr und die Menschenmassen waren anstrengend. Am meisten hasste ich den öffentlichen Nahverkehr – nach über 20 Jahren mit eigenem Auto war das gewöhnungsbedürftig.

Gerade noch konnte ich mich auf zwei Räder schwingen und die Welt bereisen; wenn ich jetzt Freunde besuchen wollte, musste ich dreimal umsteigen, eingequetscht zwischen Leuten mit Mundgeruch oder Grippe, so dass ich meinen Keller kaum verliess. Meine F800GS konnte ich auch nicht fahren, weil sie in Arlington neben Daves Maschine stand, seit sie nach sechs Wochen Reise über den Pazifik von Wladiwostok zurück nach Seattle war. Es ist sowieso ein amerikanisches Bike und ich müsste es importieren, um in Kanada fahren zu können. Ohne die Freiheit auf Rädern fühlte ich mich gefangen wie ein Einsiedler. Im Alltag gab es wenig, was mich begeisterte, von montags bis freitags freute ich mich auf Samstag und Sonntag, wie fast alle in der Arbeitswelt. Ich fühlte mich nicht wohl dabei, nur aufs Wochenende reduziert zu werden.

Im Alltag leben, vom Abenteuer träumen

Dave kehrte heim wie ein hechelnder Hund, der Schatten sucht. Wir waren beide müde von der Reise, als wir Magadan erreichten. Er liebte seinen Job, hatte Projekte in Aussicht und freute sich auf die kommende Skisaison. Er lebte sich wieder gut ein, verlor aber nicht seinen Abenteuergeist. Nachts am Telefon sprachen wir über zukünftige Reisen, die wir gemeinsam unternehmen wollten: eine mehrmonatige Autofahrt durch die ’Stans, Skitouren in Patagonien, den Elbrus besteigen. Ihm fehlte auch sein altes Haus. Dave wollte sich in den Markt zurückkaufen, aber die Immobilienpreise waren seit unserer Abreise deutlich gestiegen. Nicht nur sein altes Haus war jetzt teurer, er fand auch nichts Erschwingliches in der Gegend.

In der Zwischenzeit erlebte ich meinen schlimmsten Albtraum, zumindest zu Beginn. Das letzte Mal, dass ich meinen Job hasste, war vor über 20 Jahren, als ich mit 19 nach Banff, Alberta, zog und als Haushälterin arbeite. Alle Jobs danach liebte ich – als Assistentin des Küchenchefs in einer Heli-Skihütte (kostenloses Heli-Skifahren inklusive), persönliche Köchin für Backcountry-Skigruppen, Wildwasser-Rafting-Guide, Autorin, Verlegerin, Geschäftsinhaberin. Nun musste ich wie alle anderen arbeiten, um die Miete zu bezahlen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren in einer Stadt, die ich nicht mochte, war nicht nur Zeitverschwendung, das war auch nicht ich. Was war nur los? War das die logische Folge des Verkaufs all meiner Sachen, damit ich um die Welt reisen konnte?

Mein Leben hatte sich verändert, oder zumindest das, was ich vom Leben erwartete. Die Stadt, die ich einst wegen ihrer Nähe zu den Bergen und dem bunten Chaos geliebt hatte, war heute nur noch eine Ansammlung von Gebäuden, in denen Zombies eng aufeinander lebten und arbeiteten. Ich sah nur die negative Seite. Meine Freunde waren entweder weggezogen oder nur umständlich zu besuchen, weil ich weiter weg lebte und kein Auto hatte.

Ich sagte mir, dass all dies – das teure Souterrain, der schlecht bezahlte Job und die überfüllten Busse – vorübergehend war. Es gefiel mir nicht, aber das musste es ja auch nicht. Sich wieder in die Stadt zu verlieben, würde das, was vor mir lag, viel schwieriger machen.

Neue Hürden des Alltags

Vielleicht man sich jetzt, warum Dave und ich nicht zusammenzogen; das war schliesslich der Plan gewesen und wir hatten gerade gemeinsam viel erreicht. Wir hatten uns sogar im April 2017 auf dem Gipfel des Kilimandscharo verlobt. Vor unserer Reise sprachen wir darüber, unser Leben in Bellingham gemeinsam wieder aufzunehmen. Der Plan war zu heiraten, ein Haus zu bauen und auch wieder Sachen zu kaufen.

