Das 4×4 der Schweiz. So gut war 2014.
Volvo XC70 2014

 

Sie nennen sich Sport Utility Vehicle, Sport Activity Coupé oder Crossover und retteten viele Autohersteller durch manche Absatzkrise. Dank grossem, komfortablen Innenraum und hoher Sitzposition boomen die Nachkommen der Geländewagen von einst.

Am Anfang war der Jeep. Zusammen mit dem Land Rover befreite er Europa und galt von da an als der Geländewagen schlechthin. Sein Markenname wurde sogar zum Gattungsbegriff. Wenn heute vom Diebstahl eines Geländewagens die Rede ist, wird selten nach einem urigen Offroader gefahndet. Bei Langfingern – und Occasionskäufern – sind BMW X5, Mercedes M-Klasse oder auch ein edler Range Rover besonders begehrt. Die Zahl der Fans dieser hochbeinigen Mixturen aus Kombi und Geländekönner wächst von Jahr zu Jahr. Die Neuheiten-Ecken der Automobilmessen rund um den Globus sind zugeparkt mit grossen und kleinen Vertretern dieser Trendmobile, die längst nicht mehr nur eckig sind.

Jeep Wrangler Unlimited 2.8 CRD Sahara 2011

Jeep Wrangler 2.8CRD Sahara © 4x4Schweiz, Nils Deparade

Wir sind Allrad.

Für einen Autofahrer in den Alpen stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit eines Allradantriebs genauso wenig wie für einen Flachländer. Der eine sagt “unbedingt!“, der andere fragt “wozu?” Dabei ist die Frage nach dem Sinn des Four Wheel Drive (4WD, 4×4) ganz einfach zu beantworten: „Weil es sich mit vier Beinen besser krabbeln lässt als mit zwei.“

Längst aber ist Traktion nicht mehr nur ein Privileg der Geländewagenfahrer. Subaru dürfte mit Bernhard Russi als Testimonial für den „4×4 der Schweiz“ schon Ende der siebziger Jahre den Grundstein für den Erfolg der Allradfahrzeuge in der Schweiz gelegt haben. Und der „Made for Switzerland“-Skoda 4×4, der die letzten Jahre auf vielen Werbeflächen in den Skigebieten nachgelegt hat, trägt sein Übriges zum Boom bei.

So verwundert es auch nicht, das die Schweiz nicht nur eine grossartige Ski-Nation, sondern eben auch eine starke Allrad-Nation ist: Bei den Neuzulassungen liegt der 4×4-Anteil mittlerweile bei 38,5 Prozent. Die Millionengrenze wurde bereits 2013 erreicht; zurzeit bewegen sich auf den Schweizer Strassen mehr als 1,1 Millionen Allrad-Personenwagen. Einzig Island hat mit 50 Prozent eine höhere 4×4-Dichte. Und obwohl Österreich sehr ähnliche topographische Verhältnisse und das ein oder anderen Skiass vorweisen kann, liegt der Anteil dort gerade mal bei 17 Prozent.

Anteil der verkauften 4×4-Modelle in der Schweiz nach Marke

Marke Total 2014 Anteil 4×4 in %
Alfa Romeo 2104 1 0.0
Aston Martin 156 1 0.6
Audi 20949 13692 65.4
BMW 21057 15685 74.5
BMW Alpina 87 79 90.8
Chevrolet 2072 519 25.0
Citroën 11268 555 4.9
Dacia 4784 1745 36.5
Fiat 9029 2126 23.5
Ford 12949 2875 22.2
Honda 4501 998 22.2
Hyundai 11001 2971 27.0
Infiniti 118 82 69.5
Jaguar 622 130 20.9
Jeep 3274 3229 98.6
Kia 4886 1259 25.8
Lancia 795 30 3.8
Land-Rover 3490 3405 97.6
Lexus 853 453 53.1
Maserati 731 450 61.6
Mazda 7591 2486 32.7
Mercedes 18384 10921 59.4
MINI 4463 1585 35.5
Mitsubishi 3565 2153 60.4
Nissan 7166 1999 27.9
Opel 13384 2426 18.1
Peugeot 11423 573 5.0
Porsche 3165 2674 84.5
Renault 11747 508 4.3
Seat 9378 1368 14.6
Skoda 19517 6792 34.8
Smart 1681 0 0.0
Ssangyong 569 544 95.6
Subaru 6277 5914 94.2
Suzuki 8515 6752 79.3
Toyota 11275 2147 19.0
Volkswagen 40146 12019 29.9
Volvo 6867 4307 62.7
Diverse Marken 2103
GESAMT-TOTAL 301’942 116’186 38.5 %

