Australien ist ein westliches Land mit einem vielfältigen Mix aus Grossstadtflair, wunderbar geschwungenen Nebenstrassen und herrlichen Stränden. Doch es gibt auch die Seite der Schottenpisten und wilden Natur abseits jedweder Zivilisation.
Nördliches Territorium/Australien. Land Rover baut Autos, die auch abseits der Strasse funktionieren. Doch wer in unseren Breiten einen Geländewagen kauft, nutzt dessen Möglichkeiten kaum. Wer mit seinem Allradler mal einen schweren Anhänger zieht, tanzt schon aus der Reihe – viele gönnen ihrem Kraxler allenfalls eine langweilige Shoppingtour an der Bahnhofstrasse. Dem britischen Geländewagen-Traditionalisten ist jedoch daran gelegen, seine Produkte in extremen Situationen einzusetzen, ganz so, wie es die Fahrzeuggattung gebietet – und das ist keineswegs die glattgebügelte Piste. Und wer selbst zu unkreativ ist, um das richtige Umfeld aufzuspüren, dem hilft Land Rover mit der alle zwei Jahre stattfindenden Experience Tour auf die Sprünge. Rund 30’000 Kandidaten bewerben sich vor jeder Tour um den „Jackpot“ – das ist die finale Reise durch exotische Länder abseits befestigter Strassen mit einem Tross bestehend aus den jeweils neuesten Land Rover-Modellen. Um in die engere Auswahl zu kommen, müssen die Bewerber nicht nur Teamfähigkeit beweisen – es bedarf auch an handwerklichen Geschicks sowie der Fähigkeit, richtig gut im Gelände fahren zu können.
Dieses Jahr hat Chefinstruktor Dag Rogge den Expeditionskonvoi der Land Rover Experience Tour durch das australische Outback im Nördlichen Territorium geführt.
Und da konnten ein paar gute Tipps durchaus helfen, um nicht zu versagen beim Durchqueren der Wüste. Wer im Englisch- und Geschichtsunterricht gut aufgepasst hat, kennt womöglich die Geschichte der Aborigines und deren Lebensweise. Doch das Live-Erlebnis brennt sich besser ins Gedächtnis als jedes noch so gute Buch. Australien, das westliche Land mit exzellenter Infrastruktur, lädt zum Cruise über die Strandboulevards ein. Richtig, aber das ist nicht überall so. Da, wo unendliche Weiten herrschen, das Auge nichts als ausgedörrten Boden erblickt, gibt es Strassen, aber keinen Asphalt. Schottenpisten, hunderte Kilometer lang, nennen sich Highways und erinnern von Zeit zu Zeit mittels soliden Entfernungsschildern am Streckenrand daran, dass irgendwann auch mal wieder so etwas wie Zivilisation folgt. Es gibt aber auch alte Traktor-Reifen an Kreuzungen, auf die man mit einem scheinbar überdimensionalen Edding einfach die Namen der nahegelegenen Orte gepinselt hat.
Ja, und es gibt auch Tankstellen wie kleine Lebensmittelshops im Grenzgebiet zwischen den beiden Niemandsländern Nördliches Territorium und Westaustralien. Aber man fragt sich, wie ein Auto diese abgeschiedenen Plätze ohne fremde Hilfe überhaupt erreicht. Der Land Rover-Konvoi wird auch von einem Expeditions-LKW samt grossem Tank begleitet – hier stärken sich die effizienten Discovery Sport mit den zwei Liter grossen Dieseln nach dem Nachtlager unter freiem Sternenhimmel. Dann geht es auch sicher zur nächsten Zapfsäule, die je nach Route viele Hundert Kilometer entfernt liegt.
Land Rover Experience geht einen Schritt weiter und ist häufig sogar jenseits der offiziellen Schottenstrecken unterwegs. Und dort lauern noch ganz andere Gefahren, die schnell zu unfreiwilligen Pausen führen können. Termitenhügel, hart wie Beton und manchmal auf hinterhältigste Art und Weise durch Gräser getarnt, sollte man auf keinen Fall mit Reifen oder Stossstange mitnehmen. Sie säumen manch enge Gasse und es erfordert viel Konzentration, den Disco sicher durch die Mitte zu lenken. Doch wirklich häufig aufgehalten wurden die Autos in der Praxis durch einen viel banaleren Grund: Sandpassagen auf der Route. Gerade die weniger erfahrenen Piloten haben spätestens auf dieser Tour gelernt, dass sich ein Allradler – selbst mit geeigneten Reifen bestückt – nicht automatisch durch den losen Boden fräst. Nein, wenn man nicht aufpasst, gräbt er sich schneller ein, als den Instruktoren lieb ist.
Die Kombination aus Schwergängigkeit und schlechter Traktion plus der Gefahr, rasch aufzuliegen, macht das sandige Vergnügen zu einer besonderen Herausforderung. Ein spezieller Fahrmodus soll vor dem Festfahren schützen. Dabei schaltet der Neunstufen-Wandlerautomat vorsorglich in einen kleinen Gang, um die Drehzahl schön hoch und ein ordentliches Drehmoment aufrecht zu halten. Jetzt braucht es nur ordendlich Schwung, dann kommt man glimpflich davon. Die Geschwindigkeit verlangsamen setzt sogar hartgesottenen Offroadern in dieser Situation zu – denn selbst leistungsfähige Differenzialsperren helfen nicht, wenn der Gripp an allen Vieren versagt. Zur Königsdisziplin wird ein solcher Streckenabschnitt, wenn er auch noch ansteigend ist.
Das Gros der Strecke war allerdings einfacherer Natur, wenn auch teils recht eng geflankt von Sträuchern und Bäumen mit weit in die Fahrspur reichenden Ästen, die so manchen Aussenspiegel gekostet haben. Auf weitläufigen Passagen konnte man die traumhafte Landschaft geniessen. Neben diverser Flora bietet das Outback durchaus auch etwas für Autoliebhaber. Während viele Aborigines in heruntergekommenen und verbeulten Holden- oder Ford-Modellen unterwegs sind, waren auf der gesamten Strecke dutzende verendete fahrbare Untersätze zu sehen, die es offensichtlicht nicht mehr zu immer mal wieder plötzlich auftauchende Autofriedhöfe geschafft haben. Spannend sind auch die Autowracks in den Höfen vereinzelt platzierter Unterkünfte, an denen ganze Familien herumschrauben und aus zwei Fahrzeugen eines machen.
In gepflegteren Gegenden sieht man imaginäre Clan- und Stammeschefs in verbrauchten, aber offenbar immer noch gut funktionierenden Kalibern à la Toyota Land Cruiser über das Geröll tuckern. Übrigens ist es nicht nur Geröll, das den strapazierten britischen Gefährten hier zu schaffen macht. Extrem kurzwellige Unebenheiten erschüttern Auto und Mensch bis ins Mark, rund 3’000 Kilometer haben die Discovery Sport bisher zurückgelegt.
Von Darwin zum berühmten Uluru-Felsen – auch bekannt als Ayers Rock – unter teils schwierigen Bedingungen. Nun übernehmen andere Gruppen die Fahrzeuge. Dabei handelt es sich um Touristen, die eine solche Reise je nach Konfiguration für ein paar Tausender bei Land Rover kaufen können. Die Autos haben durchgehalten und bis auf ein paar – fahrerverschuldete – zerstörte Aussenspiegel und Reifenschäden
keinerlei Mangelerscheinungen gezeigt.