Aber so einfach war es nicht. Niemand kann einfach in ein anderes Land ziehen, ohne Hürden zu nehmen. Nach unserer Rückkehr liessen wir einen Einwanderungsanwalt ein K1-Visum beantragen; welch ein unromantischer Begriff für das Visum für Verlobte. Auch warteten wir nun auf meine Einreisegenehmigung in die USA, Wartezeiten zwischen sechs Monaten und einem Jahr sind üblich.

Das Warten ist echt nervig; in der Zwischenzeit behelfen Dave und ich uns mit Wochenendbesuchen und Fernkommunikation, wie zu den Zeiten unserer ersten Verabredungen. Es ist ein seltsames Gefühl, in unserer Beziehung einen Schritt zurück zu gehen und gleichzeitig gemeinsam an unserer Zukunft zu arbeiten.

Unsere Weltreise war manchmal schon stressig. Am Ende waren Dave und ich ganz verrückt danach, zu einem Gefühl von Beständigkeit zurückzukehren, nachdem wir so viel Zeit in völliger Ungewissheit verbracht hatten. Zum Glück war Beständigkeit in Nordamerika im Überfluss vorhanden. Schon wenige Monate nach meiner Heimkehr begann ich, meine Situation zu akzeptieren. Obwohl vorübergehend, war dies immer noch mein Leben. Ich lernte meinen Job mehr zu schätzen: die Vergünstigungen, zeitliche Flexibilität, den regelmässigen Gehaltsscheck alle zwei Wochen.

Nach dieser Art von Sicherheit sehnte ich mich selten. Vor der Reise, mein ganzes früheres Leben lang, floh ich vor allem Vorhersehbaren und Unveränderlichen wie vor einem Bienenschwarm. Ich spürte, wie das lange Abenteuer mich verändert hatte. Stabilität war schön. Mein Souterrain war bequem, meine Vermieter im Obergeschoss waren grossartig und ich hatte ein sauberes Badezimmer, eine funktionierende Küche und genug Platz für meine Sachen, hauptsächlich das, was Dave über die Grenze mitbrachte oder was ich in den letzten zwei Jahren auf dem Motorrad dabei hatte. Alles andere was wir besassen, war immer noch in Kisten oder unzugänglich hinter Bettgestellen und einer hässlichen Couch, die Dave unbedingt behalten wollte, verpackt.

Abenteuer im Alltag

Auch Dave freundete sich mit unserem neuen Leben an. Obwohl er es hasste, im Job so viel zu fahren, dazu fast jeden Freitagabend über die Grenze und Montagmorgen wieder zurück, konnten wir an unseren Wochenenden wieder gemeinsam Abenteuer erleben, im Hinterland Ski- oder mit Mountainbikes in die Berge fahren. Ein Pop-Up-Dach auf dem Toyota Tundra, Fahrräder oder Skier unter der Markise, Scotch aus dem Duty-Free-Shop und Kettle-Chips – so hatten wir uns das Leben nach unserer Heimkehr vorgestellt. Das Einzige was fehlte war, im selben Land zu leben.

Ob wir bedauern, alles verkauft zu haben, was wir jahrelang angehäuft hatten, nur um 24 Monate reisen zu können? Im Nachhinein hätte Dave wahrscheinlich sein Haus behalten, aber sonst, nein. Erfahrung kostet Geld. Wir sind noch jung genug, um neu zu beginnen. Unser finanzieller Notgroschen war auf Embryogrösse zusammengeschrumpft, aber kann man mit Gold aufwiegen, in Bogotá zufällig in einem grossartigen Restaurant zu landen, nachdem man sich verlaufen hat, oder eine Giraffe zu beobachten, die mit deinem Motorrad in Namibia um die Wette rennt? Oder was ist mit dem einsamen Campingplatz umsonst an der Küste von Baja an Heiligabend, oder einem Heiratsantrag auf dem Berg in Tansania?

