Als die G-Klasse auf den Markt kam, war er noch im Kindergarten. Und wenn es nach ihm geht, wird sie auch nach seiner Pensionierung noch fahren, obwohl er erst 42 Jahre alt ist. Denn als Leiter des Produktbereichs G-Klasse gewährt Gunnar Güthenke dem Dinosaurier zuverlässigen Artenschutz. Im Interview erklärt er, wie und warum.
Herr Güthenke, die G-Klasse wird jetzt schon seit 36 Jahren gebaut. Gibt es denn noch immer Menschen, die tatsächlich so ein Auto brauchen.
Güthenke: Erfreulicherweise ja. Und es werden immer mehr. Wir haben im letzten Jahr rund 14’500 Autos verkauft – und damit schon wieder einen Absatzrekord erreicht. Wo die Kurve sonst bei allen Autos irgendwann mal nach unten geht, kennt sie für die G-Klasse nur eine Richtung: Nach oben!
Wer kauft dieses Auto?
Güthenke: Schaut man nach den Regionen, dann sind es zu allererst die Amerikaner. Sie haben sich mittlerweile zum stärksten Markt entwickelt. Danach kommen ungefähr gleichauf: Deutschland, Japan, Russland, der Mittlere Osten und China.
Und was für Typen zählen sie zu ihren Kunden?
Güthenke: Obwohl die Schweizer Armee kürzlich 3’200 Fahrzeuge „nachbestellt“ hat, machen die institutionellen Kunden, für die wir das Auto in den Siebzigern ja mal entwickelt haben, heute nur noch zehn bis zwanzig Prozent aus. Der grosse Rest teilt sich in drei Gruppen: Da sind die nutzorientierten Kunden wie Jäger, Reiter oder Segler. Dann die Designorientierten, die unsere klassische Linie schätzen und nicht mit jeder Mode gehen wollen. Und zu guter Letzt all jene, die mit ihrem Auto gerne etwas darstellen wollen.
Da der Abenteuer, dort der Angeber – wie bekommt man die unter einen Hut?
Güthenke: Das ist eine Gratwanderung, die unsere Ikone mit zahlreichen Optionen und Varianten bewältigt. Mit verschiedenen Motoren vom 350er-Diesel bis zum G 63 AMG, der bei uns 50 Prozent ausmacht und die G-Klasse zur Baureihe mit dem mit Abstand höchsten AMG-Anteil macht. Und mit Sonderserien wie dem Professional aus dem letzten Jahr, dem G 6×6 und auch dem 4x4hoch2.
Wie weit kann man dabei gehen, ohne den Charakter der G-Klasse preiszugeben?
Güthenke: Egal ob robustes Nutzfahrzeug oder Statusobjekt – es gibt ein paar Dinge, an denen wir nicht rütteln dürfen. Das sind kleine Eigenheiten wie die Druckknöpfe an den Türgriffen oder der satte Klang, wenn die Türen ins Schloss fallen. Und es sind Wesensmerkmale wie die kompromisslose Geländegängigkeit oder das kantige Design. Bevor die G-Klasse rund wird, bekommt die Erde Ecken.
Ähnliche klassische Konzepte wie der Land Rover Defender laufen mit Blick auf die Zulassungsvorschriften aus oder werden wie der Jeep Wrangler bald völlig umgekrempelt. Warum bleibt die G-Klasse wie sie ist?
Güthenke: Die G-Klasse sieht zwar aus wie eh und je und ist sich immer treu geblieben. Aber wir haben das Auto konstant aktualisiert und frühzeitig fit für alle Vorschriften gemacht. So stehen wir nicht irgendwann vor einer unüberwindbaren Hürde, sondern können immer weiter machen. Nehmen Sie als Beispiel nur den neuen Motor im G500 4×4². Der erfüllt Euro 6 – und gibt bei uns seinen Einstand in der Mercedes-Palette.
Also eine unendliche G-Schichte?
Güthenke: Wenn es nach mir geht, auf jeden Fall. Nicht umsonst haben wir die Kooperation mit Manga in Graz vor kurzem erst bis 2022 verlängert; weiter reichen unsere Verträge einfach nicht.
Aber irgendwann muss doch mal Schluss sein?
Güthenke: Warum? In der Modellgeschichte wurde schon so oft ein Produktionsende terminiert und danach so oft wieder aufgehoben, dass wir jetzt gar keines mehr festœlegen. Während es für jede andere Baureihe von der A- bis zur S-Klasse einen sehr genauen Cycle-Plan für die Generationenfolge gibt, hat die G-Klasse kein Verfallsdatum.
Dass sich der 4×4² im Gelände und auf Asphalt gleichermassen grossartig schlägt, verdankt er seinen Portalachsen. Denn mit ihnen steigt nicht nur die Bodenfreiheit von 21 auf 45 Zentimeter und die Wattiefe von 60 auf 100 Zentimeter, zugleich wächst die Spurweite um 30 Zentimeter.