Fahrbericht: Neuer VW Tiguan

 

Der VW Tiguan ist das meistverkaufte SUV der Schweiz (2015 wurden 3’950 Fahrzeuge zugelassen) und tritt in der neuen Generation noch selbstbewusster und spürbar grösser an. Dazu wurden die Stärken des beliebten Kompakt-SUV aufpoliert und Schwächen erfolgreich vermieden.

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Es wurden bereits über 1’500 vom neuen VW Tiguan bestellt.

Berlin. Der VW Tiguan ist in der zweiten Auflage doppelt gewachsen: Zum einen bei Abmessungen und Platzangebot, zum anderen in Sachen optischer Präsenz. Dazu erhält er neue Technik-Optionen wie einen Stauassistenten, mehr Sicherheitsausstattung bereits in der Basis und ein ausgefuchstes Offroad-Profil. Die Preise starten bei 32’000 Franken für den 110 kW/150 PS starken Benziner mit dem VW-Allradantrieb 4Motion.

Hatte VW die 2007 eingeführte erste Generation des Tiguan noch zunächst als Nischenmodell verstanden, wurde das Kompakt-SUV seitdem mit 2,8 Millionen weltweit verkauften Einheiten im Eiltempo zu einem wichtigen Marken-Standbein neben Polo, Golf und Passat.

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Im Ganzen gewachsen, im Detail gereift

Die neue Generation des Tiguan unterstreicht das mit schärfer gezeichnetem Blech, einprägsamerer Frontgestaltung und stämmigeren Proportionen. Der Tiguan legt in Länge und Breite zu, während die Höhe leicht schrumpft und die Räder näher an die Karosserieenden rücken. Das sorgt nicht nur für stimmige Optik, sondern auch für spürbar mehr Platz im Innenraum.

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Die Passagiere auf der Rücksitzbank freuen sich über drei Zentimeter mehr Beinfreiheit, der Kofferraum legt auf 520 Liter zu. Wer noch mehr Platz für Ladung benötigt, kann nun die Rückbank um 18 Zentimeter nach vorne rücken und dann 615 Liter verstauen. Werden die Sitze eben in den Boden versenkt, stehen sogar 1’655 Liter zur Verfügung. Hilfreich beim Beladen ist zudem die noch einmal um einige Zentimeter gesenkte Ladekante. Allesamt Vorteile der neuen Architektur. Musste man beim aus Golf- und Passat-Komponenten zusammengesetzten Vorgänger noch ein paar Kompromisse in Sachen Alltagstauglichkeit machen, erlaubt der neue MQB-Baukasten  eine genauere Anpassung der Fahrzeugstruktur an den SUV-Alltag.

Auch vorne geht es gewohnt geräumig zu. Die beliebt hohe Sitzposition ist noch ein wenig höher geworden, was der Übersicht im Verkehrsgeschehen zugutekommt. Das Cockpit-Design wirkt, passend zum kraftvolleren Äusseren der zweiten Tiguan-Generation, ebenfalls markanter. Neben aufwendig lasergeprägten Kunststoffoberflächen und einem rahmenlosen Innenspiegel ist vor allem das bereits aus dem Passat bekannte „Virtual Cockpit“ ein Hingucker, bei dem ein TFT-Monitor die konventionelle analoge Uhrensammlung ersetzt.

Das ausfahrbare Head-up-Display – das nicht direkt in die Windschutzscheibe, sondern auf eine ausfahrbare Scheibe projiziert – mag vielleicht der einzige Punkt sein, über den man mäkeln könnte. Aber das muss man dann ja auch nicht auf der Optionenliste ankreuzen. Insgesamt dürfte sich der Tiguan aber beim Innenraum hinsichtlich Ambiente, Verarbeitung und Technikoptionen an die Spitze des Volumensegments setzen.

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Das Cockpit ist ein feiner und selbsterklärender Arbeitsplatz

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Elektronische Schutzengel en masse

Auch bei der übrigen Technik-Ausstattung fährt der VW ganz vorne mit. Serienmässig an Bord sind unter anderem sieben Airbags sowie ein kamerabasierter Spurhaltehelfer und ein Notbremsassistent mit Radartechnik. Gegen Aufpreis gibt es nun einen Stauassistenten, der im stockenden Verkehr das Lenken und Bremsen übernimmt und eine Umfeldüberwachung per Kamera, die auch bei Geländefahrten hilfreich ist. Dort ist auch der (optionale) Allradantrieb inklusive elektronischer Differentialsperre sehr hilfreich. Er ist an eine Fahrprofilauswahl (Active Control) gekoppelt, die neben vordefinierten Programmen für das Fahren auf Asphalt, Schnee und Geröll auch eine frei konfigurierbare Einstellung für ambitioniertere Offroad-Fahrer bietet. Wer wirklich ins Gelände will, sollte auch das Offroad-Paket mit angeschrägter Front, mehr Bodenfreiheit und Unterfahrschutz wählen.

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Active Control: Neu ist auch der 4×4-Drehschalter namens Active Control, über den sich vier Fahrprofile aktivieren lassen. Abseits befestigter Strassen empfehlen sich „Offroad“ und „Offroad Individual“, für die Strasse „Onroad“ oder im Winter „Snow“.

