Die Škoda Geschichte, Teil 2: die Zwischenkriegsjahre mit Škoda, Glamour und Expeditionen

Die Škoda Geschichte, Teil 2: die Zwischenkriegsjahre mit Škoda, Glamour und Expeditionen

Die Škoda Geschichte, Teil 2: die Zwischenkriegsjahre mit Škoda, Glamour und Expeditionen

 

Mit dem 1. Weltkrieg brach auch die Donaumonarchie zusammen – Laurin & Klement wurden 1918 tschechoslowakisch. Zwar konnte die vom Krieg geschwächte L&K-Fabrik ihre Produktion von Automobilen schon 1919 wiederaufnehmen, doch die beiden Inhaber Václav Laurin und Václav Klement beschlossen 1925 mit den mächtigen Škoda Werken zu fusionieren.

Der Maschinenbauer aus Pilsen hatte zuvor eigene Pläne, in den Automobil-Markt einzusteigen – und zwar ganz gross. So sicherte sich Škoda eine Herstellerlizenz der spanischen Luxusmarke Hispano-Suiza. Laurin & Klement brachten ihrerseits das Know how zum Autobauen mit in die Beziehung; dazu gehörten auch die Pläne für den legendären L&K Škoda 110.

LK Skoda 110 front seitlich

Das erste gemeinsame Fahrzeug trug noch den Namen der Gründerväter auf dem Grill: L&K Škoda 110.

L&K Škoda 110

Bei der Fusion im Jahr 1925 wurde beschlossen, dass alle vor der Vereinigung entwickelten Wagen weiterhin den Namen Laurin & Klement – Škoda tragen sollten. Ausserdem blieb Václav Laurin bis zu seinem Tod im Jahr 1930 der technische Direktor. Die Zusammenarbeit zeigte sich als sehr fruchtbar: Vom Laurin & Klement – Škoda 110 wurden fast 3’000 Exemplare an Kunden ausgeliefert, mehr als von jedem Modell zuvor.

LK 120 seitlich

L&K 120 war die leicht besser motorisierte Version des 110er.

Das Škoda Modell 110 stand exemplarisch für den Wandel in der Firmengeschichte. Es war auch der Beginn des bis heute bekannten Grundsatzes “Simply Clever”. So liess das Leiterrahmen-Chassis mit 295 cm Radstand dem Kunden die Wahl zwischen vier Versionen der gleichen Plattform: von geschlossenen Karosserie-Varianten, einem Roadster und einem vier- bis sechssitzigen Phaeton. Warum er den Spitznamen “Badewanne” trug? Spekulieren Sie selbst.

L&K 110 seitlich

An was erinnert die Form des Wagens?

Hispano-Suiza Škoda

Zwischen 1925 und 1930 baute Škoda mit dem neu erworbenen Know how insgesamt 101 Exemplare der exklusiven Marke Hispano-Suiza. Die 1904 vom Schweizer Ingenieur Mark Birkigt in Barcelona mitbegründete Automobilfabrik stellte in den ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts die atemberaubendsten Fahrzeuge der Welt her. Die bis zu 2700 Kilogramm schweren Luxuskreuzer, die mit einer Leistung von 100 PS bis 140 km/h schnell fahren konnten, kosteten rund das zehnfache eines normalen Autos.

Hispano Suiza front seitlich

Der erste Hispano Suiza ging an den Präsidenten Tschechoslowakiens.

Hispano-Suizas waren das Statussymbol von Königen, Staatsoberhäuptern und Filmstars. Auch der tschechoslowakische Präsident Tomáš Garrigue Masaryk wollte einen haben. Er bekam nicht nur den ersten Hispano-Suiza Made in Tschechien, sondern auch das erste Automobil mit dem geflügelten Pfeil im Logo – bis heute das Markenzeichen von Škoda. Nach der Übernahme durch Škoda prangte an den von L&K produzierten Autos erst ein ovales Unternehmenslogo mit der Inschrift “Škoda”. 1926 wurde der traditionelle, heute noch gebräuchliche Škoda-Pfeil eingeführt, der an den Federschmuck von Indianern erinnert. Nur noch 5 der insgesamt 101 produzierten Hispano-Suiza Škodas sind bis heute erhalten.