Unser Alltag heute ist weit entfernt von dem epischen Abenteuer der letzten zwei Jahre, aber je mehr man die Rückkehr nach Hause schätzt, desto besser muss die Reise ausserhalb der Komfortzone gewesen sein.

Obwohl Dave und ich weiterhin unvorhersehbar leben, hat das nichts damit zu tun, materielle Dinge loszulassen, um zu reisen. Sondern alles damit, wohin uns das Leben nach der Reise geführt hat. Obwohl wir den tiefen Drang nach ein wenig Beständigkeit verspürten, waren wir zufrieden. Heimkehren ist immer beruhigend, auch wenn dein Zuhause nicht so ist, wie du es verlassen oder erwartet hast. Schliesslich kann man sich überall zu Hause fühlen.

Aber eines ist sicher: Jedes Mal, wenn Dave seinen Duffel-Bag packt und das Haus seines Vaters verlässt, um das Wochenende mit mir zu verbringen, wird er richtig sauer, wenn er sein Kissen vergisst.

Anm. d. Redaktion Heather ihr K1-Visum für Verlobte kürzlich erhalten und lebt nun glücklich mit Dave in Washington.

Lone Rider: The First British Woman to Motorcycle Around the World

Lone Rider: The First British Woman to Motorcycle Around the World

Lone Rider: The First British Woman to Motorcycle Around the World

 

Elspeth Beard ist ausgesprochen abenteuerlustig und mutig. Die Memoiren von ihrer Weltreise mit dem Motorrad bieten dem Leser offene, emotionale Einblicke in ihr Abenteuer. Angefangen bei ihrer Hintergrundgeschichte bis hin zur Verschiffung des Bikes erläutert sie, wie sie sich entschied, ihr Zuhause und ihr Leben hinter sich zu lassen, und wie sich dies auf die Menschen um sie herum auswirkte.

Viele Reiseberichte gehen sehr ausführlich auf die Reise selbst ein, während Elspeth bei jedem Ereignis unterwegs in ihre Gedanken eintaucht. Es ist diese Liebe zum Detail, die den Leser direkt ins Jahr 1982, hinter den Lenker einer 1974er BMW R60/6 bringt, um die Widrigkeiten, Strapazen und Freuden des Reisens miterleben. Ein Motto zieht sich durch das Buch: Gib nicht auf. Trotz Höhen und Tiefen ist es das wert.

Nach ihrer Rückkehr hat sie sich verändert und ist gewachsen, aber zuhause ist alles unverändert – im Gegenteil, niemand scheint sich für ihre bemerkenswerte Reise zu interessieren. Elspeth kehrt in den Fluss des normalen Lebens zurück und parkt ihre Erinnerungsstücke und Geschichten zweieinhalb Jahrzehnte lang in einem Karton, wo sie geduldig warteten, bis die Welt bereit ist, ihre Geschichte zu hören.

Lone Rider: The First British Woman to Motorcycle Around the World von Elspeth Beard, besprochen von Sarah Ramm, ISBN 978-1937747985

Der Darién Gap oder das Ende der langen Strasse

Der Darién Gap oder das Ende der langen Strasse

Der Darién Gap oder das Ende der langen Strasse

 

Ein Team von US-Veteranen begibt sich auf eine 31‘400 Kilometer lange Fahrt von Alaska zum Darién Gap zwischen Panama und Kolumbien.

Wir öffneten das sechs Meter hohe Garagentor kurz vor 3:00 Uhr morgens. Die Temperatur in der Wellblechhütte aus dem Zweiten Weltkrieg sank, als der Wind Schnee und Eis hereinwehte.

Einer nach dem anderen schoben wir die Motorräder mit Beiwagen nach draussen in den Schnee, der sich am Eingang zu unserer Unterkunft angesammelt hatte. Bei intensivem Halogenlicht trafen wir die letzten Vorbereitungen für unsere Reise nach Südamerika. “Ich arbeite hier in Deadhorse, Alaska, seit meinem 20. Lebensjahr, und ich habe hier oben im Winter noch nie Motorräder gesehen”, sagte ein Zuschauer. Mitten auf dem grossen, windumtosten Parkplatz gab ich Ushuaia, Argentinien, auf meinem Handy in Google Maps ein. “Route nicht verfügbar” war die Antwort.

