40 Jahre Afrika: ein Blick auf die Zeit, die stillsteht
Die Autoren: Reisende zwischen Welten

Holger Hoffmann und seine Frau Sylvia Furrer haben gemeinsam bereits über 100 Länder bereist. Je länger sie unterwegs sind, desto mehr faszinieren sie die Bräuche und das Alltagsleben indigener Völker, die ihre traditionelle Kultur bewahren. Beide begegnen mit tiefem Respekt den Menschen, die in abgelegenen Regionen unter oft extremen Bedingungen leben – sei es in der eisigen Kälte Sibiriens, der glühenden Wüste der Danakil, im feuchten Dschungel West-Papuas oder in den luftigen Höhen des Himalaya.

Nomadenvölker sind zu einem wichtigen Schwerpunkt ihrer jüngsten Reisen geworden. Besonders beeindruckt sind sie von deren Fähigkeit, sich den Bedrohungen des Klimawandels zu stellen und sich gleichzeitig an die Fortschritte und den Druck der modernen Welt anzupassen.

Seit 2012 veröffentlichen sie Reiseberichte, um ihre Erfahrungen mit einer breiteren Community zu teilen. Sylvia bringt ihre Eindrücke mit klaren, lebendigen Texten zu Papier, während Holger als Fotograf die Essenz der bereisten Orte in ausdrucksstarken Bildern einfängt. Gemeinsam schaffen sie es, ihre Leser und Betrachter mit auf die Reise zu nehmen und einen authentischen Einblick in die Vielfalt der Welt zu geben.

Was macht die Bilder so besonders?
Mein Mann und ich bereisen seit vierzig Jahren Afrika. In dieser Zeit haben wir 26 Länder besucht, einige davon mehrmals. Ob mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem eigenen Auto – die Bilder am Strassenrand ähneln sich erstaunlich oft, egal, wo wir unterwegs waren. Sei es 1982 in Mali oder 2022 im Südsudan.

Die Fotos, die wir in diesem Beitrag zeigen, wurden über mehr als 20 Jahre in acht verschiedenen Ländern aufgenommen. Sie zeigen ländliche Strassenränder aus der gleichen Perspektive und im 9:4-Format, um den Blick des Betrachters zu lenken. Farbenfrohe Szenen voller Leben: Geschäfte, Märkte, Strassenverkäufer, Wellblechhütten und Müll – typisch Afrika. Auf den ersten Blick wirken die Bilder vertraut und freundlich, doch auf den zweiten Blick wird klar: Hier hat sich in Jahrzehnten kaum etwas verändert.

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.
«Baraka Hotel» in Kenia (2015)
Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.
Metzgerei in Kenia (1999)
Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.
Handy-Laden im Tschad (2012)
Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.
Laden in Angola (2017)

Afrikas Stillstand: ein erschreckender Kontrast
Im Gegensatz zu unseren sieben China-Reisen, bei denen wir stets deutliche Veränderungen im Strassenbild beobachteten, scheint in Afrika die Zeit stillzustehen. Besonders auffällig war dies bei unseren drei Besuchen im Tschad. Im Sudan bemerkten wir sogar Rückschritte.

Paul Theroux beschreibt in seinem Reisebericht «Dark Star Safari» ähnliche Beobachtungen: «Der starke Eindruck, den ich hatte, war nicht, dass es den Orten, die ich von früher kannte, schlechter ging, sondern dass sie sich überhaupt nicht verändert hatten. … Nichts war neu, ausser dass es viel mehr Menschen, schmuddeligere Gebäude, mehr Abfall, weniger Bäume, mehr Wilderer und weniger Wild gab.»
Wir ergänzen: «Und mehr Handys.»

Eine Begegnung, die nachdenklich macht
Während einer Reise im damaligen Zaire begegneten wir einem Mann, dessen Worte uns bis heute begleiten. Wir waren auf einem Laster unterwegs, der mit stinkendem Stockfisch beladen war. Öffentliche Verkehrsmittel gab es nicht, und für die 80 Kilometer desolater Piste benötigten wir anderthalb Tage. Nach einer Nacht im Strassengraben sagte er: «Für euch mag das ein Abenteuer sein, weil ihr am Ende eurer Reise nach Hause zurückkehren könnt. Für mich hingegen ist das der Alltag. Ich bin zu lebenslänglich Zaire verurteilt, weil ich nie genügend Geld haben werde, um dieses Land zu verlassen.»

Seine Worte spiegeln das Gefühl vieler Menschen wider, die in einem Kreislauf des Stillstands gefangen sind.

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.
Restaurant und Coca Cola-Depot in Kenia (2015)
Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.
Laden in Eritrea (2004)
Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.
Zigaretten-, Uhren- und Sim-Karten-Laden im Tschad (2012)
Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.
Reifen-Geschäft im Tschad (2017)
Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.
Tankstelle in Burkina Faso (2008)

Fragen statt Antworten
Als westliche Reisende dürfen wir das Leben in Afrika beobachten, aber nicht darüber urteilen. Doch die Frage bleibt: Warum bleibt so vieles gleich?

  • Liegt es an den kulturellen Traditionen und sozialen Strukturen?
  • Hindern die koloniale Vergangenheit und wirtschaftliche Abhängigkeiten die Entwicklung?
  • Spielen Korruption und autokratische Regime eine Rolle?
  • Oder hemmt die gut gemeinte Entwicklungshilfe die Eigenverantwortung?

Michael Maren schreibt in seinem Buch «The Road to Hell»: «Das Afrika, das ich heute kenne, ist in einem viel schlechteren Zustand, als ich es bei meiner Ankunft vorfand.»

Ryszard Kapuscinski stellt in «Afrikanisches Fieber» die Frage: «Ich bin mir nicht sicher, ob die afrikanischen Gesellschaften imstande sind, eine selbstkritische Haltung einzunehmen, doch davon hängt viel ab.»

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.

Moto-Taxistand im Südsudan (2022)

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.

Eis-Diele im Sudan (2015)

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.

Läden in Kenia (2015)

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.

VIP-Cafeteria im Südsudan (2022)

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.

Bar & Restaurant in Kenia (1999)

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.

Wohnbedarf im Tschad (2011)

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.

Schatten spendender Baum im Sudan (2015)

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.

Schatten spendender Baum in Kenia (2015)

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.

Markt in Angola (2017)

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.

Fliegende Händler im Tschad (2012)

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.

Wasserverkäufer in Äthiopien (2009)

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.

Brotverkäufer im Sudan (2015)

Norilsk. Die Nickelindustrie hat die Grossstadt immer noch fest in der Hand. Verschmutzung und ein Flair wie aus Sowjetzeiten sind die bleibenden Eindrücke.

Shopping in Kenia (2015)

Unser Respekt für Afrika bleibt ungebrochen
Wir lieben Afrika und sind begeistert von seiner Vielfalt. Doch das bedeutet nicht, dass wir die Probleme ignorieren oder romantisieren. Der Stillstand mag für uns Reisende faszinierend sein, doch was bedeutet er für die Menschen, die hier leben? Sich abwenden kann keine Lösung sein. Die Herausforderungen Afrikas betreffen uns alle – und sie verdienen unsere Aufmerksamkeit.

Text: Sylvia Furrer Hoffmann
Fotos: Holger Hoffmann
Titelbild: Teestube im Sudan (2015)

Weitere Eindrücke und spannende Geschichten findest du auf ihrer Website: chaostours.ch