2014 war ein erfolgreiches Auto-Jahr

Zufrieden blicken die Hersteller und Importeure auf 2014 zurück. Die Jahresbilanz (301’942 Neufahrzeuge) verzeichnet zwar einen leichten Rückgang von 1,9 Prozent gegenüber 2013, dies entspricht jedoch lediglich einem Minus von knapp 6’000 Autos. “Unsere vor Jahresfrist abgegebene Prognose von 300’000 Neuwagenverkäufen hat sich bewahrheitet”, meint auto-schweiz

Direktor Andreas Burgener zu den Zahlen. „Dank des mit Abstand besten Dezemberresultates aller Zeiten ist es uns gelungen, diese Schwelle zum vierten Mal in Folge zu übertreffen. Dies ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass viele Kunden ihr neues Auto aus wirtschaftlichen Gründen noch 2014 einlösen wollten, da die CO2-Sanktionen bekanntlich im laufenden Jahr zu 100% wirksam werden.”

Auch wenn die Autobranche durch die strengen CO2-Vorgaben zu einer, sagen wir mal, kreativen Modellpolitik gezwungen wird und durch die aktuelle Eurokrise der Stimmungsbarometer bei den Markenverantwortlichen auf Tiefdruck steht, ist der Allrad-Trend ungebrochen.

BMW 220d xDrive Active Tourer © BMW

BMW 220d xDrive Active Tourer © BMW

Die Marke mit dem höchsten Allradanteil in der Schweiz ist Jeep (98.6), dicht gefolgt von Land-Rover (97.6), SsangYong (95.6), Subaru (94.2) und Porsche (84.5). Das meistverkaufte 4×4-Auto auf dem Schweizer Markt im 2014 war der VW Tiguan mit 4’696 Einheiten. Auf den Rängen folgen in einem beträchtlichen Abstand der Skoda Octavia (3’911), der VW Golf (3’029), der BMW X3 (3’008) und der BMW 3er mit 2’869 Fahrzeugen.

Die Top 30 der verkauften 4×4-Modelle in 2014 in der Schweiz

Rang Marke 4×4-Modell Anzahl 2014
1 VW Tiguan 4696
2 SKODA Octavia 3911
3 VW Golf 3029
4 BMW X3 3008
5 BMW 3er 2869
6 FORD Kuga 2800
7 AUDI Q5 2794
8 AUDI A3 2645
9 MAZDA CX-5 2479
10 AUDI Q3 2422
11 AUDI A4 2277
12 SUZUKI SX4 S-Cross 2229
13 BMW X5 2212
14 SUBARU XV 2174
15 HYUNDAI iX35 2166
16 MERCEDES-BENZ GLA-Klasse 2109
17 BMW X1 2076
18 VOLVO XC60 2064
19 SKODA Yeti 1988
20 SUZUKI SX4 1953
21 SUZUKI Swift 1828
22 DACIA Duster 1745
23 SUBARU Forester 1679
24 BMW 5er 1675
25 LAND ROVER Range Rover Evoque 1602
26 JEEP Grand Cherokee 1595
27 MINI Cooper All4 1587
28 OPEL Mokka 1514
29 TOYOTA RAV4 1472
30 MERCEDES-BENZ A-Klasse 1463

 

Die Autoindustrie entwickelt nicht nur neue Modelle, sondern stattet auch bestehende Modellreihen mit dem beliebten Allradantrieb aus. An Spitze der Schweizer Verkaufszahlen, mit einem Marktanteil von 13,3 Prozent und 40’146 gesamthaft verkauften Autos, steht Volkswagen – zum fünfzehnten Mal in Serie. Die Wolfsburger konnten dank dem Modularen Querbaukasten (MQB) mehr Modelle mit dem VW-Allradantrieb 4Motion anbieten und ihren Allradanteil so auf 29,4 steigern.

