Los Angeles. Der Grossteil der Karawane war längst wieder unterwegs nach Europa, Asien oder die entfernteren Gebiete der USA. Die Abgereisten haben etwas verpasst. Denn was da am zweiten Tag der Autoshow in Los Angeles auf die Premierenbühne rollte, hätte ein Verharren im warmen kalifornischen Herbst gelohnt.
Mit dem neuen Compass will die Traditionsmarke Jeep in der Klasse der kompakten SUV eine wichtigere Rolle spielen als bisher. Der optisch dem grösseren Grand Cherokee nachempfundene Fünftürer ist nur 4,39 Meter lang und überrascht mit seinem gefälligen Design. Im Gegensatz zu den Konkurrenten aus Korea, Japan oder auch Frankreich ermöglicht die ausgefeilte Allradtechnik der teureren Versionen auch Ausflüge ins unwegsame Gelände. In die Schweiz kommt der Compass im Herbst 2017.
Mit dem Jeep Compass will die Traditionsmarke in der Klasse der kompakten SUV wieder etwas Boden gutmachen
Mit dem neuen Jeep Compass bringt die inzwischen zum Fiat-Konzern gehörende Traditionsmarke den Wind von Abenteuerlust in die Klasse der kleineren SUV. Er ersetzt sowohl den etwas eckigen Vorgänger als auch den pummeligen Patriot und bringt Würze in den Einheitsbrei der zahllosen Möchtegern-Geländewagen aus nahezu aller Herren Länder.
Dabei weist das Blechkleid nicht unbedingt auf eine Alleinstellung des italienischen Amerikaners hin. Die Frontpartie zeichnet zwar das Gesicht des grossen Grand Cherokee nach, der Rest der Karosse unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen Kompakt-SUV. Wie heutzutage so in Mode, fällt das Dach leicht nach hinten ab, Ausbuchtungen oberhalb der Radhäuser sind wie anderswo dem Anspruch auf eine Prise robuster Urigkeit geschuldet. Am Heck mit der in einer Art Spoiler endenden Dachlinie könnte man den Compass ebenfalls nicht als solchen erkennen.
Wenn da nicht soviel Luft zwischen der Oberseite der Räder und der Umrandung der Kotflügel wäre. Die nämlich weist auf eine Eigenschaft hin, die den Compass von den meisten seiner Mitstreiter abhebt. Mit entsprechendem Stolz betont Markenchef Mike Manley die grosszügige Bodenfreiheit von gut 20 Zentimetern, die einen echten Geländewagen nun mal ausmacht. „Mit seiner Fähigkeit auch in schwierigem Gelände klarzukommen, setzt der Compass neue Massstäbe in seinem Segment.“ Damit übertreibt Manley keineswegs. Denn der kleine Jeep verfügt je nach Modell über echte Offroad-Technik wie Getriebeuntersetzung, Einstellmöglichkeiten für verschiedene Untergründe wie Schnee, Sand oder Matsch oder auch für das Krabbeln über kleinere Felsbrocken. Zudem kann er durch 48 Zentimeter tiefes Wasser waten.
Wobei auch der Jeep-Chef weiss, dass vor allem in Europa kaum einer seiner Kunden im täglichen Autoleben vom festen Pfad abweicht und stets versuchen wird, feste Strassen unter den Rädern zu haben. Wozu dann also die teure Technik, die nur in Ausnahmefällen wie Schneechaos, überfluteten Strassen oder Umleitungen über matschige Naturstrassen ihre Stärken zur Geltung bringt. Fraglos ein mehr an Sicherheit. Für eine Marke wie Jeep aber ist das Können im Gelände ähnlich wichtig wie für Porsche die Rundenzeiten bei Testfahrten auf dem Nürburgring, die auch kein späterer Kunde jemals toppen wird. Zumindest will Jeep seinen Kunden das Angebot unterbreiten, einen echten Geländewagen zu erwerben.
Da der Jeep Compass auf der gleichen Plattform wie der um 14 Zentimeter kürzere Jeep Renegade steht, dürfte sich das Angebot an Triebwerken ähneln. Zur Wahl werden wohl zwei Benziner und zwei Diesel stehen, deren Leistungsspanne von 103 W/140 PS bis 125 kW/170 PS reicht. Da der Compass erst im September auch hierzulande verkauft wird, bleibt den Statthaltern noch genügend Zeit zur Preisfindung.
Dann wird die Preisliste einige Feinheiten bieten, die das Bankkonto weiter belasten. Es stehen diverse Assistenzsysteme zur Wahl, darunter auch ein Abstandsradar, Notbremsfunktion oder Spurhalteassistent. Gewählt werden kann unter drei Grössen des Navigationsmonitors, wobei der 21,3 Zentimeter grosse Bildschirm natürlich am meisten hermacht und sich auch mit Smartphones der beiden grossen Systeme gut versteht. Immer an Bord ist das farbige Info-System für den Fahrer, dass sich gut 17 Zentimeter direkt hinter dem Lenkrad breitmacht. Die kleineren Modelle werden mit 6-Gang-Handschalter geliefert, die stärkeren mit einer Neun-Gang-Automatik. Für einzelne Versionen ist auch eine 6-Gang-Doppelkupplung bestellbar.
Da der Compass zudem ein recht ansehnliches Innenleben vorweisen kann, dass trotz des freizügigen Einsatzes von Kunststoff für Behaglichkeit sorgt, ist er durchaus fit für lange Touren. Der Kofferraum ist mit bis zu rund 1’700 Litern (bei umgeklappten Rücksitze) ebenfalls alltagstauglich. Sicher wird sich der Neuling zum Verkaufsprimus der Jeep-Klasse entwickeln, da der Renegade vielen zu klein ist und der grössere Jeep Cherokee eine Preis- und Grössenklasse höher antritt. Vom teuren Edel-SUV Grand Cherokee ganz zu schweigen.