Die Škoda Geschichte, Teil 3: Innovation in der Planwirtschaft

Die Škoda Geschichte, Teil 3: Innovation in der Planwirtschaft

Die Škoda Geschichte, Teil 3: Innovation in der Planwirtschaft

 

Vom ersten Vierrad-Antrieb zum tschechischen Volkswagen

Im Schreckensjahr 1939 fand sich auch Škoda erneut in die Kriegswirren verwickelt. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen standen die Škoda-Werke in Mladá Boleslav unter deutscher Besatzung und wurde zum Rüstungskonzern.

Der erste 4x4x2-Antrieb

Der Škoda 903 war eines der wenigen Fahrzeuge, die in den Kriegsjahren produziert wurden. Es handelte sich um die Produktion eines 1936 für die tschechoslowakische Armee gefertigten sechsrädrigen Prototypen. Der für den Feldeinsatz konzipierte Škoda 903 wurde mit drei Achsen ausgestattet, wobei die beiden Hinterachsen angetrieben wurden. Der Škoda 903 schaffte eine Steigung von bis zu 45 % und eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h.

Skoda 903-1936

Der Škoda 903 wurde 1936 für die Armee gebaut.

Während des 2. Weltkriegs wurde die Entwicklung von 4×4-Fahrzeugen forciert. Entstanden sind Fahrzeuge wie der Škoda 956. Als Basis für das wuchtige Allradfahrzeug diente ein Dreiliter Superb OHV aus der Vorkriegsgeneration.

Skoda 956 WW2

Das Allradfahrzeug baute auf dem Škoda Superb auf.

Vom Regen in die Traufe: Verstaatlichte Erfindungen

Der Zweite Weltkrieg war zu Ende, der Kalte Krieg hatte begonnen: 1945 wurden die Škoda-Werke verstaatlicht – es entstand “Automobilové závody, národní podnik” kurz AZNP. Der automobile Nationalbetrieb produzierte im Werk Mladá Boleslav nach dem Krieg auch tschechoslowakische Konkurrenzprodukte wie Tatra-Lastwagen des Typs 805.

Bild Skoda Jarmilla

Gepanzertes Fahrzeug: Škoda “Projekt Jarmila”

Der Tatra-LKW diente wiederum als Basis für den Škoda 971. Es wurde “Projekt Jarmila” genannt. Dabei handelte es sich um ein gepanzertes Auto, von dem mehrere martialisch aussehende Prototypen entstanden. Parallel dazu entwickelte Škoda mit dem Typ 972 ein bewaffnetes Amphibien-Fahrzeug, von denen zwischen 1951 und 1952 nur fünf Stück hergestellt wurden.

Skoda 972 Amphibienfahrzeug

Dieser Škoda konnte auch schwimmen: Vom Amphibienfahrzeug entstanden nur fünf Prototypen.

Ausgestattet mit einem Schraubenpropeller erreichte das Auto im Wasser eine Geschwindigkeit von bis zu 10 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit auf der Strasse betrug 85 km/h.

Der Jeep des Ostens

Anfangs der 1950er Jahre brannten in den Škoda-Werken nachts die Lampen lang. Im Geheimen entwickelte man für die Armeen des Warschauer Pakts ein Allradfahrzeug – den Škoda 973, das erste Fahrzeug mit deaktivierbarem Vorderradantrieb. Der 4×4 hatte sensationelle Fahreigenschaften – er bezwang Steigungen von bis zu 58 Prozent, kletterte über 25 Zentimeter hohe Hindernisse und konnte durch bis zu 60 Zentimeter tiefes Wasser fahren.

Skoda 973 Jeep

Der Škoda 973 hatte sensationelle Offroad-Eigenschaften. Doch es entstanden nur 30 Testfahrzeuge.

Die Truppen des Warschauer Paktes testeten verschiedene Fahrzeuge; das in Tschechien hergestellte Škoda Modell 973 erwies sich als das Beste. Dennoch entschieden sich die Armeespitzen der Ost-Staaten für die Produktion des in Russland hergestellten GAZ-49, der schliesslich in 56 Staaten exportiert wurde. Vom Škoda 973 entstanden nur 30 Testfahrzeuge.

