Car-to-X: Einer warnt die anderen.

Car-to-X: Einer warnt die anderen.

Car-to-X: Einer warnt die anderen.

 

Mercedes-Benz startet die Car-to-X-Kommunikation in der neuen E-Klasse. Andere Hersteller sind aufgerufen, sich der Plattform anzuschliessen. Das gemeinsame Ziel: die unmittelbare Warnung vor Gefahren.

4x4Schweiz-Report: Car-to-X im Mercedes-AMG E 43 4MATIC T-Modell

Stuttgart. Es wäre prinzipiell so einfach. Ein Auto kommt an einer vereisten Stelle auf einer Brücke ins Schleudern. Das ESP greift ein, rettet die Situation und meldet gleichzeitig den Ausrutscher an all jene Fahrzeuge, die sich in der Nähe befinden. Deren Fahrer sehen auf ihrem Display ein Schleuder-Icon als Hinweis und hören die Warnung „Achtung, Glatteisbildung voraus!“.

Die Mercedes E-Klasse spricht durch Car-to-Car und Car-to-X mit Ihresgleichen

4x4Schweiz-Report: Car-to-X in Mercedes-Benz Fahrzeugen: Achtung Unfallgefahr voraus

Schon seit längerem beschäftigen sich die Autohersteller mit der sogenannten Car-to-Car- und Car-to-X-Communication (Auto-zu-Infrastruktur). Einen Anfang macht hier die Echtzeit-Verkehrsmeldung RTTI (Real Time Traffic Information), bei der die im Fahrzeug montierte SIM-Card oder auch das mit dem Bord-Infotainment verlinkte Smartphone des Fahrers GPS-Daten übermittelt und erhält. Erfolgen keine Positionsänderungen der Autos über einen gewissen Zeitraum, ist aller Wahrscheinlichkeit nach Stau.

Mercedes geht nun als erster Autobauer einen Schritt weiter, will Informationen direkt von Auto zu Auto schicken. Dies funktioniert derzeit nur zwischen den Modellen der neuen E-Klasse-Baureihe W 213. Und auch nur dann, wenn der Käufer sich die grosse Head-Unit fürs Cockpit gegönnt hat, in dem das Comand-System NTG 5.5 (Neueste Telematik Generation) eingebaut ist.

Die Stuttgarter Business-Limousine kann bestimmte kritische Situationen dann an andere E-Klasse-Fahrer senden, die sich im näheren Umfeld befinden. „Das geschieht innerhalb weniger Sekunden je nach Stärke des Mobilnetzes“, sagt Mathias Hartl, bei Daimler der Experte für Car-to-X Kommunikation. Zuvor aber laufen die Daten über das Daimler Vehicle Backend. Mercedes weiss zwar bei der Eingangsmeldung, um welches Fahrzeug es sich handelt, das die Information gesendet hat, die Fahrzeugkenndaten werden jedoch im Backend weggeschnitten. „Die Warnung geht stets anonymisiert raus“, so Hartl.

Der grosse Rest der Autofahrer geht leer aus. Noch. Die Zukunft sieht vor, dass möglichst viele die Warnhinweise aufs Display bekommen, unabhängig, in welchem Auto sie sitzen. Hierzu müssten sich allerdings die Hersteller an einen Tisch setzen. Immerhin, die fünf deutschen OEM Volkswagen, Porsche, Audi, BMW und Mercedes haben dies bereits getan. Ihr Ziel: Ein gemeinsames Backend zum Datenaustausch erstellen und nutzen. (OEM = Original Equipment Manufacturer, übersetzt Originalausrüstungshersteller)

„Wer mitmachen will, kann dies gerne tun“, sagt Hartl. Das Daimler Vehicle Backend ist so gestaltet, dass andere Autohersteller an den Server angeschlossen werden können. Man hofft, in einigen Jahren so weit zu sein. Klar ist zumindest schon das Ziel: Unfallvermeidung und mehr Sicherheit für den Autofahrer.

In dem gemeinsamen Papier der OEM sind 13 Szenarien erfasst, bei denen andere Verkehrsteilnehmer gewarnt werden sollen. Da zählen unter anderem Glatteisbildung, Starkregen, Unfall, Panne, Nebel, Rutschgefahr, ESP-Eingriff und Vollbremsung mit Auslösen der Warnblinkanlage, aber auch eine Wanderbaustelle ist mit aufgeführt.

4x4Schweiz-Report: Car-to-X in Mercedes-Benz Fahrzeugen

Im deutschen Bundesland Hessen läuft hierzu ein Pilotprojekt, in dem der gewöhnlich mit einem grossen, blinkenden Pfeil ausgestattete Anhänger des Wanderbaustellen-Fahrzeugs, das beispielsweise eine Mähkolonne auf der Autobahn nach hinten absichert, einen GSP-Empfänger und ein Mobilfunk-Modul erhält. Der Hänger sendet seine aktuelle Position an den Server der BAST (Bundesanstalt für Strassenwesen) in Bergisch-Gladbach. Hier holt sich Mercedes die Information ab und schickt sie an die E-Klasse. Im Display erscheint das typische Icon einer Baustelle (Sandhaufen mit schaufelnder Person).

Mercedes weist in der E-Klasse auf die Gefahr unmittelbar hin. „Die Warnung kommt etwa zehn Sekunden vorher“, sagt Car-to-X-Experte Hartl. Der Autofahrer kann auch selbst aktiv tätig werden und die Gefahr über eine Taste im Lenkrad oder den Dreh-Drücksteller melden, zum Beispiel, wenn Steine auf der Fahrbahn liegen, ein Laster hinter einer Kurve liegengeblieben ist oder ein Velofahrer auf der Autobahn unterwegs ist.

Nach der E-Klasse Limousine W 213 wird das Car-to-X-Modul als nächstes Modell im Herbst der Kombi S 213 erhalten. Im kommenden folgt dann die S-Klasse (Baureihe W 222) im Zuge der anstehenden Modellpflegemassnahme. Sukzessive soll Car-to-X bis hinunter zur Kompakt-Plattform (A- und B-Klasse) eingebaut werden und eine Nachrüstlösung für Occasionen angeboten werden.

Ein Zukunftsszenario sieht auch die sehr schnelle Kommunikation direkt von Auto zu Auto über eine WLAN-Verbindung vor. In den USA ist bereits ein Gesetz in Vorbereitung, das vorschreibt, dass in einigen Jahren alle Neuwagen mit PWLAN ausgestattet werden müssen. Schwierigkeiten sehen die Experten allerdings noch beim Datenabgleich. Daimler-Mann Mathias Hartl: „Wir haben dann kein Backend mehr, wo wir eingreifen könnten.“