Bis heute wissen die meisten Menschen nicht, dass es keine durchgängige Route zwischen Nord- und Südamerika gibt. Das Haupthindernis ist der Darién Gap, eine 160 Kilometer lange Strecke durch den Dschungel und Heimat der Kuna-Indianer, auch als El Tapón bekannt. Er wurde nur wenige Male und nur in der Trockenzeit von Januar bis April durchquert und stellt eine grosse logistische Herausforderung dar.

Simon Edwards und Rich Doering suchen in einem verlassenen Haus Schutz vor den Baja-Winden, wo sie die nächsten sechs Grenzübergänge planen.

Unsere Entscheidung, die Expedition am 11. November zu starten, war sowohl strategisch als auch symbolisch. Das Team bestand hauptsächlich aus Veteranen der US-Armee aus dem Irak(-Krieg) und Afghanistan. Und die Abfahrt am Veteran’s Day bedeutete, auf der ersten Etappe der Reise, dem Dalton Highway von Prudhoe Bay, Alaska, nach Fairbanks, würde weniger LKW-Verkehr herrschen – ein grosser Vorteil auf den schmalen, schneebedeckten Kurvenstrassen den Atigun-Pass, 240 Kilometer nördlich des Polarkreises, hinauf.

Motorräder mit zwei und drei Rädern

Mit speziell konzipierten Seitenwagen, Zusatzscheinwerfern, Ersatzbatterien und beheizter Ausrüstung fuhren wir die 4‘800 Kilometer von Alaska und Kanada aus in etwas mehr als zwei Wochen. Nur ein Unfall hielt uns auf. Ein ausser Kontrolle geratenes Auto erwischte einen Fahrer von der Seite; sein Bike wurde noch in derselben Woche repariert.

Zwei Wochen lang quälte uns die Kälte, froren unsere Augenlider ein und es litt jedes Stück nicht bedeckter Haut.

In Bend, Oregon, liessen wir die Beiwagen zurück und fuhren auf zwei Rädern weiter nach Mexiko und Mittelamerika. Nach Temperaturen bis minus 25 Grad waren Kalifornien und die Wärme der Baja California in Mexiko eine willkommene Erleichterung.

Die längeren, wärmeren Tage in Kalifornien und Baja brachten eine willkommene Erleichterung von dem nasskalten Wetter im pazifischen Nordwesten – das Fahren wurde wieder angenehmer und wir konnten unter den Sternen schlafen.

Bis zu unserer Ankunft in Yaviza, Panama, am 10. Januar stand es infrage, ob wir die endgültige Genehmigung zur Durchquerung des Darién-Nationalparks erhalten würden. Wir lagen fünf Tage hinter unserem ursprünglichen Zeitplan, aber die Gefahr, in Panama City abgewiesen zu werden, trieb uns wieder auf unseren Weg durch Mittelamerika; den Weihnachtstag verbrachten wir in Guatemala und in Costa Rica feierten wir eine Nacht mit einem KLR-Club.

Seit den ersten Darién Gap-Durchquerungen in den 60er, 70er und 80er Jahren ist die politische Situation zwischen Panama und Kolumbien angespannt.

Ohne Strassen oder Brücken, mit nur wenigen Dörfern und einem dichten, tückischen Dschungel voller Insekten und giftiger Schlangen, ist das Gebiet seit Langem Heimat für Drogen- und Menschenhändler sowie paramilitärische, regierungsfeindliche Gruppen.

Als wir in Panama City ankamen, erreichte uns die Nachricht, wir dürften den Dschungel durchqueren, vorausgesetzt, eine bewaffnete Senafront-Grenzpatrouille Panamas würde uns bis zur kolumbianischen Grenze begleiten.

Die Strasse endet in Yaviza, einem kleinen Dorf am Fluss, das als zentraler Handelsposten am Rande des Dschungels dient. Am Ende der Strasse überquert eine schmale Hängebrücke den Chucunaque River, dann führt ein schmaler Fussweg nach Süden in den riesigen, unberührten Dschungel von Darién.

