Roadtrip mit dem VW Touareg von Bratislava nach Peking
Am Vormittag des 1. März 2018 wurde vor dem Haupteingang des Volkswagen Werks in Bratislava das Startsignal für die Rekordfahrt mit dem Touareg gegeben:
- 11 Länder
- 16’000 Kilometer
- 23 Tage
Die Route des Projekts Bratislava nach Beijing verlief durch elf Länder: Slowakei, Österreich, Tschechische Republik, Polen, Litauen, Lettland, Estland, Russland, Kasachstan, Mongolei und China
Etwas mehr als tausend Kilometer liegen gleich am ersten Tag an. „Strecke machen!”, lautet die Devise. Keine Stunde später sind wir im Herzen der Alpenrepublik. Gerade einmal 55 Kilometer trennen Wien von Bratislava – das ist der geringste Abstand aller europäischen Hauptstädte.
Riga
Nächster Halt Riga. Für die spontane Idee, unseren Touareg am Meer zu fotografieren, werden wir mit einemherrlichen Panorama belohnt. Auch im Winter sind die Ostseestrände voller Leben. Wo sich im Sommer schneeweisse Sandstrände ausbreiten, lockt im Winter eine sehr solide Eisdecke.
ST. PETERSBURG
St. Petersburg begrüsst uns mit märchenhaftem Wetter. Auf den Strassen leichter Frost, die Sonne scheint strahlend hell, und komplette Windstille. Das Leben in der Winter-Wonderland-Stadt spielt entlang der Newa und auf den zugefrorenen Kanälen, auf der grössten Wasserstrasse der Stadt herrscht viel Verkehr. Warm eingepackte Menschen wuseln von Ufer zu Ufer, Touristen fotografieren die Kulisse, Einheimische fahren Ski und Schlittschuh auf dem Eis!
Unser Auto zieht die Leute an wie ein Magnet. Jeder Vorbeifahrende starrt auf dieses unbekannte, getarnte Auto. Die Passanten machen ganz aufgeregt Fotos. Ein Erlkönig, wann sieht man so etwas schon mal in echt?
Moskau
Unser nächster Stopp ist Moskau und da wartet die nächste Herausforderung: Fahraufnahmen vor der Basilius-Kathedrale haben wir uns in den Kopf gesetzt. Da ist normalerweise nichts zu machen. Hier gibt es ständig Staus, Massen von Touristen – und oft noch mehr Polizisten. Aber wir haben Glück. Die Touristen verstecken sich vor der Kälte in den Cafés, die Zahl der Autofahrer hält sich in Grenzen, und das Moskauer Heiligtum glüht in den Strahlen der untergehenden Sonne.
Kasachstan
Weiter gehts. Wir erreichen die russisch-kasachische Grenze. Die Strasse windet sich als festgefahrene Schneedecke zwischen Feldern mit verkümmerter Vegetation. Der Tag fängt gerade erst an, aber wir sehen schon die ersten Autos im Graben liegen. Klirrender Frost liegt in der Luft. Die unglücklichen Passagiere sind gezwungen, sich durch Springen und Laufen zu wärmen. So gut es halt geht.
Die Abfertigung an der Grenze erfolgt schnell und ohne Komplikationen. Passkontrolle, Zollkontrolle – und zack sind wir auf dem Territorium Kasachstans.
Schymkent
Es ist mittlerweile Dienstag, der 13. März. Echt irre, wie schnell sich das Wetter ändern kann: Gestern noch kämpften wir uns durch einen grimmigen Eiswind. Der wolkenverhangene Himmel schwebte gefühlt zwei Meter über dem tiefgefrorenen Boden. Das Thermometer zeigte ungerührt minus 19 Grad. Und heute? Je näher wir Schymkent kommen, desto wärmer, ach was, heisser wird es. Gegen Mittag kraxelt die Säule des Thermometers auf 20 Grad plus.
Wir besichtigen die Ausgrabungsstätte der antiken Stadt Sauran. Sie gilt als das am besten erhaltene mittelalterliche Festungserbe Kasachstans. Gewaltige Lehmwände umgeben das riesige Areal.
Almaty
Wir machen uns weiter auf den Weg nach Almaty. Die Autos, die wir passieren, werden immer bizarrer, überall ist irgendwas verzurrt. Fehlt nur noch, dass obendrauf ein Dutzend Mitreisender hockt. Schwer zu sagen, wo die alle hinwollen. Einfach nur von Stadt zu Stadt? Wegbeschreibungen sind hier oft Glückssache.
