Alle reden von Nachhaltigkeit, Thomas Neeser tut es. Mit Leidenschaft repariert und fährt er alte Citroëns. Wobei “reparieren” und “fahren” stark untertrieben ist.
Wenn Thomas Neeser einen Oldtimer restauriert, gleicht das eher der Restauration eines Kunstwerks. Auch wenn ein Scheunenfund noch so am Ende scheint, ist das beim 48-jährigen Zürcher erst der Anfang einer Wiedergeburt der schönsten Art.
Auch beim Citroën C4, dem neuesten Baby von Thomas Neeser, Inhaber von bellemecanique.ch. In seiner Garage repariert, restauriert und optimiert er noble Vorkriegsfahrzeuge und betagte Franzosen, insbesondere Citroëns der Jahre 1928- 1957.
Der Name ist Programm
Bei Belle Mécanique handelt es sich um keine herkömmliche Auto-Garage, sondern um ein “Handwerksbetrieb rund um die schöne Mechanik” – wie auf der Website steht. Die Garage gleicht einem stilvollen, aufgeräumten Man-Cave mit schmucken Details, die alle eine Geschichte zu erzählen haben. Keine Frage, bei Thomas Neeser handelt es sich um einen Schrauber aus Leidenschaft. Der 48-Jährige ist ein ausgewiesener Citroën-Oldtimer-Profi und als “Rudi Mentaire” eine Institution in der Szene.
Citroën-Scheunenfund restauriert
“Der Citroën C4 war ein Scheunenfund”, erzählt der sympathische Zürcher. Alle anderen hätten darin lediglich einen Haufen Schrott gesehen. Nicht so Thomas Neeser: Er erkannte im Citroën C4, Jg. 1932, das Juwel, das er heute ist. Originaler könnte der 32 PS kaum sein. Weit über 2’500 Arbeitsstunden und CHF 35’000 für Material stecken in der Restauration des Oldtimers – dieser hat einen theoretischen Wert von rund 250’000 Franken. Praktisch ist der C4 aber unverkäuflich.
Wie letztes Jahr: 7’000 Kilometer fuhr er mit Frau, Sohn und Motorrad an den Atlantik und nach Korsika. Natürlich nahm er dafür nicht die Autobahn, sondern suchte sich standesgemässe Routen an die schönsten Orte, wo er auf dem Autodach im Zelt übernachtete.
Citroën Traction Avant 11B
Auch beim Citroën Traction Avant 11B, Jahrgang 1953, waren die überlasteten Reifen früher das Hauptproblem. Thomas Neeser legte mit seinem langjährigen Weggefährten über 100’000 Kilometer zurück. Nicht nur im Alltag sondern auch zum Wild-Camping in der Steinwüste.
350’000 km mit dem Döschwo
Eigentlich kaufte Neeser den Traction schon vor 26 Jahren, nahm ihn auseinander und lagerte ihn viele Jahre ein: “Ich hatte sogar vergessen, dass ich ihn noch habe.”
Der Grund war ein Citroën 2CV, den Thomas Neeser zwischenzeitlich in Stand setzte. Er baute ihn zu einem kleinen Wohnmobil aus, mit isolierten Türen und Sitzen. Insgesamt legte er mit der überarbeiteten Ente über 350’000 Kilometer zurück.
Leider wurde sein Bijoux von einem anderen Auto abgeschossen. Nachdem Thomas Neeser in eine postautomobile Depression verfiel, kam ihm in den Sinn, dass er noch einen ausgeweideten Citroën Traction Avant 11 CV eingelagert hatte.
Erfolgreich und schnell
Der Citroën Traction Avant kam 1934 auf den Markt. Und war revolutionär – nicht bloss wegen des Vorderradantriebs. Der Traction Avant hatte als einer der ersten Wagen eine selbsttragende Karosserie. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 115 km/h – für damalige Verhältnisse schwindelerregend schnell (der 6 Zylinder schafft vielleicht auch die 130 km/h). 750’000 Exemplare wurden vom Traction in vielen unterschiedlichen Varianten gebaut. Neeser lobt das Fahrverhalten seines 66 Jahren alten Franzosen.
Innert einem halben Jahr baute Thomas Neeser seinen 1953er Traction wieder auf. Er installierte auf den 66 Jahre alten Citroën ausserdem einen stabilen Dachträger für eine grosszügiges Zelt. Damit geht der Zürcher immer noch auf abenteuerliche Fahrt. Und kommt an. Denn Ersatzteile findet man noch überall – dies, weil die Technologie des Tractions noch viele Jahre in anderen Citroëns verbaut wurde.
Clean Up The World
Auch wenn es nicht so aussieht: Thomas Neesers stählerne Juwelen sind umweltfreundlicher als alle Neuwagen. Und nachhaltiger, da die Grauenergie schon vor einem halben Jahrhundert amortisiert wurde. „Ausserdem entspricht das Gewicht der Fahrzeuge heute dem eines Kleinwagens, was den Spritverbrauch im Vergleich zu den heutigen Oberklasse-SUVs klein werden lässt.“
Auch persönlich liegt ihm der Naturschutz am Herzen: Auf dem Dachträger des Traction Avant von Thomas Neeser prangt auf Reisen der Schriftzug des NGO-Projekts «Clean Up The World», das Menschen ermutigt, der Umwelt mehr Sorge zu tragen. So hat er schon ganze Strände vom angeschwemmten und liegengelassenen Müll gesäubert.