Toyota RAV4 Plug-in-Hybrid im Test
15.12.202240600
Viele Plug-in-Hybride enttäuschen im Alltag mit kleinen realen elektrischen Reichweiten. Der RAV4 macht seine Sache da deutlich besser – und hat auch sonst viel zu bieten. Ein Fahrzeug für die lange Strecke ist der Japaner aber trotz seines Twin-Antriebs nicht.
Was den Hybrid-Antrieb angeht, so darf sich Toyota unwidersprochen als der Pionier dieser Antriebstechnik bezeichnen. Wir sprechen hier wohlgemerkt von einem klassischen Hybrid, dessen Antrieb mangels Akkugrösse gar nicht oder nur wenige hundert Meter rein elektrisch fahren kann, so wie es etwa bei den Prius-Modellen der Fall war. Ein wenig zu lange haben sich die Japaner auf diesem Vorsprung und den unbestreitbaren Vorteilen des Antriebssystems ausgeruht. Mit Ausnahme des Wasserstoff-Autos Mirai, dessen zweite Generation jetzt auf den Markt kommt, hat Toyota bislang kein E-Auto im Angebot und lange Zeit gab es noch nicht mal einen Plug-in-Hybriden (PHV). Das wurde 2019 nachgeholt, seit einem Jahr gibt es einen RAV4 mit Stecker.

KAIZEN by Toyota

Wer spät dran ist, den bestraft in der Autobranche nicht immer das Leben – das hat Volkswagen ja über viele Jahrzehnte vorgemacht. Sich etwas mehr Zeit lassen, sich den Wettbewerb anschauen und die Fehler der Konkurrenten nicht zu wiederholen bzw. vieles dann gleich besser zu machen, das war lange Zeit das Erfolgsgeheimnis der Wolfsburger. Toyota verfährt mit der Plug-in-Version des RAV4 genauso. So verfügt das mit einer Länge von 4,60 Meter ziemlich exakt zwischen einem Tiguan und einem Tiguan Allspace einzuordnende SUV zum Beispiel über eine rein elektrische Reichweite von 75 Kilometern, während die meisten Plug-ins nur die für eine Förderung vorgeschriebenen 50 Kilometer gerade so erfüllen.

Der Unterschied mag marginal erscheinen, ist in der Praxis aber von Bedeutung. Nach unserer Erfahrung schaffen PHVs bei normaler Fahrzeugnutzung in der Praxis meist etwa zwei Drittel der angegebenen Elektroreichweite; also rund 35 Kilometer bei 50 Kilometer offizieller Reichweite und 50 Kilometer, wenn wie beim Toyota 75 Kilometer angegeben sind. Der Unterschied kann durchaus erheblich sein, wenn man zum Beispiel im Ballungsraum einer Stadt lebt und 20 Kilometer einfache Fahrt zum Arbeitsplatz zurückzulegen hat. Denn mit einem Fahrzeug wie dem RAV4 schafft man bei gepflegter Fahrweise die Hin- und Rückfahrt rein elektrisch und kann damit unter der Woche – eine Nachlademöglichkeit Zuhause vorausgesetzt – komplett lokal emissionsfrei unterwegs sein.

Also, das haben die Japaner schon mal gut gemacht. 18,1 kWh gross ist die Lithium-Ionen-Batterie, mit dem einphasigen Mode-2-Stecker ist der Akku also nach drei Stunden wieder voll. Es gibt auch die Möglichkeit, mit dem zweiten mitgelieferten Stecker den RAV4 an die Haushaltssteckdose zu packen, das ist zwar nicht praktisch, funktioniert aber und füllt den Akku komplett innerhalb von 7,5 Stunden auf, also etwa über Nacht.

Der Akku versorgt dabei gleich zwei E-Motoren, einen starken mit 134 kW/182 PS an der Vorder- und einen kleineren mit 40 kW/54 PS an der Hinterachse. Dazu kommt ein 2,5-Liter-Benzinmotor mit 136 kW/185 PS. Addieren darf man die einzelnen Motorleistungen nicht einfach, aber auch eine Systemleistung von 225 kW/306 PS sollte für alle automobilen Alltagslagen ausreichen.

Los geht´s wie bei fast allen E-Autos immer im E-Modus, also rein elektrisch. Nur wenn man stark beschleunigt schaltet sich der Benziner zu. Wer eine längere Strecke zurücklegen will, ist mit dem Auto-Modus gut bedient, denn dann übernimmt der Computer die Aufgabe, den energetisch jeweils sinnvollsten Modus zuzuschalten. Zusätzlich gibt es einen starren Hybrid-Modus sowie einen Modus, in dem der Benziner die Batterie nachlädt. Das ist zwar ökologisch nicht unbedingt sinnvoll, aber so kann man trotz vormals leerer Batterie, zum Beispiel die letzten Kilometer in der Stadt dann doch noch elektrisch zurücklegen.

Das alles klappt stets souverän, zumal der RAV4 von seiner Auslegung eher nicht zum dynamischen Fahren verleitet. Eher gleitet man dahin, macht es sich in den grossen Sitzen gemütlich und geniesst die grosszügigen Platzverhältnisse. Wenn man es wirklich mal eiliger hat, holt einen der sanfte Riese schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück: Zum einen, weil sich der Stromvorrat (zu) schnell reduziert, zum anderen, weil sich dann der Vierzylinder zuschaltet – und das ziemlich unwirsch. Der 2,5-Liter ist ein eher spröder Geselle, der Eindruck unwilliger Verbrenner-Arbeit wird vom CVT unterstützt, da auch moderne Generationen dieses Getriebes den Insassen beim Beschleunigen immer noch eine deutlich wahrnehmbare Diskrepanz zwischen Drehzahl und Tempoentwicklung bescheren.

