Gar nicht so schräg, BMW X4 28i im Test
BMW X4 28i im Test, in der Salzwüste, Seitenansicht

 

Das SUV-Coupé ist die neue Trend-Gattung. Erfinder BMW hat mit dem X4 bereits das zweite Modell auf dem Markt. Und vermeidet dabei frühere Fehler.

Von eins auf acht in 40 Jahren: Wer 1975 den ersten BMW 3er kaufte, erhielt automatisch eine zweitürige Limousine. Heute hat der geneigte Kunde in der Münchner Mittelklasse die Wahl zwischen achtmal so vielen Karosserieversionen – Limousine, Touring-Kombi, Gran Coupé, GT-Kombi, … um nur einige der geräumigeren zu nennen. Die neueste Variante ist der X4, eine Art Coupé-Ableger des SUV X3. Auch sieben Jahre nach dem Debüt von BMWs grossem SUV-Coupé X6 wirkt das wie eine leicht schräge Idee. Doch das Auto ist bemerkenswert gradlinig.

Der X4 ist ein X3 in sportlich.

Prominentestes äusseres Zeichen dafür ist die dynamisierte Dachlinie, die wie bei einem Coupé hinter den Vordersitzen schnittig Richtung Stummel-Heck gezogen wird. Von der Seite sieht der BMW dadurch aus wie ein etwas zu hoher Sportwagen. Doch auch wenn der obere Karosserie-Abschluss vier Zentimeter unter X3-Niveau liegt und auch der Fahrersitz eine halbe Handbreit tiefer montiert ist: Auf richtige Coupés kann man hinterm Steuer des X4 weiterhin problemlos herabblicken. Dafür bietet das beschnittene SUV aber auch deutlich mehr Platz als diese. Obwohl das schräge Heck im Fond Kopfraum und im Gepäckabteil Platz (minus 50 Liter) kostet, muss sich an Bord niemand eingeschränkt fühlen. Der alte Coupé-Spruch „Weniger Auto für mehr Geld“ gilt zwar prinzipiell auch hier – in diesem Fall bleibt aber mehr als genug vom Auto übrig.

BMW X4 28i im Test, in der Salzwüste, seitliche Frontansicht

Der X4 ist ein X3 in sportlich. Prominentestes äusseres Zeichen dafür ist die dynamisierte Dachlinie, die wie bei einem Coupé hinter den Vordersitzen schnittig Richtung Stummel-Heck gezogen wird.

Die Unterschiede zum normalen X3 beschränken sich jedoch nicht nur auf Äusserlichkeiten. Seit das Standardmodell seine legendäre Überhärte beim Fahrwerk durch leicht gestrafften Alltagskomfort ersetzt hat, ist im Programm wieder Platz für eine dezidiert dynamische Variante. Hier kommt der X4 ins Spiel. Es lässt sich bei dieser Art Fahrzeuge natürlich immer um den Sinn streiten: Warum bockt man ein Auto zunächst zum Als-ob-Geländewagen auf, um ihm anschliessend die daraus zwangsläufig resultierende Unsportlichkeit mit teurer Technik und grossem Aufwand wieder auszutreiben? Eine Antwort fällt auch angesichts des X4 schwer, eine andere aber darf klar mit „Ja“ quittiert werden. Nämlich die, ob solch ein Eingriff gelingen kann. Beim X4 tut sie das ohne Einschränkung. Er fährt sich tatsächlich handlich wie ein Sportwagen, Übergewicht und ungünstiger Schwerpunkt fallen nicht auf, wenn der BMW seine 1,8 Tonnen durch die Kurve fliegen lässt, straff geführt durch die verbindliche Lenkung, abgesichert durch den hecklastig ausgelegten Allradantrieb.

Dank adaptivem Fahrwerk kann es der X4 aber auch sanft.

Standardeinstellung des adaptiven Fahrwerks ist „Comfort“, so dass nur wirklich schlechte Strassen zu ungedämpftem Karosseriezucken führen. Die serienmässige Achtgangautomatik und der im Testwagen montierte 2,0-Liter-Turbobenziner sorgen auf Langstrecken für sanftes Gleiten, untermalt von leisem Säuseln. Erst bei höherem Autobahntempo hört man, wie die wenig aerodynamische Karosserieform das Lied vom Windwiderstand pfeift. Unterm Strich schafft der X4 den Spagat zwischen Reise-SUV und Gelegenheits-Sportler bemerkenswert gut, angestrengte Pseudodynamik durch rumpelige Härte hat er nicht nötig.