Bei Audi gibt es seit dem vergangenen Jahr in jeder Modellreihe Allradantrieb – das war bisher nur den S- und RS-Modellen vorbehalten. 2015 kommt der auf der Detroit-Motor-Show vorgestellte und überarbeitete Q7 und der Audi RS3 Sportback mit einer neu entwickelter Lamellenkupplung und dem stärksten Fünfzylinder der RS-Geschichte (367 PS) auf den Markt.

oMerzedes-Benz CLA 45 AMG Shootingbrake © Mercedes-Benz

Merzedes-Benz CLA 45 AMG Shootingbrake © Mercedes-Benz

Mercedes-Benz hält bei den High-Performance-Fahrzeugen mit den AMG getrimmten 4Matic-Modellen dagegen. Durch die komplette Palette kann Mercedes sogar ganze 75 Allradmodelle anbieten. Wobei das Urgestein und geländegängigste aller Modelle, die G-Klasse, das Mass aller Dinge ist.

Diese Modellvielfalt wird aktuell nur von BMW getoppt, die in über 100 Modellen das BWM-Allradsystem xDrive verbauen. 2015 folgt eine überarbeitete 6er Reihe und ein Facelift der 1er Reihe. Auch die schrittweise Elektrifizierung (Plug-in-Hybrid) der aktuellen Modellpalette wird in diesem Jahr beginnen.

Porsche, der dritte im süddeutschen Premiumverbund rüstet mit den Cayenne- und Panamera-E-Hybrid-Modellen die Palette ebenfalls ökologisch auf. Der Allradanteil bei Porsche liegt bei über 85 Prozent. Selbst wenn die Käufer eine Wahl (beim 911er und Panamera) haben, entscheiden sich mehr als 81 Prozent für einen Vierradantrieb.

Bei Skoda war der Octavia 2014 der zweitmeistverkaufte 4×4 in der Schweiz. Der Skoda Yeti, obwohl der Name etwas mehr verspricht, lag abgeschlagen auf Rang 19. Dafür glänzte Opel . Aller Unkenrufen aus Bochum zum Trotz behauptet sich die deutsche Arbeitermarke mit dem Mokka und einem 6. Platz in der Gesamtverkaufsstatistik. 2015 schiebt Opel zwei neue und sparsame Dieselmotoren für den Mokka und Insignia nach.

SsangYong hat sich klammheimlich zum 4×4-Spezialisten gemausert, denn alle vier angebotenen Modelle verfügen über Allradantrieb, drei davon sogar mit einem Reduktionsgetriebe. Und obwohl die Südkoreaner jeweils auch die 4×2-Version bereit halten, wählen die Kunden zu 98% den Allradantrieb.

Subaru, wie schon erwähnt, ist seit 1979 der Schweizer Allradpionier. Mit der Einführung der 4×2 Modelle BRZ (2012) und Trezia (2011) hat sich Subaru seine 4×4-Quote allerdings auf 95% vermiest und landet damit auf dem unter Skifahrern unbeliebten 4. Rang.

Mazda CX-5 S-D 175 AWD AT Revolution @ 4x4Schweiz, Sascha Knauer

Mazda CX-5 S-D 175 AWD AT Revolution @ 4x4Schweiz, Sascha Knauer

Nissan, ebenfalls Allradler der ersten Stunde, definierte mit dem Erfolgsmodell Qashqai und dem Juke den Crossover Trend nochmals neu. Und mit dem allradgetriebenen Supersportwagen GT-R Nismo (600 PS) stellte Nissan 2013 auf der Nordschleife des Nürburgrings sogar einen Rundenrekord für Serienautos in 7:08.679 Minuten auf. Der wurde zwar wenig später von einem Porsche 918 Spyder geknackt, der Stuttgarter Hybrid-Sportwagen kostet aber auch mehr als das Fünffache.

Mit dem Koleos konnte Renault im boomenden Kompakt-SUV-Markt nichts reissen. Nun soll es ein weiteres Modell besser machen. Ab Mitte des Jahres will Renault mit dem neuen Kompakt-SUV Kadjar dem VW Tiguan und Co. Konkurrenz machen, wobei Technik und Antrieb des Kadjar vom Bestseller Qashqai und damit der Konzernschwester Nissan stammen.

Land Rover krempelt seine Produktpalette um und bringt als Nachfolger des verblichenen Freelander ein neues Einstiegsmodell. Mit der Modellbezeichnung Discovery Sport zieht eine neue Nomenklatur bei Land Rover ein. Der kleinere Discovery Sport und der grössere Discovery bilden künftig die Basis der Produktlinie, die gleichzeitig Familien, Offroad-Fans und Gelegenheits-Geländegänger ansprechen soll. Damit platziert sie sich zwischen der beinharten Defender-Reihe und den luxuriösen und designorientierten Range-Rover-Modellen.

