Der englische Patient: Markenausblick Aston Martin
4x4Schweiz News Die Serienversion der Studie DBX soll 2018 auf die Strasse kommen

 

Product Placement in Perfektion. Wer James Bond sagt, denkt auch an Aston Martin. Doch der Nimbus der britischen Sportwagen-Schmiede leidet. Die Modellpalette ist veraltet. Frisches Geld von aussen soll die Wende einleiten.

So stilvoll und rassig Aston Martin Modelle im Design auch sein mögen und so zuverlässig sie Männerherzen höher schlagen lassen, Kunden, die sich für diese britischen Sportwagen entscheiden, kaufen in der Regel betagte Technik. Angefangen beim Vantage. Das Modell ist im Grundkonzept (VH-Architektur) bereits zehn Jahre alt. Der grössere DB9 wurde 2012 überarbeitet. Den viertürigen Rapide gibt es seit 2009. Mit zwei Jahren ist das jüngste Modell momentan der Vanquish. Und es werden lediglich zwei Motoren angeboten, ein 4,7-Liter-V8 und ein Sechsliter-V12.

Der Traditionsmarke fehlte Geld für Neuentwicklungen

Bei Aston Martin herrscht Renovierungsbedarf, denn Kunden in diesem Segment verlangen nicht nur Spitzentechnologie unter der Haube, sondern auch modernste Elektronik (Infotainment, Vernetzung, Navigation, Fahrerassistenz) im Cockpit. Der 102 Jahre alten Traditionsmarke aber fehlte bislang schlicht das Geld für Neuentwicklungen. Gewinne erwirtschaftet Aston Martin seit Jahren nicht. Die Produktion ist zu teuer, die Angebotspalette zu klein. Man hält sich mit Derivaten und limitierten Sondermodellen mehr schlecht als recht über Wasser.

Jetzt sieht es so aus, dass im Hauptquartier in Gaydon die Wende eingeleitet worden ist. Aston Martin spricht von Neuausrichtung. „Wir schauen in eine aufregende Zukunft, die weit bis in die nächste Dekade reicht“, so Vorstandschef Dr. Andy Palmer. Der Grund für den Optimismus: Die Briten erhielten kürzlich eine Finanzspritze von über 300 Millionen Euro. Der Betrag stammt von den Haupt-Anteilseignern Investindustrial (ein italienischer Privat Equity Fund) und Tejara Capital. Damit soll nun das Projekt „Second Century“ in Angriff genommen werden. „Bis 2020 werden wir jedes bestehende Modell ersetzt haben und zusätzlich drei neue auf den Markt bringen“, prognostiziert Palmer.

Die Serienversion der Studie DBX soll 2018 auf die Strasse kommen

Eines davon zeigte Aston Martin bereits als Studie im März in Genf, den DBX, ein Crossover aus SUV und Sportwagen. „Die Reaktionen haben uns überwältigt“, so Palmer, der den DBX als „key change“ und als Katalysator für zukünftige Technologien sieht. Unterm Blech steckt eine Kombination aus Allrad und Elektroantrieb. Palmer glaubt, dass der DBX, wenn er 2018 auf die Strasse kommt, auch Frauen anspricht. Bislang war man stark auf männliche Kunden fixiert.

Das Investment erlaubt es Aston Martin, nicht nur den DBX zu bauen, sondern auch weitere neue Modelle zu entwickeln und die Produktionsanlagen zu erweitern. Bis Ende des Jahres sollen 10’000 Quadratmeter Halle hinzukommen. Um die Exklusivität zu sichern, soll der Jahresabsatz dennoch „nicht über 7’000 Einheiten steigen“, wie Palmer sagt. Schon nächstes Jahr rechnen Branchenkenner mit einem ersten neuen Modell, dem Nachfolger des DB9. Für das Sport-Coupé nutzen die Briten allerdings noch nicht die technische Unterstützung von Mercedes-AMG. Diese dürfte erst beim nächsten Vantage greifen. Daimler hält etwa fünf Prozent an Aston Martin und hat, wie es aus Stuttgart heisst: „Beobachterstatus im Bord of Directors von Aston Martin“. Die Beteiligung beinhaltet unter anderem die Lieferung von V8-Turbo-Aggregaten und Komponenten für die Entwicklung einer elektronischen Architektur.

Q by Aston Martin

Ein äusserst wichtiger Markt für Aston Martin ist China. Hier denkt man über eine elektrische Version des Rapide nach. Joint Venture Partner sind das Energieunternehmen Hanergy und die Internetfirma LeTV. Nicht nur in China, sondern weltweit schickt Aston Martin nächstes Jahr den Lagonda Taraf an den Start, eine Luxus-Limousine mit langem Radstand und limitiert auf 200 Einheiten. Gebaut wird der Taraf von der firmeneigenen Sparte „Q by Aston Martin“, benannt nach Q, dem Leiter der Spezialabteilung, von der James Bond gewöhnlich seinen mit allerhand technischen Spielereien versehenen Dienstwagen erhält. „Q by Aston Martin“ soll als Individualisierungs-Programm massiv ausgebaut werden. Was dort möglich ist, zeigen die Briten mit dem DB10. Der Sportwagen – zehnfach gebaut –dient 007-Darsteller Daniel Craig im neuen Film „Spectre“ – das Debüt ist im November – als adäquater Untersatz. Liebhaber, die sich bereits auf eine Kleinserie freuen, werden enttäuscht. Der Bond-Bolide bleibt 007 vorbehalten.