Der 180 kW/245 PS starke Vierzylinder unter der Haube des Testwagens ist der Ersatz für die legendären Reihensechszylinder der Marke, die mittlerweile aus Ökologiegründen den Topmodellen vorbehalten sind. Viel vermissen lässt einen das Downsizing-Triebwerk nicht; lediglich das unvermeidbare Turboloch könnte Fans der alten Saugmotoren ernsthaft irritieren. Der Spritvorteil des kleinen Motors mit der Bezeichnung 28i hält sich aber in Grenzen; rund zehn Liter genehmigt sich der Allrader auf 100 Kilometern. Trotz der immensen Abweichung von der Normangabe (7,3 Liter) ein noch akzeptabler Wert – angesichts der gebotenen Leistung und den Abmessungen des Fahrzeugs. Aber: Viel mehr wird sich wohl auch der noch erhältliche Sechszylinder im 35i (225 kW/306 PS) nicht gönnen. Allerdings ist er über 7’000 Franken teurer.

BMW X4 28i im Test, in der Salzwüste, Seitenansicht

Der X4 bringt vor allem Design und Prestige als Alleinstellungsmerkmal mit.

Und besonders günstig ist schon der X4 als 28i nicht. Womit wir auch bei der grössten Schwäche des Autos wären. Mindestens 61’500 Franken wollen die Münchner vor der Schlüsselübergabe sehen. Wer sich aus der gut gefüllten Optionsliste (unter anderem LED-Scheinwerfer, Online-Services, Head-up-Display) bedient, ist schnell bei 75’000 und mehr. Einen vergleichbaren X3 gäbe es für 58’350 Franken, der Crossover 3er GT in entsprechender Konfiguration liegt bei 58’150 Franken und der 3er-Kombi Touring (330i xDrive) käme rund 5’000 Franken billiger. Platz gibt es in allen genannten Varianten satt. Und Agilität lässt auch keiner der Kandidaten ernsthaft vermissen.

So bringt der X4 in der Münchner Mittelklassepalette vor allem Design und Prestige als Alleinstellungsmerkmal mit. Beides spielt sich dabei allerdings deutlich weniger penetrant in den Vordergrund als beim grösseren X6. Der Coupé-Ableger des Luxus-Allraders X5 zählt zu den am stärksten polarisierenden – aber auch erfolgreichen – SUV-Modelle überhaupt. Nicht von ungefährt kommt die, wenn auch etwas späte, Antwort aus Stuttgart mit dem Mercedes GLE Coupé, der auch ein Stück von dem Coupé-Kuchen abhaben will. Abmessungen und Auftritt lassen den Verdacht aufkommen, dass diese Autos zu nichts anderem gebaut wurden als allein zum Angeben. Der X4 geht die Sache nicht nur wegen seiner geringeren Grösse dezenter an. Das ganze Auto ist letztlich näher am Coupé als am SUV. So will es in der wachsenden Masse der Crossover-Klasse auffallen – aber halt nicht negativ.

BMW X4 28i im Test, Cockpit und Innenraum des BMW X4

Innenraum des BMW X4

BMW X4 xDrive 28i – Technische Daten

Fünftüriges, viersitziges SUV, Länge: 4,67 Meter, Breite: 1,88 Meter, Höhe: 1,62 Meter, Radstand: 2,81 Meter, Kofferraumvolumen: 500 – 1’400 Liter, Leergewicht: 1’845 Kilogramm, Anhängelast: 2’400 Kilogramm.

2,0-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner, 180 kW/248 PS, maximales Drehmoment: 3’500 Nm bei 1’250 bis 4’800 U/min, Achtgang-Automatik, Allradantrieb, Vmax: 232 km/h, 0-100 km/h: 6,4 s, Normverbrauch: 7,3 l/100 km, CO2-Ausstoss: 169 g/km, Effizienzklasse C, Testverbrauch: 10,2 Liter, Preis ab: 61’500 Franken

Kurzcharakteristik – BMW X4 xDrive 28i:

Warum: weil „Sportlichkeit“ und SUV selten so gut zusammen passen wie hier
Warum nicht: weil „Sportlichkeit“ noch viel besser zu den BMW ohne „X“ im Namen passt
Was sonst: Porsche Macan, Range Rover Evoque, Mercedes GLC Coupé

BMW X4 28i im Test, auf der Strasse von vorne, Frontansicht

Das SUV-Coupé ist die neue Trend-Gattung. Erfinder BMW hat mit dem X4 bereits das zweite Modell auf dem Markt.

BMW X4 28i im Test, auf der Strasse von hinten, Heckansicht

Obwohl das schräge Heck im Fond Kopfraum und im Gepäckabteil Platz (minus 50 Liter) kostet, muss sich an Bord niemand eingeschränkt fühlen.

 

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