Land Rover Discovery Sport Gelände

Land Rover Discovery Sport

Cadillac bietet grundsätzlich alle Modelle mit AWD an. In diesem Jahr wird die von Grund auf neue und vierte Generation des Escalade eingeführt. Zum ersten Mal wird es dann offiziell in Europa auch die bis zu achtsitzige Langversion ESV mit einem 6.2-L-V8 Motor (420 PS) geben.

Maserati erlebt gerade eine Renaissance, die sich nicht zuletzt in einer ungeahnten Modellvielfalt widerspiegelt. Seit der italienische Edelhersteller mit dem Dreizack nach langer Pause wieder die obere Mittelklasse bedient, sind neben einem Allradantrieb auch Dieselaggregate im Rennen.

Mazda bietet zum Erfolgsrenner CX–5 und einem 4×4-Anteil von 30 Prozent im neuen Jahr weitere Modelle im 4×4 Segment an. So zum Beispiel den Mazda6, den es bisher nur mit Frontantrieb gab und im B-Segment stösst der neue Mazda CX–3 hinzu. Beide folgen dem CX–5 in der neuen Designlinie „Kodo“.

Eine Überraschung der ganz anderen Art lieferte Fiat. Der mittlerweile italienisch-amerikanische Konzern zeigt eine weitere Version der letzten verbliebenen und erfolgreichen Ikone: dem Cinquecento. Der Fiat 500 X teilt sich viele seiner Gene mit dem Jeep Renegade und ist damit ein äusserst geländegängiges „Rucksäckli“.

Fiat 500X Cross © Fiat Schweiz

Fiat 500X Cross © Fiat Schweiz

In der grossen SUV-Klasse, die in Europa von den drei süddeutschen Premium-Marken sowie dem Range Rover dominiert werden, will jetzt auch Ford mitmischen und holt das bekannte US-Modell Edge über den Teich. Die grossen und starken Triebwerke aus dem Heimatland wird er aber nicht mitbringen. In Europa muss er sich mit einem Zweiliter-Diesel begnügen. Vor wenigen Tagen überraschte Ford mit einem weiteren Highlight die Autowelt und stellte den Focus RS mit Allradantrieb und dem Motor aus dem neuen Mustang mit 320 PS vor.

Neues kommt auch aus dem hohen Norden von Volvo. Die Schweden zeigen, nach Beendigung der Zusammenarbeit mit Ford, mit dem neuen XC90 ihr erstes, selbst entwickeltes Modell. Und nicht nur das, auch der eingeschlagene Vertriebsweg für die auf 1927 Fahrzeuge limitierte Sonderedition „1927“, die dem Gründungsjahr der Firma huldigt, war bis dato neu. Diese 1927 Fahrzeuge wurden exklusiv über das Internet angeboten und waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Zu einem Stückpreis von CHF 116’900 wohlgemerkt.

Volvo XC90 1927 limited First Edition © Volvo

Volvo XC90 1927 limited First Edition © Volvo

Obwohl die Schweiz selbst keine Autos mehr produziert (es gab über 90 Schweizer Automarken), ist die Branche ein wichtiger Faktor für die hiesige Volkswirtschaft. Autoimporteure, Garagisten, Transporteure, Tankstellen und Versicherungen bieten zusammen rund 230’000 Menschen Arbeitsplätze und erwirtschaften einen Umsatz von mehr als 95 Milliarden Franken. Dies entspricht knapp 15 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts.

Und wie wird 2015?

„Die Entkoppelung des Schweizer Frankens vom Euro führte zu einer spontanen Verunsicherung und Zurückhaltung der Käufer. Wie andere Importeure beobachten wir den Markt und werden entsprechend reagieren. Auf längere Sicht könnten attraktivere Listenpreise oder Preisnachlässe für eine Belebung des Neuwagenmarktes sorgen.“ So Rene Kreis von Cadillac Schweiz.

Dieser Artikel erschien im Persönlich Magazin 03/2015. Daten-Quelle: auto-schweiz.ch und Angaben der Hersteller.

Sascha Knauer, Herausgeber und Chefredaktor von www.4x4schweiz.ch

Sascha Knauer, Herausgeber und Chefredaktor von www.4x4schweiz.ch