Vom Fliessband über den Börsencrash zur Einzelradaufhängung

1929 kam mit dem Škoda 430/422 das erste am Fliessband gefertigte tschechoslowakische Auto auf den Markt. Es verkaufte sich in verschiedenen Versionen rund 3’600 Mal – ein grosser Erfolg. Bevor der grosse Börsencrash den Traum vom Reichtum für Jedermann zerstörte, baute auch Škoda grosse Modelle für das grosse Portemonnaie, wie zum Beispiel den Škoda 860; die 8 stand für die Zylinderanzahl, die 60 für die Pferdestärken, die er leistete. Das majestätische Fahrzeug hatte eine fürstliche Länge von 5’424 Meter.

Skoda 860 seitlich

Vor dem globalen Wirtschaftscrash im Jahr 1929 wurden auch die Autos immer grösser und luxuriöser.

Viel mehr dem Zeitgeist der Wirtschaftskrise entsprach der Škoda 420 Standard, der 1933 als zweitürige Limousine, Roadster oder dreitüriger Kombi herauskam. Die Fahrzeuge waren nicht nur genial konstruiert und fuhren sich leicht, sondern galten als äusserst zuverlässig – und das erst noch erschwinglich in Anschaffung und Unterhalt. So verbrauchte der Škoda 420 Standard lediglich 7 Liter auf 100 Kilometer.

Skoda 420 seitlich

Wirtschaftlich, pragmatisch und zuverlässig: der Škoda 420.

Der Kleinwagen sah nicht nur sehr hübsch aus, sondern war mit dem Zentralrohrrahmen und der Einzelaufhängung ein sehr fortschrittliches Auto. Der 420 Standard hatte einen wassergekühlten Vierzylinder-Viertakt-Motor mit einem Hubraum von 995 cm³, der 20 PS (15 kW) leistete. Er beschleunigte das 450 – 750 kg leichte Fahrzeug bis auf 85 km/h.

Bild Skoda Popular 1934

Der Škoda Popular im Jahr 1934. Schon damals fuhr der Wagen 90 km/h schnell.

1934 kam das Modell Škoda 420 Rapid dazu. Sein Motor hatte 1’195 cm³ Hubraum und leistete 26 PS (19 kW). Die Höchstgeschwindigkeit stieg auf 90 km/h. Ein weiteres Modell dieses Jahres war der Škoda 420 Popular. Zum ersten Mal kamen die Motorbezeichnungen Favorit und Superb dazu. Der Superb gewann im Jahr 1935 den Preis als “elegantester Wagen”. Mit dem 420er-Modell in allen Varianten gelang Škoda der Schritt zum Marktleader in der Tschechoslowakei – von 14 Prozent im Jahr 1933 zu 36 Prozent im Jahr 1938.

Expeditionen und Gipfelstürmer

Den Erfolg des Škoda 420 Popular und Rapid ist unter anderem der bewiesenen Langlebigkeit der Fahrzeuge aus Mladá Boleslav zu verdanken. So brachen in den 1930er Jahren zahlreiche Expeditionen auf, die Welt mit einem Škoda 420 zu erobern. Und sie kamen alle zurück, im Gepäck die Garantie für die Zuverlässigkeit ihres Wagens. 1934 fuhr zum ersten Mal ein vierköpfiges Team mit einem Škoda 420 Popular von Prag über die Türkei, Iran und Afghanistan nach Kalkutta. Sie spulten damit 15’000 Kilometer ab.

Bild Škoda Pakistan 1938

Škodas in Pakistan Pakistan 1934.

Für grosses Aufsehen sorgte 1936 die 97-tägige Weltreise von Břetislav Jan Procházka und Jindřich Kubias, die mit einem Škoda 420 Rapid 27’700 Kilometer zurücklegten – davon 44 Tage reine Fahrzeit durch 15 Staaten und drei Kontinenten. Břetislav Jan Procházka und Jindřich Kubias fuhren also durchschnittlich 630 Kilometer am Tag.

Škoda

Das Ehepaar Elstner fuhr mit ihrem Škoda 420 Popular in nur 12 Tagen quer durch Argentinien.

Spektakulär waren auch die Reisen von František Alexander Elstner und seiner Ehefrau Eva. Zwischen Februar und Mai 1936 fuhr ihr 21 PS starker Škoda 420 Popular 1,0 l SV mehr als 25’000 Kilometer durch die USA, Mexiko und Spanien ab. Zwei Jahre später fuhr das Ehepaar mit einem Škoda 420 Popular 1100 OHV, der über 30 PS verfügte, in nur 12 Tagen rund 6’000 Kilometer quer durch Argentinien bis nach Buenos Aires.