Fortan konzentrierte sich Škoda auf den Bau von Geländefahrzeuge für den zivilen Einsatz, wie etwa für die Landwirtschaft. Entstanden sind in den frühen 1960er Jahren 13 Prototypen des Škodas 998 (später 990). Sie fanden zwar nicht den Weg in die Serie dafür in einen Film, dem 1964 erschienenen Fantasy-Musical “If a Thousand Clarinets (Kdyby tisíc klarinetů)”.

Skoda agromobil_998

Škoda konzentrierte sich darauf Allradfahrzeuge für den pazifistischen Gebrauch zu entwickeln.

Trekka: Der Škoda, der aus Neuseeland kam

Hast du gewusst, dass der Vorgänger aller Škoda-SUVs aus Neuseeland kommt? Warum ausgerechnet Neuseeland? Ganz einfach: Es besteht eine lange Freundschaft zwischen Škoda und dem pazifischen Inselstaat. Schon die Gründerväter Laurin & Klement exportierten erfolgreich Automobile ans andere Ende der Welt.

Mitte der 1960er Jahre kam es dann zur offiziellen Partnerschaft zwischen dem Mutterwerk von Škoda und dem Importeur von Škoda Neuseeland. Der SUV basiert auf dem verkürzten Zentralrohrrahmen mit Einzelradaufhängung des aus Mladá Boleslav angelieferten Octavias. Zusammen mit dem neuseeländischen Designer George Taylor entwarf Škoda-Entwickler Josef Velebný die schlichte, aber praktische Karosserie. So entstand der Trekka, das erste Automobil, das in Neuseeland entworfen und gebaut wurde.

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Neuseeländischer Škoda? Ja, das gibt’s.

Angetrieben vom 47 PS starken 1,2-Liter-Vierzylinder aus dem Octavia mit kurzer Achsübersetzung und einer Bodenfreiheit von 19 Zentimetern, zeigte sich der Trekka erstaunlich geländegängig. Auf Wunsch gab es den Trekka mit Sperrdifferenzial. Die Kunden hatten ausserdem die Wahl zwischen einem dreitürigen Pick-up mit zwei bis acht Sitzen, Planverdeck, festem Kunststoffdach, einem Kombi (Station Wagon) oder ganz im Sinne des Zeitgeistes als Strandmobil. Zwischen 1966 und 1972 wurden fast 3’000 Trekkas gebaut. Sie wurden auch nach Australien, Fidschi, Samoa und Vietnam exportiert.

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Schön schlicht und heute ein gesuchter Klassiker.

Vom Tudor zur Pontonform

Nachdem sich der Kanonenrauch des Weltkrieges verflüchtigt hat, begann bei Škoda langsam wieder die Fertigung von Automobilen; zunächst mit der Produktion der Vorkriegsmodelle Rapid und Popular 995.

Schon 1946 kam das erste neue Nachkriegsmodell auf den Markt. Der Škoda 1101, wegen seinen zwei Türen auch Tudor (Two Door) genannt, hatte zwar den Zentralrohrrahmen des Populars, aber eine moderne Karosserie ganz im Stil der Zeit. 1949 kam der Škoda 1102 Tudor mit Lenkradschaltung auf den Markt. Von beiden Modellen zusammen wurden 67’000 Exemplare produziert und in 76 Staaten verkauft. Fast zwei Drittel dieser Autos wurden im Ausland abgesetzt. Zu den bedeutendsten Exportmärkten zählten damals Polen, die Niederlande, Belgien und die Bundesrepublik Deutschland. Aber auch in Australien, Brasilien, Indien, in der Südafrikanischen Union oder in Kanada prägten Škoda Tudors das Strassenbild.

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Tudor kommt aus dem Englischen für two Doors.