Auf dem Weg nach Osten liegt der Scharyn-Nationalpark, einer der schönsten Orte in Kasachstan, heisst es. Den wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Gut 250 Kilometer sind es bis dahin. Der grandiose Canyon macht wirklich Eindruck. Die bizarren Erdeinschnitte erinnern stark an den Grand Canyon in den USA, auch wenn das kasachische Pendant etwas kleiner ist.
Nowosibirsk
In der Nähe von Nowosibirsk fällt uns auf dem Eis des Ob eine grosse Anzahl von Zelten auf samt Menschen, die daneben hocken. Das schauen wir uns genauer an. Aha, alles Eisfischer. Männer im besten Alter, die mehrheitlich keine Arbeit haben, und darum hier ihr Glück versuchen. Heute gehen sie allerdings leer aus: Kein einziger Fisch beisst an, beklagen sie. Gleichzeitig sagen sie mit verschmitztem Lächeln, dass sie den Tag lieber mit leeren Händen auf dem Eis verbringen, als zu Hause vor dem Fernseher zu verschimmeln.
In Novosibirsk steuern wir einen lokalen Händler an. Zeit für den ersten Ölwechsel bei unserem Touareg und einen kleinen Generalcheck nach all den Strapazen. Den neuen Touareg hat logischerweise noch keiner von ihnen in den Fingern gehabt.
Wir nutzen die Zeit, um unser Backup-Office auf Vordermann zu bringen und uns ein bisschen auszuruhen. Keine zwei Stunden später sind wir wieder „on the road”.
Baikalsee
Nach einer kalten Nacht erwartet uns als Höhepunkt des neuen Tages der zugefrorene Baikalsee – ein echtes Naturwunder. Obwohl in Sibirien heute Minusgrade herrschen, heizt uns die Frühlingssonne tagsüber ein wie ein Crème-brûlée-Brenner. Alle behördlichen Überwachungsorgane sind bereits alarmiert. Unsere erste Anlaufstation – Listwjanka, eine kleine Siedlung am Baikalsee – wird schon mal ein Schlag ins Wasser. Zufahrt zum See gesperrt. Aber wir geben nicht auf.
Der Baikalsee fasziniert mit seiner schier unfassbaren Grösse und Transparenz. Das Eis ist scheinbar metertief auf verschiedenen Ebenen von kunstvoll mäandernden Rissen durchzogen. Stundenlang könnte man die Landschaft um sich herum beobachten. Still. Geniessend. Und während Du das machst, spürst Du in Dir eine kolossale Energie, von den Schuhsohlen bis zur Mütze. Wir würden gerne noch ein wenig hierbleiben, aber der Grenzübergang zur Mongolei wartet auf uns. Lieber nicht zu spät dort ankommen!
Ulaanbaatar
In Ulaanbaatar ticken die Uhren anders. Dienstag, 20. März: Die russisch-mongolische Grenze ist schnell passiert, aber kaum sind wir auf der mongolischen Seite, ticken die Uhren anders. Jeder will immer Erster sein. Bei der Passkontrolle, bei der Zollanmeldung – immer gibt es Hektik und lautstarkes Lamentieren. Hauptsache, zuerst drankommen und ja nicht warten müssen in der Schlange. Ein einziges Drängeln und Schieben. Als gäbe es kein Morgen. Auch im Verkehr. Kuhherden laufen gemütlich die Strassen entlang – und die „Locals” rasen mit unfassbarer Geschwindigkeit an ihnen vorbei. Auch zum Aufräumen scheint hier keiner Zeit zu haben: Im Umfeld jeder menschlichen Behausung türmt sich der Müll, teils meterhoch.
Abseits der Strasse entdecken wir ein grosses Feuer. Umgeben von einer Menschentraube. Vielleicht eine Feier? Als wir näherkommen, realisieren wir, dass es keine Reisenden oder Touristen sind. Einer aus der Gruppe kommt auf uns zu und erklärt uns, dass alle wegen eines Schamanen zusammengekommen sind. Er plant jetzt eine Zeremonie. Wir fragen, ob wir dabei sein dürfen. Er wendet sich an die Umstehenden, sie stimmen zu. Auch der Schamane gibt seine Erlaubnis.
Die Mongolei hört nicht auf, uns zu überraschen. Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart sind hier eng miteinander verknüpft. Die Mongolen verwenden kein Bargeld. Bezahlt wird mit Bankkarten oder per Überweisung.
Und wenn man einem der buddhistischen Mönche ein wenig Geld geben will, teilt er gerne die Kontonummer seines Klosters und den Namen der Bank mit, damit man das Geld direkt anweisen kann. Er wird bei diesem Plausch in traditioneller Tracht gekleidet sein und über seiner Schulter baumelt eine Hängetasche mit einem Laptop.