Bild Škoda

Die Elstners in Südamerika mit ihrem Škoda 420.

Den wohl legendärsten Rekord stellte das Ehepaar Stanislav und Maria Škulina auf. Im Juni 1936 begaben sie sich in einer Škoda 420 Rapid Limousine auf eine zweijährige Afrikareise, die sie über insgesamt 52’000 Kilometer von Dakar über den Äquator bis nach Johannesburg in Südafrika führte. Mit nur einem Wartungsstopp bei einem lokalen Škoda Händler erreichten sie das Kap der Guten Hoffnung und kehrten via Ägypten und das Mittelmeer nach Prag zurück, wo sie am 18. Mai 1938 wieder eintrafen.

Škoda 420: Erster “Skilift” und letzter König

Škoda baute mit dem Škoda 420 nicht nur sehr zuverlässige Autos, sondern auch sehr schöne Versionen. So wurde 1936 auf der Paris Motor Show (Salon de l’Automobile 1936) ein atemberaubendes Coupé vorgestellt: der Škoda 420 Popular Monte Carlo. Begeistert vom aerodynamischen Design gehörte zur exklusiven Käuferschaft auch Peter II. Karadjordjević, der letzte König von Jugoslawien.

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Der Škoda Popular Monte Carlo – ein köngliches Auto.

Vom Erfolg der Expeditionen inspiriert, wollten die Mladá-Boleslav-Techniker automobile Lösungen entwickeln, die auch im Gebirge eingesetzt werden können, zum Beispiel von der Gendarmerie oder Grenzwache. Bis dahin standen den Gesetzeshüter in den Bergen gegen die Schmuggler nur die eigenen Skier oder langsame Pferdeschlitten zur Verfügung.

Škoda Popular Ski 1938

Der Škoda Popular – Umbau für den Einsatz im Schnee.

Im Februar 1935 testeten die Škoda-Ingenieure im Skigebiet Nordböhmens neue Zubehörteile. Dazu gehörten Skiern an den gelenkten Vorderrädern, während hinten Ketten die Räder antrieben. Im ersten Gang konnte das Drehmoment von 20 PS voll ausgenutzt werden. Dabei kam der Skoda Škoda 420 Popular so gut voran, dass er mehrere Skifahrer hinter sich herziehen konnte. Dank des “Simply Clever”-Konzepts ersetzten die Autos die Skilifte.

"Ich bin auch ein Skilift" - Škoda Popular Ski 1938

“Ich bin auch ein Skilift” – Škoda Popular Ski 1935.

Škoda Popular und Superb: die letzten Vorkriegsmodelle

Der Škoda Popular war der Nachfolger des äusserst erfolgreichen Škoda 420 Popular. Und er war noch besser: Der neue, wassergekühlte OHV-Vierzylinder-Reihenmotor hatte einen Hubraum von 995 cm³ mit einer Leistung von 20 kW (27 PS). Er versprach eine Geschwindigkeit von bis zu 100 km/h. Auch der Popular war ein Leichtgewicht und wog je nach Ausführung zwischen 470 – 800 kg. Neu war auch das Konzept der Transaxle-Bauweise. 1938 erschien parallel dazu der Škoda Popular 1100. Sein Motor hatte 1089 cm³ Hubraum und 22 kW (30 PS) Leistung. Die Höchstgeschwindigkeit des 550 – 900 kg schweren Fahrzeugs lag ebenfalls bei 100 km/h.

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Die letzten Vorkriegsmodelle, rechts der Škoda 640 Superb.

Ursprünglich war der Begriff Superb lediglich ein Zusatz zur Typenbezeichnung. Das erste Modell hiess Škoda 640 Superb und wurde später nur Superb genannt. Leider sassen darin in den Folgejahren vor allem hochrangige Militärmitglieder rum – die Modellreihe diente während des 2. Weltkriegs vor allem häufig als Kommandeurswagen.

Die Škoda Geschichte, Teil 1: von der Fahrradmanufaktur zum Motorrad-Champion

Die Škoda Geschichte, Teil 2: Die Zwischenkriegsjahre: Škoda, Glamour und Expeditionen

Die Škoda Geschichte, Teil 3: Innovation in der Planwirtschaft