Die Tudor Baureihe im Überblick

Der im Frühling 1952 vorgestellte Škoda 1200 war das erste Auto aus Mladá Boleslav mit Ganzstahlkarosserie. Der Škoda 1200 gab es als viertürige Limousine oder Kombi sowie als zweitüriger Lieferwagen. Je nach Region warben für den Škoda 1200 verschiedene Slogans.

Erfolgreich war der Škoda 1200 auch im Rennsport. Die gesammelten Erfahrungen fanden sich im Škoda 1201 ab 1954 in technischen Verbesserungen auch in der Serienfertigung. Zusammen mit seinem Vorgänger wurden 67‘071 Exemplare in den Werken Mladá Boleslav, Kvasiny und Vrchlabí hergestellt. Die Produktion dieses Fahrzeugs lief 1961 aus. Es folgte der Škoda 1202, der nur noch als Kombi, Lieferwagen und Pickup verfügbar war.

Der Škoda Spartak – Das beliebte Zwischenmodell

Der Škoda 440 “Spartak” – wie er auch genannt wurde – galt von Werkseite als Zwischenmodell. Zwar arbeitete man unter Hochdruck an einem tschechischen Volkswagen mit Heckmotor. Doch den Leuten gefiel der Spartak. In nur vier Jahren Bauzeit wurden über 75’000 Exemplare verkauft.

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Eigentlich nur ein Zwischenmodell – mit erstaunlichem Erfolg.

1959 wurde die numerische Bezeichnung der Škoda Modelle durch Namen ersetzt – umgesetzt mit einer leichten Modellpflege. 80 % der Teile wurden vom Vorgänger übernommen. Weil der Škoda 440 das achte Modell in Škodas Nachkriegsgeschichte war, wurde er zum OCTAVIA (lateinisch octo = acht).

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Den Skoda Felicia gab es in kleineren Versionen auch beim Karusell, war aber auch in Übersee sehr beliebt.

Der Škoda 450 wurde zum Škoda Felicia, einem auf dem Octavia basierenden Cabrio. Das hochwertige Auto wurde auch nach Westeuropa, Australien und Südamerika exportiert. Von Octavia und Felicia wurden zusammen 298’480 Einheiten produziert. Es sollten die vorerst letzten Škodas mit Frontmotoren sein.

Škoda 1000 MB – Tschechoslowakischer Volkswagen

Und dann kam der Škoda 1000 MB: DER tschechische Volkswagen! Die siebenjährige Entwicklungszeit in Mladá Boleslav (hierfür steht das Kürzel MB) hat sich gelohnt. Es war nicht nur der erste Škoda mit Heckmotor und Heckantrieb, sondern der 1000 MB zeichnete sich als einer der Besten in der 1-Liter-Klasse aus. Beliebt machte ihn beim Verkaufsstart 1964 vor allem sein unschlagbar günstiger Preis für eine vollwertige Limousine mit Vier-Türen. Zweifelsfrei bekam man im Škoda 1000 MB mehr geboten als im preislich ähnlichen VW Käfer.

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Ein bahnbrechender Erfolg: Der Škoda 1000 MB. Der erste mit dem Heckmotor-Konzept.

Mit dem Entscheid zum Heckmotor und Heckantrieb hat die Regierung den Škoda-Ingenieuren keinen Gefallen getan. Da auch die Fabriken darauf ausgelegt wurden, gab es in den kommenden Jahren kein Zurück zum Frontmotor-Konzept. Umso kniffliger stellten sich fortan elementare Detailfragen, die man mit dem Škoda bekannten Konzept “Simply Clever” beantwortet hat.

Wohin mit dem Tank? Nach vorne: Der Tankeinfüllstutzen verbarg sich unter dem wegklappbaren Škoda-Logo des rechten vorderen Kotflügels. Anders als bei einem Porsche mit Heckmotor war das Ersatzrad im Vorderwagen in einem separaten Fach unter dem Kofferraum untergebracht, der sich mit einem kleinen Hebel unter der Fronthaube entriegeln liess. So musste nicht der gesamte Kofferraum entladen werden, um an das Reserverad zu gelangen.