Auf den Punkt gebracht – und eigentlich auch ganz logisch, weil es letztlich für jeden PHV gilt: Wer sich den RAV4 als Plug-in kauft, sollte auch so viel wie möglich damit elektrisch fahren.

Und es gibt neben der grösseren Umweltschonung noch einen anderen Grund für die elektrische Fortbewegung: Wer mit einen PHV wie dem RAV4 über die Autobahn rasselt, vielleicht sogar die Maximalgeschwindigkeit von 180 km/h (auf der deutschen Autobahn logischerweise) ausreizt, wird schnell mit zweistelligen Verbräuchen „belohnt“. Selbst wir kamen, bei gemischter Nutzung immer noch auf den vergleichsweise hohen Testverbrauch von 6,2 Litern. Das würde ein Diesel auch schaffen, allerdings kann man mit dem nie elektrisch fahren.

Als Automobil gibt es am Toyota sonst wenig zu kritisieren. Die Platzverhältnisse sind wie erwähnt üppig, weil sich der RAV4 im Laufe der 25 Jahre und fünf Modellgenerationen, die es ihn gibt, von einem kleinen zu einem ziemlich grossen SUV gewandelt hat. Nur der Kofferraum fällt mit knapp 500 und maximal 1.600 Litern etwas kleiner aus als bei der Version mit reinem Benzinantrieb (580 – 1.690 Liter). Die Verarbeitung der allerdings nicht an allen Stellen hochwertigen Materialen ist wie bei dieser Marke üblich gut. Zudem sind alle wichtigen Assistenzsysteme an Bord.

Toyota RAV4 Plug-in-Hybrid – Technische Daten:

Fünftüriges, fünfsitziges Kompakt-SUV, Länge: 4,60 Meter, Breite: 1,86 Meter  (Breite mit Aussenspiegeln: 2,13 Meter), Höhe: 1,69 Meter, Radstand: 2,69 Meter, Kofferraumvolumen: 490 bis 1.604 Liter

  • 2,5-Liter-Vierzylinderbenziner, 136 kW/185 PS, Elektromotor vorne: 134 kW/182 PS, Elektromotor hinten: 40 kW/54 PS, Systemleistung: 225 kW/306 PS
  • stufenlose CVT-Automatik
  • Allradantrieb
  • maximales Drehmoment: Front/Heck: 270/121 Nm
  • 0-100 km: 6,0 s, Vmax: 180 km/h (rein elektrisch: 135 km/h)
  • Normverbrauch: 1,2 Liter/100 Kilometer
  • Stromverbrauch kombiniert: 16,6 kWh, elektrische Reichweite: 75 km (WLTP)
  • CO2-Ausstoss: 22 g/km (WLTP)
  • Abgasnorm: Euro 6d, Emissionsklasse: A+
  • Testverbrauch: 6,2 Liter/100 Kilometer

 

Toyota RAV4 Plug-in-Hybrid – Kurzcharakteristik:

  • Warum: harmonischer Twin-Antrieb; e-Reichweite für Wenigfahrer okay; Preis nach Abzug der Prämie in Ordnung
  • Warum nicht: reale E-Reichweite nicht ausreichend; über PHV´s und ihren Sinn kann man generell streiten
  • Was sonst: Ford Kuga 2.5 PHV, Kia Sorento PHV, Citroen C5 Aircross Hybrid 225

Ähnliche Artikel

Jeep Heep Heep Festival in Crans-Montana ✌🏼

Jeep Heep Heep Festival in Crans-Montana ✌🏼

Das Jeep Heep Heep Festival in Crans-Montana ist längst Kult – und dieses Jahr hat es wieder alle Erwartungen übertroffen. Mit 500 Jeeps aus ganz Europa wurde das 26. Festival zu einem der grössten Jeep-Treffen des Kontinents. Hier ging es nicht nur um Show, sondern um echten Offroad-Spirit.

Ford Bronco Sport Sasquatch: Auf den Spuren des Bigfoots

Ford Bronco Sport Sasquatch: Auf den Spuren des Bigfoots

Es gibt Legenden, die lassen uns nie los. Eine davon ist der Sasquatch – der mysteriöse Bigfoot, der seit Jahrhunderten durch die Wälder Nordamerikas geistern soll. Jetzt schickt Ford seine Fans auf eine spannende Jagd nach dem Fabelwesen. Der perfekte Begleiter: der brandneue Ford Bronco Sport Sasquatch. Mit seinem einzigartigen Sasquatch-Paket wird der kompakte SUV zum Offroad-Biest. Noch besser? Man kann ihn sogar gewinnen!

Volvo XC90: Mehr Komfort, mehr Technik, mehr Volvo

Volvo XC90: Mehr Komfort, mehr Technik, mehr Volvo

Seit seiner Markteinführung war der XC90 nicht nur ein Symbol für Sicherheit und skandinavisches Design, sondern auch eine feste Grösse im Segment der Premium-SUVs. Jetzt hat die schwedische Premium-Marke ihre Ikone umfassend aktualisiert – und das Ergebnis kann sich sehen lassen.