Wenn man sich die Modellpalette des koreanischen Automobilkonzerns anschaut, präsentiert sich das erwartete Bild; vernünftige Autos in verschiedenen Grössen, faire Preise und bezüglich Design eine gute Portion Understatement. Und dann kommt da plötzlich dieser Stinger GT, der auf den ersten Blick so gar nicht ins Portofolio passen will.
Die Koreaner zielen mit dem Stinger GT auf die Oberklasse. Und landen einen Treffer.
Der in Korea ansässige Hyundai-Konzern mit den drei Automarken Genesis, Hyundai und Kia, scheint in seinem Masterplan für Kia die nächste Stufe zu zünden. Während der vergangenen drei Dekaden wurden die Vorstufen „Markteintritt“ und „Marktdurchdringung“ erfolgreich aufgegleist und abgeschlossen; 2016 wurden weltweit bereits über drei Millionen Einheiten verkauft. Trotz verfehlter Absatzziele ein respektabler Wert; VW als grösster Autoverkäufter brachte 2016 knapp über 10 Mio. Einheiten unters Volk. Dazu hat Kia neben soliden Fahrzeugen und weiteren Marketingmassnahmen auch verschiedene Sponsoring-Engagements genutzt, um sich in Position zu bringen. So fungiert die Marke beispielsweise als Hauptsponsor der Australian Open und Fussballklubs wie Girondins Bordeaux und Atlético Madrid.
Der äussere Eindruck
Das für einen KIA ungewöhnliche und auch sonst auffällige und selbstbewusste Design zieht den Blick sofort auf sich. Dieser Look hatte schon beim 2011 präsentierten Konzept für Aufmerksamkeit gesorgt. Schon dort wollte es so gar nicht zu dem Bild passen, das vor dem geistigen Auge erscheint, wenn man an KIA denkt.
Die lang gezogenen und markant heraus gearbeiteten Linien sowie die elegant lauernde Haltung des Stingers machen gleich deutlich, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen KIA handeln kann. Die sportliche Ausprägung wird mit den zwei Doppelflöten am Heck, den seitlichen Lufteinlässen und den auffälligen Brembo-Bremssätteln zusätzlich betont. Dazu differenziert ihn die imposante Länge von über 4,8 Metern zusätzlich von der Konkurrenz in diesem Segment, namentlich dem BMW M3 oder dem Audi S4.
Innenraum
Im Cockpit findet man sich schnell zurecht, die Anordnung der Bedienelemente ist herkömmlich aber schlau designt. Der Oberklasse-Anspruch wird durch den grosszügigen Einsatz von Plastik leider etwas gemindert und kann mit den Klassenstrebern nicht mithalten. Dies wurde jedoch mit den Standard-Features wie beispielsweise dem D-Sportlenkrad mit integrierten Schaltwippen und den Aluminium-Sportpedals wieder etwas korrigiert, dazu sind Apple CarPlay und Android Auto Standard. Die verfügbaren Optionen können es hingegen problemlos mit dem Angebot der Konkurrenz aufnehmen. Die Nappaleder-Sportsitze sind sehr bequem, geben guten Halt und lassen sich über die seitlich angebrachten Bedienelemente individuell einstellen. Das Rundumsicht-System mit Einparkhilfe kombiniert vier Blickwinkel (inklusive Vogelperspektive) auf dem gut auflösenden Bildschirm. Diese Hilfe ist dringend nötig; ohne sie wäre insbesondere das Manövrieren im Retourgang aufgrund der mangelnden Rundumsicht ein reiner Blindflug. Die Heckscheibe ist in überraschender Weise fast nutzlos, gibt sie doch trotz ihrer Grösse nur einen Streifen Sicht nach hinten frei (was vielleicht auch erklärt, weshalb sich KIA gar nicht erst die Mühe machte, dort einen Scheibenwischer zu installieren). Durch die schmalen Fensterschlitze der hinteren Türen ist fast ebenso wenig zu erkennen.
Die Rückbank verfügt über ungewöhnlich lange Sitzflächen, was für Erwachsene zwar sehr bequem ist, für Kinder das Sitzen jedoch eher schwierig macht, da sich die Knie nicht richtig anwinkeln lassen. Was gelegentlich zu verstimmtem Murren von hinten führt, besonders auf längeren Fahrten. Dies lässt sich aber mit dem gut klingenden 720 Watt starken Harman-Kardon-Soundsystem mit 15 Lautsprechern problemlos eliminieren.