Beliebt, beliebter, Škoda 1000 MB

Der Škoda 1000 MB hatte weitere clevere Ideen. Zum Beispiel gehörten Liegesitze zum Standard. Die Sitze liessen sich also zu einer schlafgerechten Liegefläche absenken. Der kleine Viertürer hatte auch zwei Kofferräume – vorne einen grossen und hinter der Rücksitzbank einen kleinen. Um den kleinen Kofferraum hinter dem Rücksitz zu erweitern, wurde die Sitzfläche hochgeklappt und die Lehne umgelegt.

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Der Skoda MB war auch in westlichen Länder sehr beliebt.

Die vorderen Seitenscheiben des viertürigen Wagens liessen sich herunterkurbeln, während die hinteren fest eingebaut waren. Zur Belüftung gab es vorn und hinten kleine Ausstellfenster, die ebenfalls durch Kurbeln bedient wurden. In den fünf Jahren seiner Produktion verkaufte sich die erste Škoda-Heckmotor-Generation in allen Varianten rund 440’000 Mal. Besonders in Ostdeutschland war der Škoda beliebt. Jeder siebte Škoda wurde in die DDR verkauft.

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Es entstanden viele Versionen wie zum Beispiel der 1000 MBX.

Weil das alte Montagewerk des Octavia kurz vor Produktionsende abbrannte und 1964 für den Škoda 1000 MB eine neue Fabrik gebaut wurde, die ganz auf Heckmotoren ausgerichtet war, lehnte es die damalige Regierung ab, bei der neuen Škoda-Reihe, dem 100/110, auf einen zeitgemässen Frontmotor mit Heckantrieb umzustellen. Zu unrentabel schienen die Investitionen.

So war 1969 der neue Škoda im Prinzip der alte Škoda: Motor und Fahrwerk entsprachen weitgehend denen des Vorgängermodells. Es gab nebst Scheibenbremsen vorne einige kosmetische Korrekturen.

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So warb man für den praktischen Volkswagen des Ostens.

Dennoch war der Š100 in der DDR sehr beliebt. 1975 waren 10,6 % aller in der DDR zugelassenen Personenwagen Škodas, zum Grossteil Škodas 100. 1973 lief der millionste Škoda seit Eröffnung der neuen Produktionslinien im Stammwerk Mladá Boleslav vom Band.

Škoda 105/120/130 – Legendärer Strassenfeger

Die Zeiten ändern sich, Škoda blieb mehr oder weniger freiwillig beim Konzept des Heckmotors mit Heckantrieb. Beim 1976 auf der Brünner Messe vorgestellten Škoda 105 war nicht nur die Karosserie neu, sondern auch der Motor, den es auch in einer 1,2 und 1,3. Liter-Version gab. Besonders letztere waren im Westen beliebt.

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Auch der 1976 vorgestellte Škoda 120 war ein grosser Erfolg.

Die Škoda Modelle 105, 120 und 130 waren echte Strassenfeger und verkauften sich zwischen 1975 bis 1990 insgesamt über zwei Millionen Mal. Anders als der Trabant oder ähnliche Fahrzeuge aus dem damaligen Ostblock, wurden die beliebten Škoda-Modelle in den anderthalb Jahrzehnten kontinuierlich auf den neuesten Stand gebracht.

Eine Besonderheit: Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs war noch lange nicht Schluss mit dem letzten Heckmotor-Fahrzeug von Škoda: In den Jahren 1991 bis 1994 wurden in Mladá Boleslav nämlich Ersatzteile in Handarbeit zu ganzen Autos zusammengebaut; Motoren und Karosserieteile der vergangenen 20 Jahre, auch vom 1100 MB. Die Modelle sind nur schwer zu unterscheiden.

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Die letzten Exemplare wurden mit restlichen Ersatzteilen zusammengebaut.