China
Dann sind wir in China und damit fast am Ziel der Reise, aber leider können wir nicht „einfach so” nach Peking fahren. Der temporäre Import unseres VW Touareg in die Volksrepublik erfordert aufwändigen Papierkram – und der kostet behördliche Bearbeitungszeit.
Dann sind wir in China und damit fast am Ziel der Reise, aber leider können wir nicht „einfach so” nach Peking fahren. Der temporäre Import unseres VW Touareg in die Volksrepublik erfordert aufwändigen Papierkram – und der kostet behördliche Bearbeitungszeit.
Während die Zollformalitäten ihren Lauf nehmen, versuchen wir, in die nahegelegene Stadt zu kommen. Problem: Ohne das Auto dürfen wir die Zollstation nicht verlassen. Dieser Übergang ist nur für Autos und darf nicht zu Fuss überquert werden. Also müs- sen wir improvisieren: Unser Führer stoppt einen knorrigen Geländewagen der bekannten russischen Marke UAZ und bittet den Fahrer, uns in die nächste Stadt mitzunehmen. Der Mann stimmt zu und deutet uns mit dem Daumen, wir mögen hinten Platz nehmen. Äh, bloss wo? Die Fahrerkabine ist komplett entrümpelt, es gibt nur einen einzigen Sitz – und auf dem hockt der Fahrer. So kommen wir also zu unserer ersten Mitfahrt auf dem nackten Bodenblech eines russischen Geländewagens.
Der Tag zieht sich. Wir warten auf unser Auto. Ohne die nötigen Zollstempel können wir nicht weiter. Am frühen Abend dann ist klar: Heute wird das nix mehr. Die Zollbeamten schalten humorlos das Licht aus und gehen. Na super. Mit langen Gesichtern machen wir uns auf den Rückweg nach Eren Hot. Also noch eine Nacht an der Grenze abhängen.
Am frühen Morgen darf unser Touareg die Zollzone verlassen. Na endlich.
Peking ruft!
Weiter geht die Reise, muss sie auch: die Weltpremiere in Peking am Freitag, 23. März, ruft. Wir müssen noch schnell Transitkennzeichen besorgen, der gesamte Vorgang dauert nur ein paar Minuten: Zwei junge Polizisten checken die Dokumente, machen ein paar Fotos vom Wagen und geben uns alles, was wir brauchen. Jetzt können wiruns offiziell durch China bewegen.
Ausserhalb der Stadt kommt uns alles merkwürdig vertraut vor. Die sogenannte Innere Mongolei in China erinnert stark an ihre russische Schwester und ist bereits Teil der Wüste Gobi.
Am Strassenrand tauchen die ersten Dinosaurier-Figuren auf. In Zentralasien, speziell in der Gobi, werden immer wieder Überreste der prähistorischen Giga-Echsen gefunden.
Die Gegend um die Stadt Eren Hot in der Wüste Gobi ist bekannt für zahlreiche Dinosaurierfunde. Die Giganten lassen sogar den Touareg klein aussehen. Spät in der Nacht kommen wir in Peking an.
Der letzte Punkt unserer Reise ist das Flagship Dealer Center Volkswagen, mitten in der Innenstadt. Etwas wehmütig rollen wir auf den Parkplatz. Wir sind da. Angekommen. Endlich in Peking.
Geschaft! Stolze 16500 Kilometer haben wir in drei Wochen zurückgelegt. Das sind am Ende 500 Kilometer mehr als wir ursprünglich dachten. Es gab ein paar Umwege und wir machten Sonderfahrten zu schönen Foto-Punkten. Das hat sich jedes Mal gelohnt! Riesenfreude und Melancholie herrschen, wir könnten doch noch ein bisschen weiterfahren, jetzt, da wir gerade in Schwung sind.
Wir haben den grössten Kontinent von West nach Ost praktisch vollständig durchquert.Wir sind ein wenig müde. Aber sehr sehr glücklich. Das ist Ende unserer Reise von Bratislava nach Peking. Jetzt wird gefeiert. Prost, Touareg!
Durch Schnee, Eis, Feuer und Sand
Weltrekordfahrer Rainer Zietlow (rechts) ist Anfang März vom Volkswagen Werk Bratislava in der Slowakei mit einem getarnten Touareg gen China aufgebrochen. Die Strecke ist rund 16000 Kilometer lang. In Bratislava wird der Touareg seit 2002 gebaut, am 23. März feierte das komplett überarbeitete SUV in Peking Weltpremiere.
Wenn auch du auf einer Reise bist, oder du demnächst aufbrichst und deine Erlebnisse mit uns teilen möchtest, schreib’ uns doch einfach eine Email. Wir freuen uns.