Aufgrund der Länge des Kia Stinger könnte angenommen werden, dass der Kofferraum im Vergleich zur Konkurrenz deutlich grösser ausfällt. Dem ist aber nicht so. Der verfügbare Raum ist mit 406 – 1114 Liter Gepäckraumvolumen zwar ansprechend gross, im Direktvergleich mit BMW, Audi und Co kann aber nur in bescheidenem Masse mehr Ladung verstaut werden.
Auf der Strasse
Der erfreulich grimmige Motorensound, der (subjektiv wahrgenommen) einen etwas synthetischen Unterton hat, lässt aufhorchen. Cruisen kann man. Wenn das Gaspedal aber nur etwas fester gedrückt wird, legt der 3.3 T-GDi V6 mit 8-Stufen-Automatikgetriebe und 272 kW (370 PS) unerwartet zügig los. Der KIA Stinger erfüllt mit diesem Aggregat gleich einige wesentliche Voraussetzungen für einen Wagen in diesem Segment.
Mit der Fahrmodus-Taste kann der Fahrer zwischen fünf Einstellungen wählen: „Comfort“, „Sport“, „Sport+“, „Eco“ und „Smart“. Bei letzterem wählt das intelligente System die jeweils passende Charakteristik gleich selbst.
Das Fahrgefühl ist in jedem Modus auf sportlich ausgelegt. Und dies macht in der Stadt sowie auf längeren Fahrten viel Spass. Das Schalten über die Wippen ist OK, wenn auch die Reaktion beim Herunterschalten etwas träge ausfällt. Die Automatik löst dies um einiges flüssiger.
Fazit
Gemäss KIA geht neue Stinger direkt ins Herz wahrer Automobil-Enthusiasten. Alles an ihm verkörpere klassischen, echten Gran Turismo Spirit – von der tief gezogenen Motorhaube über die akzentuierten Flanken bis zum atemberaubenden Gesamtauftritt. Der längs eingebaute Stinger Motor habe es in sich: 3.3 T-GDi V6 272 kW (370 PS). Das 8-Stufen-Automatikgetriebe ermögliche geschmeidige Gangwechsel und beeindruckende Beschleunigung.
Andere sagen, dass der Verbrauch im Vergleich mit den direkten Konkurrenten etwas höher ausfällt. Auch sei das Handling am Limit nicht gleich zuverlässig wie beispielsweise bei BMW, Lexus oder Audi. Was hierzulande aber wohl nicht weiter ins Gewicht fallen sollte.
Wir haben den KIA Stinger GT als Sport-Limousine kennen gelernt, die uns in mehrfacher Hinsicht überrascht hat. Das Design ist State-of-the-Art, das Innenraumkonzept und die Features ebenso. Das bequeme und gleichzeitig sportliche Fahren inklusive aggressivem Motorensound oder optional satter Harman-Kardon-Innenraumbeschallung, bereitet auf kurzen oder langen Strecken viel Spass.
Natürlich wurden aufgrund des vergleichsweise tiefen Basispreises von CHF 59’200.00 einige Prämissen gemacht. Beispielsweise in Form der erwähnten Kunststoffverkleidungen. Dazu kamen bei unserem Testwagen ein paar Kleinigkeiten wie das leise Quietschen der Front-Scheibenwischer oder einem hartnäckigen, nicht eruierbaren Klicken aus dem Fond. Aber bezüglich Leistung und Feeling ist KIA mit dem Stinger der Angriff auf die Oberklasse erstaunlich gut gelungen.
Kia Stinger GT 3.3 4WD – Kurzcharakteristik:
Warum: Gute Performance zum ansprechenden Preis.
Warum nicht: Wenn man‘s halt doch noch cool findet, wenn der Sportwagen einen für sportliche Wagen bekannten Brand hat.
Was noch: Audi S4, BMW M3, Lexus IS
Kia Stinger GT 3.3 4WD –Technische Daten:
Viertürige Limousine mit fünf Sitzen, Länge: 4,83 Meter, Breite: 1,87 Meter, Höhe: 1,4 Meter, Radstand: 2,90 Meter, Kofferraumvolumen: 406 – 1’114 Liter
3,3 Liter V6-Benzinmotor mit Bi-Turbolader, maximales Drehmoment: 510 NM bei
1.300 – 4.500 U/min, 8-Stufen-Automatikgetriebe mit Schaltwippen, Vmax: 270km/h, Durchschnittsverbrauch: 10,6 l Super/100km, CO2-Ausstoß: 244 g/km, Durchschnittsverbrauch: 6.4l/100km, CO2-Ausstoss: 152g/km, Abgasnorm Euro 6, Effizienzklasse: E, Preis: ab CHF 59’200.00
Weitere Informationen finden sie hier.
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