Škoda Favorit – Der letzte Wurf des Ostens

Kurz bevor der eiserne Vorhang fiel, präsentierte Škoda ein neues Modell, das den Höhepunkt der bisherigen Firmengeschichte darstellen sollte: den Škoda Favorit. Dieses Auto ist ein Meilenstein in der Geschichte von Škoda. Das moderne Konzept, einen kompakten Frontmotor-Frontantrieb mit variablem Innenraum und einer grossen Heckklappe zu kombinieren, war ein voller Erfolg. Insgesamt eine Million Škoda Favorit liefen zwischen 1987 und 1994 vom Band.

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Insgesamt eine Million Škoda Favorit liefen vom Band.

Der Erfolg dieses Modells bewies, dass innovative Ingenieure auch hinter dem Eisernen Vorhang moderne Auto bauen konnten. Der Favorit war mit ein Grund dafür, dass bei der Privatisierung die grössten Autohersteller des Westens um die Škoda-Werke buhlten. Das Rennen machte der Volkswagen Konzern.

Die Škoda Geschichte, Teil 1: von der Fahrradmanufaktur zum Motorrad-Champion

Die Škoda Geschichte, Teil 2: Die Zwischenkriegsjahre: Škoda, Glamour und Expeditionen

Die Škoda Geschichte, Teil 3: Innovation in der Planwirtschaft

 

Die Škoda Geschichte, Teil 1: von der Fahrradmanufaktur zum Motorrad-Champion

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Die Historie von Škoda ist eine der bewegtesten in der ganzen Automobilgeschichte. Im beginnenden 20. Jahrhundert gehörte die Marke zu den innovativsten Fabriken. Bis der Kommunismus das Zepter in Osteuropa übernahm. Doch selbst hinter dem Eisernen Vorhang brummte der Pioniergeist. So sehr, dass nach dem Fall der kommunistischen Herrschaft die westeuropäischen Autobauer Schlange standen, um die tschechische Autofabrik zu übernehmen. Mit dem Volkswagen Konzern schreibt Škoda nun die erfolgreichste Ära der über 100-jährigen Geschichte. Und sie ist erst der Anfang einer glorreichen Zukunft, deren erstes Kapitel nun geschrieben wird.

Am Anfang war das Rad

Drehen wir das Rad der Geschichte zurück – zu den Anfängen von Škoda Ende des 19. Jahrhunderts. Alles begann mit einer Beschwerde des Buchhändlers Václav Klement. Er reklamierte schriftlich die mangelhafte Haltbarkeit seines Fahrrads der Marke Seidel & Naumann. Hochnäsig wurde die Beschwerde zurückgewiesen, was ihn dazu bewegte, bessere Fahrräder zu bauen. Die zufällige Begegnung mit dem Schlosser Václav Laurin, der auf der Suche nach einer Werkstatt war, schuf den Grundstein für eine der erfolgreichsten Automobilfabriken Europas.

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Vaclav Klement und Vaclav Laurin, die beiden Unternehmensväter von Skoda.

Am 18. Dezember 1895 gründeten Václav Laurin und Václav Klement in Mladá Boleslav (Böhmen) die Fahrradmanufaktur Laurin & Klement. Ihr Velo – ganz im Zeichen der damals populären tschechischen Nationalbewegung “Slavia” genannt – verkaufte sich sehr gut. Nicht zuletzt wegen der hochwertigen Qualität. Schon nach kurzer Zeit beschäftigten Laurin & Klement 40 Mitarbeiter.


Slavia hiess das erste Fahrrad, mit dem Laurin und Klement grossen Erfolg hatten.