Wir luden vier Motorräder auf schmale Einbaumkanus aus massivem Hartholz, die von kleinen Aussenbordern angetrieben wurden. Zwei Tage später, erreichten wir bei ungewöhnlich heftigen Regenfällen das Dorf Paya, die letzte Stadt im Dschungel bevor es nach Kolumbien geht.

Im Nirgendwo zwischen Panama und Kolumbien

Die starken Regenfälle und der tiefe Schlamm verlangsamten das Fortkommen auf den Motorrädern. Nach nur wenigen Kilometern streikte die Kupplung eines Bikes. Die anderen drei schafften es am nächsten Tag noch ein paar Kilometer weiter, bevor auch sie aufgaben.

Mit Hilfe der dort ansässigen Kuna-Indianer begannen wir, die Motorräder mühsam von Hand zu ziehen.
Wir schlugen Schneisen in den Dschungel und arbeiteten mit Flaschenzug und Seilen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, assen Reis und Kochbananen und filterten schlammiges Wasser zum Trinken.

Gegen Ende des achten Tages überquerten wir den Atrato-Sumpf per Boot und tauschten den Darién-Dschungel gegen die Stadt Turbo. Ein paar Tage Erholung folgten, wir besorgten Ersatzteile für die Bikes, dann waren wir wieder auf der Strasse. Von Cartagena reisten wir nach Süden in das berühmte Kaffeeanbaugebiet Kolumbiens, und nach einer dringend benötigten Pause weiter in Richtung Peru. Wir trafen uns mit Freunden, wanderten in den Bergen um Machu Picchu und planten die letzte Etappe unserer Route.

Je weiter wir nach Süden kamen, desto stärker wurde uns bewusst, dass der Winter nahte. Schwere Regenfälle folgten uns auf der Carretera Austral durch Chile und ins südliche Argentinien, wo uns starke Winde und gelegentliche Schneefälle bremsten. In fünfeinhalb Monaten auf der Strasse hatten wir etwas über 31‘400 Kilometer zurückgelegt und kamen Mitte April in Ushuaia, Argentinien, an.

In der glühenden Hitze des Dschungels

Teamarzt Simon Edwards und ein einheimischer Kuna-Führer mühen sich ab, eines der vier 300 Kilogramm schweren Adventure Bikes über eine tiefe Schlammschlucht im Herzen Panamas zu heben.

Nur drei der Motorräder schafften es durch den Darién.

Am 10. Januar erreichten wir schliesslich Panama und begannen unsere Reise flussaufwärts durch den Darién-Dschungel. Ungewöhnlich starke Regenfälle liessen die Flüsse anschwellen und überspülten Strassen und Wege. Mit den Worten eines Teammitglieds: “Nach drei Jahren Planung und monatelanger Sorge stehen wir endlich dem Monster gegenüber.”

Scheinbar resistent gegen die Hitze und Luftfeuchtigkeit arbeiteten die Angehörigen des heimischen Kuna-Stammes pausenlos und halfen, den Dschungel von Ranken und umgestürzten Bäumen zu befreien.

Der Dschungel ist eine mächtige Bestie

Wir wechselten uns ab beim Fahren, Schieben und Ziehen der Motorräder durch den dichten Dschungel, der langsame und ermüdende Prozess war frustrierend.

Wir fanden schnell heraus, dass wir die schweren Adventure Bikes unmöglich durch den Dschungel “fahren” konnten, da jedes Motorrad knapp 300 Kilogramm wog.
Ranken griffen nach unseren Händen und Wurzeln blockierten die Vorderreifen, so dass wir umkippten. Ungefähr alle 30 Meter hielten wir an, um Schlamm, Zweige und Ranken aus Kette, Zahnrädern und Schutzblechen zu entfernen.

Am Ende des zweiten Tages hatte der knietiefe Schlamm die Motorräder schwer mitgenommen. Ein Bike mussten wir im Dschungel zurücklassen, zwei weitere hatten ausgebrannte Kupplungen.

