Autofahren auf dem afrikanischen Kontinent kann ein Abenteuer sein. Lehrreicht ist es allemal und räumt so manches Vorurteil aus dem Weg. Wir waren mit dem VW Amarok im Süden des zweitgrössten Erdteils unterwegs.
Simbabwe/Botswana. Für diese Buschtour hat Volkswagen das richtige Fahrzeug gewählt. Der Amarok scheint das ideale Auto für eine Fahrt durch Länder, deren Strasseninfrastruktur angesichts der dortigen wirtschaftlichen Möglichkeiten wahrscheinlich zu wünschen übrig lässt.
VW Amarok, permanenter Allradantrieb, 132 kW/180 PS aus einem Zweiliter-Diesel und für den Notfall noch eine mechanische Hinterachssperre.
Das sollte reichen, um in einem Land wie Simbabwe nicht steckenzubleiben. Die Wirklichkeit sieht allerdings anders aus: Man ist mit dem Kraxler geradezu überversorgt in einem Gebiet, in dem Touristen fast schon ein Massenphänomen sind. Nicht nur Europäer machen sich auf den langen Weg, um die rauschenden Victoriafälle zu bestaunen. Auch und gerade US-Amerikaner wie Südafrikaner werden von den faszinierenden Wassermassen angezogen. Autoliebhaber bekommen dagegen ein eher sachliches Strassen-Bild geboten, das insbesondere von Japanern geprägt ist. Toyotas in verschiedensten Ausführungen – alt und neu – bevölkern die Strassen, die übrigens ziemlich gut anmuten – jedenfalls auf den Hauptrouten.
Wirklich arme Landsleute sind offensichtlich gar nicht motorisiert. Der Verkehrsfluss in der Touristenhochburg Victoria Falls, ein quasi künstlich angelegter Ort um die Wasserfälle, präsentiert sich geordnet – auch gibt es keine Horden an Zweirädern, wie sie die Autofahrer selbst in den Metropolen des sommerlichen Italiens Blut und Wasser schwitzen lassen. Natürlich haben sich die Routenplaner von Volkswagen etwas Besonderes ausgedacht, es bleibt also nicht bei der langweiligen Landstrasse, auch wenn die mit 120 km/h ziemlich zügig befahren werden darf. Nach knapp 100 Kilometern geht es endlich auf die Geröll-Piste.
Chefinstruktor Matthias Göttenauer lässt den Konvoi vorher noch eben an einer Kohlemiene nebst Kraftwerk vorbeiziehen, das in der britischen Kolonial-Zeit entstand. Während die Volkswagen-Allradler – noch auf Asphalt – ihren Weg machen und eine kleine Siedlung passieren, blitzt plötzlich ein Stück Afrika hervor, so wie man sich den Kontinent in den üblichen Klischees vorstellt: Einheimische Frauen mit tiefschwarzer Haut und schweren Krügen auf den Köpfen wuseln durch die Strassen. Der Verkehr in dieser ländlichen Gegend nimmt nun ab, klar, der Touristenort Victoria Falls liegt schon 80 Kilometer hinter dem Tross. Und dennoch – die Autos, die noch vorbeifahren, bleiben sachliche Japaner und sind in besserer Kondition als man vermuten könnte.
VW Amarok Adventure Tour 2015 durchs südliche Afrika
Doch nun wird endlich auf Schotter abgebogen. Es naht die Einfahrt des Hwange-Nationalparks, ein fast 15.000 Quadratkilometer grosses Gelände. Der Park war bereits in den Dreissigern des vorigen Jahrhunderts in Betrieb. Hier leben viele Tierarten von Antilopen über Büffel, Elefanten, Flusspferde, Giraffen und Zebras bis hin zu Löwen. Der Hwange-Park reicht bis an die Landesgrenze zu Botsuana, das nach etwa 100 weiteren Kilometern folgt.