Die schnellen Motorrad-Jahre

Wenn’s läuft, dann läuft’s: Angespornt vom Erfolg ihrer Fahrräder begannen Laurin & Klement 1899 mit der Herstellung von Motorrädern. Und zwar sehr erfolgreich, wie folgende Anekdote erzählt: 1901 schickten die Firmengründer den tschechischen Fahrer Narcis Podsedníček mit einem speziellen L&K-Motorrad ins Rennen Paris-Berlin. Sie hatten kaum das Geld für die Reifen und starteten klar als Underdog. Doch dann geschah das Unglaubliche: Podsedníček fuhr das 750 Meilen-Rennen so schnell, dass er Stunden früher ankam als seine Gegner. Zu früh, wie sich herausstellen sollte; in Berlin hatte man noch nicht mal die Ziellinie aufgestellt. Ironischerweise disqualifizierte sich der Fahrer, weil der Sieg von Podsedníček nicht gewertet werden konnte.

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Die L&K Motorräder galten als äusserst zuverlässig.

Trotzdem: Die Tatsache, dass Zuverlässigkeit und Innovation über hohe Budgets zu siegen vermag, konnte Laurin & Klement niemand nehmen. Es war der Beginn eines wahren Rennfiebers. Bei 34 Rennen im Jahr 1903 errangen L&K-Motorräder 32 Siege. High-Performance liegt also in den Ur-Genen jedes Škodas.

Während der Donaumonarchie wuchs Laurin & Klement zur bedeutendsten Motorradfabrik von Österreich-Ungarn. 1906 arbeiteten 495 Beschäftigte für L&K, die fast alle Teile selbst herstellten. Bis 1908 wurden rund 3’000 Motorräder verkauft.


Ein motorisiertes Velo oder ein Motorfahrrad?

Die rasante Entwicklung der ersten Autos

Nachdem bereits 1901 das erste Automobil von Laurin & Klement in Wien vorgestellt wurde, konzentrierte man sich in den Jahren immer mehr auf die Entwicklung der selbstfahrenden Kutschen. 1905 wurden die ersten Automobile vom Typ A “Voiturette” gebaut. Der Rechtslenker hat einen 1100 cm³ wassergekühlten 5,1 kW (7 PS) starken Zweizylinder, der über eine Kardanwelle von den Hinterrädern angetrieben wurde. 44 Stück wurden im ersten Jahr verkauft. Schon vom Nachfolgemodell, Typ B mit 6,6 kW (9 PS) und 1395 cm³ wurden 250 Stück hergestellt. 1906 kam bereits das erste Nutzfahrzeug mit 4562 cm³ grossen Motor mit 35 PS (26 kW) heraus. Der baugleiche Motor beschleunigte im offenen Viersitzer die Passagiere auf damals sagenhafte 85 km/h.

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Das erste Auto von Laurin und Klement im Jahr 1905.

Nachdem das Unternehmen Laurin & Klement 1907 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, konnten viele Investitionen in die Automobilproduktion getätigt werden. Dazu gehörte auch die Anstellung des Jungspunds Otto Hieronimus, der 1908 auf der ersten offiziellen Rennstrecke in England einen Geschwindigkeitsrekord aufstellte. Er überzeugte Laurin und Klement davon, dass ein Rennprogramm für ein Automobil-Unternehmen unerlässlich wäre und entwickelte bis 1909 drei Werksrennwagen.

Erste Auto-Rennerfolge mit Otto Hieronimus

Laurin und Klement Fahrzeuge feierten ihren ersten Sieg im März 1908, wo die Marke beim Zbraslav-Jílovištěhillclimb (im heutigen Tschechien) Rennen in sechs Kategorien gewann und in fünf anderen Klassen Zweiter wurde. Hieronimus’ wichtigster Erfolg war 1908 der Klassensieg auf dem 16 PS starken Laurin & Klement FC bei der Rallye St. Petersburg-Moskau.

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Otto Hieronimus – der Ur-Vater des Skoda-Renngens.

Otto Hieronimus entwickelte für Laurin & Klement 1909 den Typ FCR, einen Rennwagen, der 130 km/h erreichte. Der FCR-Rennwagen hatten einen 5,7-Liter-Motor und eine stromlinienförmige Karosserie, die heute martialisch anmutet. Der zweifelhafte Spitzname “der Sarg” passt zwar optisch, zum Glück nicht wörtlich. Der FCR setzte den Siegestrend von L&K fort, wurde aber Opfer seines Erfolges, denn viele Renn-Organisatoren änderten daraufhin ihr Reglement.