Jeden Tag plagten uns Giftschlangen, Skorpione, beissende Ameisen, Bienen und schwarze Stechpalmen. Unser morgendliches Mantra lautete: Check deine Stiefel!
Die Anwesenheit der panamaischen Grenzpatrouille erinnerte uns an die ständige Bedrohung durch Drogenschmuggler oder Menschenhändler.
Nach zwei anstrengenden Tagen, an denen wir die Bikes mit Seilen und Flaschenzügen nur wenige Meter vorwärtsbewegen konnten, schlugen wir ein Lager auf und diskutierten unsere weiteren Möglichkeiten.

Nach einem weiteren Tag im Dschungel war alles schlammbedeckt. Mit jedem Schritt wurden unsere Stiefel schwerer. Der Schlamm verschlang unsere Energie, zerstörte unsere Ausrüstung, schwächte die Moral.

Die Motorsägen waren uns voraus, ihr entferntes Summen durchbrach gelegentlich die Stille. Ohne das Stöhnen und Schreien der Männer, die sich abmühten, die Motorräder zu ziehen, war der Dschungel ein unheimlicher Ort. Wenn man nur wenige hundert Meter zurückfällt, fühlt man sich plötzlich sehr einsam im unendlichen, grünen Laub.

Obwohl die Kupplungen der Bikes vom Fahren im tiefen Schlamm unbrauchbar waren, beschlossen wir, weiterzumachen.

Mit Seilen und einem 1:4 Flaschenzug bewegten wir uns Meter um Meter vorwärts.

An der Grenze von Panama zu Kolumbien

Hier schlossen sich uns Angehörige des Wounaan-Stammes aus dem Dorf Cristales an. Mit frischem Mut und den zusätzlichen Arbeitskräften holten wir verlorene Zeit auf.

Nach fünf Tagen begannen dichter Dschungel, schwarze Stechpalmen, Hitze und Luftfeuchtigkeit, dem Team zu schaffen zu machen; Teamwork wurde für uns überlebenswichtig.

Blasen, Insektenstiche und Fussbrand erinnerten uns mit jedem Schritt an unsere mangelnde Vorbereitung.
Jeder Fluss brachte willkommene Erleichterung, zum Ausruhen, um Mittag zu essen und den Schlamm von der Kleidung zu waschen.
Einer unserer Kuna-Freunde kochte stärkehaltige Bananen und Reis zum Abendessen und zum Frühstück am nächsten Tag. Jeden zweiten Tag genossen wir eine Dose Spam dazu, ein bisschen Luxus nach einem langen Tag Arbeit und Schweiss.

Die Freude, als wir das kolumbianische Flussnetz zu erreichten, das in den grösseren Atrato-Fluss mündete, war von kurzer Dauer. Nach nur einer Stunde Bootsfahrt stiessen wir auf unser letztes grosses Hindernis im Darién, den Atrato-Sumpf.

Jede Biegung im Sumpf bedeutete, Schlamm zu beseitigen, umgestürzte Bäume wegräumen und die schweren Piraguas (Einbaumboote) manchmal auf Händen und Knien, Zentimeter um Zentimeter, flussabwärts zu ziehen.
So nahe am offenen Fluss hatten wir das Gefühl, der Dschungel unternehme einen letzten Versuch, uns aufzuhalten.

Auf die Strapazen des Darién Gap folgte die Bürokratie

Nach acht Tagen im Darién erreichten wir die Stadt Turbo, unser Tor nach Südamerika. Wir reparierten die Bikes und schlugen uns noch ein paar Tage mit der Bürokratie Kolumbiens herum, bevor wir schliesslich mit Fotos bezeugen konnten, dass wir über die Nordwestgrenze nach Kolumbien gekommen waren.

Die offiziellen Strassen und selbst verkehrsreiche Städte waren eine willkommene Abwechslung zu den Erfahrungen im Dschungel.

Zum grössten Teil flog Südamerika viel zu schnell an uns vorbei; wir befanden uns kurz vor dem Ziel in Ushuaia und wünschten uns, wir hätten mehr Zeit, noch all die Nebenstrassen zu erkunden.