Selbst ein Hecktriebler hätte die Passagen gemeistert, allerdings wäre ein konventioneller Pkw womöglich an so einigen Wasserdurchfahrten gescheitert. Wer hier fährt, teilt sich die Pfade manches Mal mit wilden Tieren. Ab und zu springt eine Antilope über den Weg, oder es blickt eine Giraffe dem Fahrer direkt in die Augen. Die Vorfahrt muss man sich aber nicht erkämpfen, die Tiere sind meist scheu und suchen derart rasch das Weite, dass man sie kaum mal fotografieren kann. Nur mit Elefanten, schwer wie der Amarok selbst, sollte man sich nicht anlegen, falls die einmal die Bahn queren sollten.
Das Passieren des Grenzübergangs von Simbabwe nach Botswana ist für Europäer eine fast so interessante Erfahrung wie die Begegnung mit der exotischen Tierwelt. Nicht dass hier reger Betrieb herrschte – aber wer vermutet hätte, den kleinen Streifen binnen deutlich unter 90 Minuten zu überwinden, irrt gewaltig. Dabei liegt das gar nicht an etwaigem Papierkram, nein, der verantwortliche Grenzbeamte ist schlichtweg nicht anwesend. Er muss erst von rangniedrigeren Kollegen telefonisch benachrichtigt und am Ende sogar persönlich aufgesucht werden, um ihn an Ort und Stelle zu bewegen, damit die Weiterfahrt endlich möglich wird. Bis der zeichnungsbefugte Mann die wenigen Meter mit seinem 3er-BMW der Baureihe E46 vorgefahren kommt, bleibt genügend Zeit, den Grenzposten zu erkunden. Unmittelbar vor der alten Schranke leben offenbar Menschen in verhältnismässig ordentlichen Häusern. Spielende Kinder laufen herum und ältere, mutmassliche Familienmitglieder, die ihren Hund Gassi führen. Autoliebhaber können in Ruhe ein paar alte Toyota-Pickups inspizieren.
Im Anschluss an die (problemlose) Einreise nach Botswana findet sich der Konvoi gleich auf der hervorragend ausgebauten A1 wieder. Über die Fernstrasse wird der Versorgungsverkehr nach Südafrika sichergestellt – hier herrscht reger Lkw-Betrieb. Ganz Afrika strotzt vor gewaltigen Strassenbauprojekten in Erwartung an eine irgendwann einmal hoffentlich bessere Welt mit mehr Wohlstand und weniger Kriminalität. Der Trans African Highway 4 beispielsweise ist auch als „Cairo-Gaborone-Highway“ bekannt und führt nach der Hauptstadt Botsuanas weiter bis Südafrika. Für die Amaroks heisst es jetzt erst einmal 150 Kilometer Schonfrist, denn so weit ist es noch bis zur nächsten Übernachtung, und Schotter steht einstweilen nicht mehr auf dem Plan.
Das Strassenbild ist auch im deutlich reicheren Botswana von sachlichen Nissan- und Toyota-Modellen geprägt – die Jugendlichen mit dem bollernden V8-Land Rover Discovery 3 oder dem Siebener-BMW (E65) bleiben eine Ausnahme. Ein bisschen Geröll müssen die Pickups aus Hannover am nächsten Tag dann aber doch noch aushalten, wenn es an ausgetrockneten Salzseen vorbei und nachfolgend über mehrere Hundert Kilometer Asphalt zum Flughafen der mittelgrossen Stadt Maun geht. Tier- und Autoliebhaber kommen auch auf dem letzten Abschnitt nicht zu kurz, wobei die Fauna nun schon fast heimisch anmutet. Neben ein paar Zebras kreuzen auch Kuhherden und Pferde den Weg. Vor einer Hütte neben dem Schrottplatz parkt ein Mercedes W123 Coupé, wie es auch bei uns inzwischen als Oldtimer vor einem schicken Vorstadt-Haus zu finden sein könnte. Ein bisschen Europa findet man eben auch im fernen Afrika immer.