Die verrückten Jahre mit Graf Kilowatt

Nebst Hieronimus fuhr eine weitere Lichtgestalt die L&K-Automobilen zu glorreichen Erfolgen: Graf Alexander Kolowrat, Spitzname Graf Kilowatt. Der junge Aristokrat aus den USA verfiel schon mit 18 Jahren dem Rennfieber. Seine Familie verbot ihm jedoch seine Leidenschaft und schickte ihn in die Schweiz, wo er sich auf die Verwaltung der väterlichen Grossgüter konzentrieren sollte. Doch der junge Mann liess seinem Vater eigenhändig geschriebene Alibi-Postkarten aus seinem Exil schicken, während er selbst lieber an Rennen teilnahm.

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Die verrückte erste Rennzeit.

Einer der spektakulärsten Siege errang Graf Kolowrat mit seinem zivilen L&K, weil sein FCS-Rennwagen von der Bahn zu spät angeliefert wurde. Aufgeben? Für den jungen Aristokraten kein Thema. Über Nacht demontierte der mit seinem Mechaniker die Karosserie seines Laurin & Klement Typs F und gewann zur Freude der Zuschauer auf einem rollenden Chassis das Bergrennen von Gaillon 1909. Es war der Anfang einer ganzen Reihe von grossartigen Siegen für den beleibten und beliebten Grafen Kilowatt auf einem L&K-Rennwagen. Dabei überraschte er immer wieder mit Ideen, um Gewicht einzusparen. Nicht bei sich selbst; zu sehr liebte er das Essen. Dafür demontierte er auch schon mal beide Sitze und montierte einen leichten Rattansessel oder nahm seinen kleinen, um Jahre jüngeren Bruder als Beifahrer mit, wenn das Reglement einen Beifahrer vorsah.

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Sein persönliches Übergewicht kompensierte Graf Kilowatt mit einem Leichtgewicht an Mitfahrer.

1910 fuhren drei Fahrer Kolowrat, Hieronimus und Draskovich bei der berühmten Alpenfahrt die Goldmedaille für das L&K Werksteam ein. Auch in den Folgejahren, zwischen 1910 bis 1914 holten L&K-Rennwagen regelmässig Gold heim. Im Jahr 1911 machte sich Graf Kolowrat als einer von fünf L&K Fahrern auf den Weg nach Russland, um dort am Langstrecken-Wettbewerb über 2’400 Kilometer teilzunehmen. Auch hier wartete am Ziel eine Goldmedaille. Beflügelt vom Erfolg fuhr er im Anschluss beim zweitägigen Rennen um den Kaukasischen Pokal, den er ebenfalls gewann.

Vom getürkten Fliessband zum Filmpionier

Zum Leben von Graf Kolowrat gehörte nicht nur das Rennfieber, die Liebe zum guten Essen, sondern auch das Filmemachen. So gilt er als Begründer der österreichischen Filmindustrie und Entdecker von Marlene Dietrich. Als Freund des Hauses von Laurin & Klement, beschloss Kolowrat eine Dokumentation über die Fabrikation im L&K-Werk in Jungbunzlau (Mladá Boleslav) zu drehen.

Obwohl es dort noch keine Fliessbandproduktion gab, fingierte er eine solche und liess ein rund 20 Meter lange Produktionsstrasse einrichten, auf dem die Autos an einer unsichtbaren Schnur gezogen wurden und von Arbeitern “montiert” wurden. Am Ende des getürkten Fliessbandes setzte sich der Graf selbst ins Auto und fuhr aus der Halle. Die erste goldene Ära endet mit dem Beginn des 1. Weltkriegs.

Die Škoda Geschichte, Teil 1: von der Fahrradmanufaktur zum Motorrad-Champion

Die Škoda Geschichte, Teil 2: Die Zwischenkriegsjahre: Škoda, Glamour und Expeditionen

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