Mit neuartigen Verfahren möchte Volvo bessere Erkenntnisse über häufige Unfallarten erlangen, bei denen der Wagen von der Strasse abkommt. In einem Crashtest haben die Ingenieure eine solche Situation nachgestellt.
Jeder dritte tödliche Unfall in Schweden passiert beim Abkommen von der Strasse
Die sichersten Strassen sind Autobahnen. Mehrspuriger Verkehr, der auf baulich getrennten Bahnen verläuft, schützt vor Abwegen wie Gräben oder auch vor Bäumen, die im Kollisionsfalle erhebliche bis tödliche Verletzungen verursachen können. In Schweden beispielsweise kommt bei einem Drittel aller tödlichen Verkehrsunfälle der Fahrer mit seinem Auto von der Bahn ab und landet im Graben am Strassenrand.
Mit der Frage, wie man die passive Sicherheit des Fahrzeugs in einem solchen Fall erhöhen kann, beschäftigen sich die Volvo-Entwickler. Der kommende XC90 ist der erste Markenvertreter, der mit dem so genannten „Run off Road“-Schutzsystem ausgerüstet werden kann. Entwicklungschef Peter Mertens spricht vom sichersten SUV seiner Klasse und möchte in diesem Punkt einen neuen Standard setzen.
Volvo XC90 mit dem “Run off Road”-Schutzsystem
Es geht vor allem darum, den Verletzungen im Bereich der Wirbelsäule vorzubeugen, mit denen man es bei einem typischen „Graben-Unfall“ meist zu tun hat. Starke Vertikalkräfte, bei denen die Insassen mit hoher Belastung immer wieder auf- und abgeschleudert werden, treten beispielsweise auf, wenn das Auto infolge des Unfalls mit hoher Geschwindigkeit auf holprigen Untergrund gerät. Ähnlich verhält es sich, wenn der Wagen von der Strasse abhebt, durch die Luft fliegt, um dann hart auf dem Boden zu landen.
Diese Kräfte sind mit der Belastung eines Kampfpiloten im Schleudersitz zu vergleichen, erklärt die Techniker. Dem Phänomen begegnen die Konstrukteure mit einem extrem schnellen Gurtstraffer, der die Insassen fest in den Sitz presst und auf diese Weise stabilisiert. Dabei erkennen die Sensoren schon früh, wenn das Auto von der Strasse abkommt, um die Gurte mit einem Millimeter je Millisekunde anzuziehen. Die Sitze selbst sind mit einer speziellen, wirbelsäulenschonenden Polsterung versehen, die energieabsorbierend wirkt.
Experte Richard Nilsson erläutert, dass dieser Unfallbereich bisher nicht abgedeckt wird von den konventionellen Crash-Programmen, Volvo will hier nun die Vorreiterrolle übernehmen, und hat einen Test entwickelt, der die Folgen von Grabenunfällen verdeutlichen soll. Dazu lassen die Ingenieure das SUV über eine präparierte Strecke fahren, die die Auswirkungen eines derartigen Ausrutschers simuliert. Der Crashtest startet in der Versuchshalle. Das Fahrzeug beschleunigt in der Halle, auf einer Schiene gleitend, auf 80 km/h. Sobald es die Halle verlassen hat, geht es zunächst durch eine kleine Mulde, die in etwa einem Strassengraben entspricht; dann passiert es eine kleine Kuppe und fliegt im hohen Bogen durch die Luft, um unsanft aufzuprallen und an einem kleinen Hang stehenzubleiben.
Der Knall ist weniger ohrenbetäubend als gedacht, und der mächtige Schwede optisch gar nicht einmal so zerstört, wie es bei den klassischen Frontal- oder Seitencrashs der Fall ist. Allerdings ist auch nicht zu erwarten, dass die Front-Seiten- oder Heckcrashstrukturen eines Fahrzeugs durch einen solchen Versuch stark beschädigt werden. Vielmehr geht es ja darum, die Belastungen der Insassen, die bei einem derartigen Unfall nicht durch Karosserieverformungen gemildert werden, aufzufangen.
Der Stunt ohne Bodenkontakt war die beeindruckendste Einlage des Geländewagens im Rahmen dieses Tests. Die Dummies an Bord haben den kleinen Ausrutscher ins Abseits recht gut überstanden haben. Im richtigen Leben möchte man so etwas lieber nicht nachmachen. Schön aber zu wissen, dass man es überleben dürfte – zumindest mit dem richtigen Auto.
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