Am Ende unserer fünfmonatigen Reise erreichen wir den südlichsten Punkt von Ushuaia, nach 31‘400 km auf dem Panamerican Highway und einer lückenlosen Motorradtour durch den berüchtigten Darién Gap. Einerseits waren wir erleichtert, dass wir es geschafft hatten, aber auch traurig, dass es schon vorbei war.

Die meisten von uns fragten sich, welches Abenteuer uns wohl als nächstes erwarten würde.

Fotos: Jake Hamby, Alex Manne

Moto Guzzi V85 TT, das ultimative Abenteuer-Motorrad

Moto Guzzi V85 TT, das ultimative Abenteuer-Motorrad

Moto Guzzi V85 TT, das ultimative Abenteuer-Motorrad

 

Es ist etwas Wundervolles, wenn ein V-2-Motor anspringt und vor sich hin brummt – dieselbe Motorkonfiguration, die Giulio Cesare Carcano vor fast 60 Jahren entwickelte. Ich finde, fast alles an einer Moto Guzzi weckt Emotionen. Grund genug für mich, eine V7 Spezial für die Stadt zu kaufen.

Mitte März flog ich nach Sardinien, um die neue Moto Guzzi V85 TT zu testen. Ein Motorrad, das die Piaggio Group als erste klassische Enduro positioniert. Als Fahrer gefällt mir das Konzept ausserordentlich – nicht nur wegen des nostalgischen Aussehens früherer Scrambler, sondern auch wegen ihrer unglaublichen Langlebigkeit und Einfachheit. Diese neue Motorrad-Kategorie erinnert an das, was diese Maschinen sein sollten: fliegende Teppiche ins Abenteuer.

Als Tourer

Auf einem Motorrad zu reisen, ist für Overlander etwas Besonderes – die Freiheit, sich mit minimalistischer Ausrüstung fortzubewegen. Die V85 TT wurde von Grund auf mit wartungsfreier Kardanwelle, luftgekühltem Motor, einer breiten, bequemen Sitzbank und 23-Liter-Tank entwickelt. Die Sitzposition ist aufrecht, ermöglicht jedoch eine aggressivere Sitzhaltung, um Bergstrassen schneller zu absolvieren. Die Zylinderköpfe sind perfekt positioniert, um den Fahrer beim starken Bremsen zu halten und das ABS mit zwei 320 mm Scheiben und Vier-Kolben-Brembo-Bremssätteln ist exzellent. Hinter zwei Scheinwerfern mit Taglicht sitzt ein hochauflösendes 4,3” TFT-Display. Kleiner als andere auf dem Markt, aber dafür besser geschützt, zeigt es klar und deutlich alle wichtigen Informationen, wie Fahrmodus, Lufttemperatur, Tankfüllstand und Tempomat.

On the Trail

Die Offroad-Etappe auf dieser Testfahrt war kurz, aber ich konnte mich an die Grenzen der Maschine auf gemischtem Untergrund herantasten. Es war sofort erkennbar, wie einfach sie stehend zu fahren ist und wie ausgewogen sich das Motorrad verhält. Es ist bemerkenswert stabil, was für Design und Fahrwerk spricht. Die V85 TT nutzt Dual-Rate-Federn und feste Dämpfung und funktioniert besser im Gelände, als es der Federweg von nur 17 Zentimetern ahnen lässt. Der Offroad-Modus reguliert die Traction Control und schaltet ABS auf dem Hinterrad komplett ab. Als ich die Moto Guzzi über Felsen und Furchen fuhr, dachte ich, wie perfekt eine klassische Enduro ist: kein Möchtegern-Offroader, sondern auf allen Strassen der Welt zuhause.

motoguzzi.com

Pro

  • Klassisch, dennoch modern
  • Kardanantrieb
  • Effektive Traction Control und ABS
  • 23-Liter-Tank, 448 kg Gewicht

Kontra

  • Niedriger, ungeschützter Auspuff
  • Hoher Verbrauch
  • Federweg unterdurchschnittlich

Fotos: Moto Guzzi