Alle zwei Jahre verwandelt sich Paris für einige Tage von der Stadt der Mode in die Stadt der Autos. Die Mondial de l’Automobile, die älteste Automobilausstellung der Welt, ist allerdings kaum weniger vom Zeitgeist getrieben als die Pariser Modewochen. Das zeigen die auf dem Automobilsalon präsenten Mode-Themen wie Hybrid und SUV. Dank grossem, komfortablen Innenraum und hoher Sitzposition boomen die Nachkommen der klobigen Geländewagen von einst. Auch auf dem Pariser Automobil Salon jagte eine SUV-Premiere die andere. Der Trend: Allrad meist nur gegen Aufpreis, Ausflüge ins Gelände sind trotz mehr Bodenfreiheit nur bedingt empfehlenswert.
Am Anfang war der Jeep.
Zusammen mit dem Land Rover befreite er Europa, galt von da an als der Geländewagen schlechthin, sein Markenname wurde sogar zum Gattungsbegriff. Wenn heute vom Diebstahl eines Geländewagens die Rede ist, wird selten nach einem urigen Offroader gefahndet. Bei Langfingern besonders begehrt sind vielmehr BMW X5, Mercedes M-Klasse oder auch ein edler Range Rover. Die Zahl der Fans dieser hochbeinigen Mixturen aus Kombi und Geländekönner wächst von Jahr zu Jahr. Die Neuheiten-Ecken der meisten Stände auf dem Pariser Salon sind zugeparkt von grossen und kleinen Vertretern dieser Trendmobile, die längst nicht mehr eckig sind.
Die Enkel des Jeeps tragen heute die Abkürzung SUV, wobei dessen englische Aussprache „Äsjuwie“ deutsche Lippen arg strapaziert. Weshalb wohl auch künftige Käufer des neu entwickelten Suzuki Vitara im Freundeskreis immer sagen werden, dass sie einen „Suff“ fahren. Sport Utility Vehicle hin oder her, bei der Pariser Premiere des Vitara wurde weniger der Sport als die Nützlichkeit betont. 1,6 Liter-Benziner mit 78 kW/109 PS als Basis, weitere Triebwerke zur Wahl. Frontantrieb, Allrad gegen Aufpreis. Der Normal-Vitara wurde zugunsten der „Grand“-Version vor 15 Jahren aufs Altenteil geschickt und jetzt wiederbelebt.
Gut zwei Geldbeutel-Klassen höher überrascht Land Rover mit der Neuauflage seines Bestsellers Freelander, der jetzt Discovery Sport heisst. Er vollzieht den Wandel vom vernünftig-praktischen Allradler zum sportlichen Lifestyle-SUV mit Anklängen an den das Schwestermodell Evoque oder den teuren Range Rover Sport. Nur knapp 4,60 Meter lang, verwöhnt er dank 2,75 Meter Radstand die Hinterbänkler, die zudem leicht erhöht sitzen. Zwei Dieselvarianten, dazu das Spitzenmodell mit 177 kW/240 PS starkem Benziner. Sein grosses Plus: Dank bekannt ausgeklügelter Allradtechnik der Engländer fühlt sich der kleine Discovery (das bisherige Modell bleibt im Programm) auch im schwereren Gelände pudelwohl.
Erheblich günstiger ist ein weiteres Exponat, das in den Ausstellungshallen am Porte de Versailles auf die Besucher der grössten europäischen Autoschau des Jahres wartet. Voraussetzung ist allerdings, dass eine der beiden ssangyong-Studien XIV Air oder Adventure auch in Serie geht. Beide gehören mit nur 4,20 Metern zu den kleineren ihrer Art, sollen zu mehr Popularität der weitgehend unbekannten koreanischen Marke beitragen. Bereits erhältlich ist der grössere Korando (110 kW/145 PS), der mittlerweile eine geglättete, recht ansehnliche Form aufweist. Deutlich populärer sind aber immer noch die anderen beiden Marken aus dem asiatischen Land: Sowohl Hyundai als auch Kia gehören zu den erfolgreichsten Anbietern in der inzwischen so grossen Nische SUV.
Sein Debüt feiert in Paris der grosse Kia Sorento. Er ist mit 4,87 Metern gut zehn Zentimeter länger als bisher, trägt nun das neue Kia-Gesicht mit dem chromglitzernden Kühlergrill und wirkt durch das hinten abgesenkte Dach einen Hauch sportlicher. Für kleingewachsene Erwachsene, vor allem aber Kinder kann eine dritte Sitzreihe bestellt werden. Die dann aber das sonst so üppige Ladevolumen (605 Liter) zusammenschrumpfen lässt.
In der grossen SUV-Klasse, die in Europa von den drei süddeutschen Premium-Marken und dem Range Rover dominiert werden, will jetzt auch Ford mitmischen. Deshalb holen die Kölner das bekannte US-Modell Edge über den Teich. Die grossen und starken Triebwerke aus dem Heimatland wird er aber nicht mitbringen. In Europa muss er sich mit einem Zweiliter-Diesel begnügen, der in zwei Leistungsstufen zu haben sein wird. Gute Serienausstattung, auf Wunsch diverse Assistenzsysteme, natürlich Allradantrieb. Marktstart im Sommer nächsten Jahres. Volvo zeigt mit dem XC90 sein erstes neues Modell, seit die Kooperation mit Ford beendet ist. Es besticht durch sparsame Vierzylinder und einen aufgeräumtes Innenraum.
Im weitläufigen Pariser Ausstellungsgelände am anderen Ende feiert auch BMW eine Weltpremiere. Die zweite Generation des nicht ganz unumstrittenen X6 geht an den Start und ist nur für Kenner von ihrem Vorgänger zu unterscheiden. Dafür wurde die Motorenpalette renoviert und entspricht jetzt dem Angebot des Schwestermodells X5. Von dem wiederum steht eines der sparsamsten SUV auf dem BMW-Stand. Der im nächste Jahr erscheinende X5 mit Plug-In-Hybrid braucht nach Norm nur 3,8 Liter auf 100 Kilometer und kann gut 30 Kilometer rein elektrisch unterwegs sein. Seine Batterie kann auch an der Steckdose wieder aufgeladen werden. Damit gleicht er dem Porsche Cayenne S Hybrid, der demnächst ebenfalls mit Plug-In-Technik unterwegs sein wird.
Eine Überraschung der ganz anderen Art lieferte Fiat. Der mittlerweile italienisch-amerikanische Konzern zeigt eine weitere Version der letzten verbliebenen erfolgreichen Modellreihe. Der Fiat 500 X teilt sich viele seiner Gene mit dem Jeep Renegade, ist auf 4,25 Meter Länge gewachsen, 1,61 Meter hoch und verfügt über mehr Bodenfreiheit. Auf Wunsch gibt es auch eine Allradversion. Drei Benziner und drei Diesel stehen zur Wahl. Der Hoffnungsträger ist bereits ein Serienmodell (ab Frühjahr 2015). Ganz im Gegensatz zum Toyota C-HR Concept. Das martialisch anmutende Gefährt im Buggy-Stil wurde wohl eher für die Objektive der zahllosen Fotografen gebaut. Dagegen wirkt der ebenfalls als Studie bezeichnete Honda HR-V fast schon bodenständig.