Auch wenn sich der Tiguan dank der elektronisch gesteuerten Allradtechnik für ein Kompakt-SUV relativ souverän in leichterem Gelände bewegt, bleibt sein Haupteinsatzgebiet wohl doch die Strasse. Dort fährt er sich gewohnt unkritisch, mit einer mehrheitstauglichen Mischung aus Komfort und Agilität. Die präzise Lenkung gefällt genauso wie die verbindliche Dämpfung, die Karosseriebewegungen im Rahmen hält. Durchaus beeindruckend steckt er mit seinem gewachsenem Radstand und der versteifter Karosserie die häufig mässige Strassenqualität im Berliner Umland weg, was den schon bei Design und Verarbeitung hochwertigen Eindruck nochmals unterstreicht. Und auch in der Stadt ist der Neue trotz gewachsener Abmessungen dank guter Übersichtlichkeit und ordentlich kleinem Wendekreis handlich genug.

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Als Antrieb durchaus angemessen zeigt sich der durchzugsstarke, bereits zur Markteinführung erhältliche 2,0-Liter-Diesel (110 kW/150 PS), der wahlweise mit manuellem Getriebe mit Allrad (ab 35’500 Franken) oder Doppelkupplungsgetriebe mit Allrad (ab 38’050 Franken) zu haben ist.

Der neue VW Tiguan ist die Vorhut von Volkswagens grosser SUV-Offensive. Und macht dabei einen sehr guten Job. Unterm Strich ist die Neuauflage des Tiguan eine sicht- und spürbare Weiterentwicklung des erfolgreichen Vorgängers.

Viel zu kritisieren gibt es beim Tiguan also nicht. Der Wolfsburger erfindet das Kompakt-SUV-Segment nicht neu, widmet sich dessen Anforderungen aber konzentrierter und kompromissloser als manche Konkurrenten. Und das hat seinen Preis. Auch wenn die Anschaffungskosten der Grundmodelle auf den ersten Blick nicht gestiegen sind, sorgt doch die verschachtelte Preisstruktur in der Optionsliste mit ihren zahlreichen Zwangskoppelungen (Memoryfunktion nur in Verbindung mit Ledersitzen) für teils deftige Endpreise. Damit dürften die günstigeren SUV-Hersteller bei preisbewussten Kunden weitere Punkte sammeln. Doch der Tiguan hat längst höhere Ambitionen und schliesst mit der Neuauflage noch konsequenter die Lücke zu den Angeboten der Premiumhersteller. Und damit ist unter ihm in der VW-Modellhierarchie künftig wieder viel Platz für ein kleineres und günstigeres SUV im Golf- und Polo-Format.

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Neue Proportionen: Der Tiguan ist sechs Zentimeter länger, drei breiter und vier flacher geworden und bietet mehr Platz.

VW Tiguan – Technische Daten:

Fünftüriges SUV der Kompaktklasse; Länge: 4,49 Meter, Breite: 1,84 (2,10 mit Aussenspiegeln) Meter, Höhe 1,65 Meter, Gepäckraumvolumen: 520 Liter bis 1’655 Liter, Leergewicht: ab 1’568 Kilogramm, Anhängelast: bis 2’500 Kilogramm.

VW Tiguan TDI SCR BMT 4Motion, 2.0-Liter-Diesel, 110 kW/150 PS, 340 Nm bei 1’750 bis 3’000 U/min, Sechsgang-Schaltgetriebe, Allradantrieb, 0-100 km/h: 9,3s, Vmax: 204 km/h, Durschnittsverbrauch: 5, l/100 km, CO2-Ausstoss 149 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse B, Preis ab 35’500 Franken in der Ausstattungslinie Highline. Mit 7—Gang-Doppelkupplungsgetriebe: CHF 38’050

VW Tiguan TSI BMT 4Motion, 2.0-Liter-Turbobenziner, 132 kW/180 PS, 320 Nm bei 1’500 bis 3’940 U/min, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, Allradantrieb, 0-100 km/h: 7,7 s, Vmax: 208 km/h, Durchschnittsverbrauch: 7,4 Liter, CO2-Ausstoss: 170 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: D, Preis ab 37’200 Franken in der Ausstattungslinie Comfortline

Das Portfolio wird im Jahresverlauf ergänzt, so dass dann insgesamt vier Benziner mit 92 kW/125 PS (nur Frontantrieb), 110 kW/150 PS, 132 kW/180 PS und drei Diesel mit 110 kW/150 PS, 140 kW/190 PS, 176 kW/240 PS zur Wahl stehen.

VW Tiguan – Kurzcharakteristik:

Warum: weil er das wohl reifste Kompakt-SUV im Volumensegment ist
Warum nicht: weil die ebenfalls starke Konkurrenz günstiger zu haben ist
Was sonst: Nissan Qashqai, Ford Kuga, BMW X1
Wann er kommt: jetzt

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Offroad: Die Bodenfreiheit ist elf Millimeter höher als bei den günstigeren Fronttrieblern. Zusätzlich kann man eine Offroad-Front ordern und damit vergrössert sich der vordere Böschungswinkel auf 25,6 und der hintere auf 24,7 Grad.